So ein "Fernsehgarten" ist eigentlich eine recht simple Angelegenheit: ein bisschen Musik, ein paar Plaudereien, dazu noch ein, zwei launige Programmpunkte – fertig ist die Sonntagmittag-gute-Laune-Unterhaltung. Doch in der jüngsten "Fernsehgarten"-Ausgabe wollte Moderatorin Andrea Kiewel noch ein bisschen mehr: einen Skandal.

Christian Vock
Eine Kritik
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Es beginnt am Sonntagmittag vollkommen harmlos. Der Off-Sprecher begrüßt Moderatorin Andrea Kiewel mit einem "die Frau, die niemals langsam tanzt" und als ebendiese Frau dann ganz in Weiß auf die Bühne kommt, hat auch sie nur warme Worte zur Begrüßung, diesmal für das Publikum. "Mit diesem Publikum hab' ich schon wieder Geburtstag", freut sich Kiewel und glaubt, "die besten Partygäste, die man sich wünschen kann" zu haben.

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So weit, so normal und weil auch das zum "Fernsehgarten" gehört, verrät Kiewel allen auch gleich das Motto des Tages: "Sommerparty". Das ist im Sommer nun nicht gerade originell, aber Kiewel und ihre Redaktion gönnen sich diesmal noch ein Motto im Motto: weiß. In der Praxis bedeutet das, dass die Zuschauer mehrheitlich in Weiß gekleidet sind, ebenso die Gäste – zumindest die meisten – und auch bei den restlichen Programmpunkten spielt Weiß eine Rolle.

Andrea Kiewel: "Jede Party braucht etwas Skandalhaftes"

Damit wäre eigentlich alles beisammen für eine vergnügliche "Fernsehgarten"-Sommerparty, aber Andrea Kiewel will noch mehr. "Jede Party, finde ich, braucht etwas Skandalhaftes", glaubt die Moderatorin und meint damit etwas, über das alle Gäste am nächsten Tag noch reden. Das könne etwa ein "zu tiefes Dekolleté eines weiblichen Gastes" sein - oder eben das, was man sich in der Redaktion für diese Show ausgedacht habe: "Wir spielen. Und zwar mit Eiern. Mit rohen Eiern", deutet Kiewel ihren Skandal an, der irgendetwas mit Tennis zu tun haben wird. Ob sie das Ganze mit dem Skandal ernst gemeint hat, wird allerdings nicht ganz klar.

Aber, wat mutt, dat mutt, kann man sich da denken, und Andrea Kiewel kennt sich ja mit Skandalen aus – persönlich und in ihrer Show. Man denke nur an die Schleichwerbung-Vorwürfe oder an den Gaga-Auftritt von Luke Mockridge 2019. Natürlich meint Kiewel nicht diese Art von Skandal, ein bisschen weniger skandalös soll es schon sein: ein Techtelmechtel von zwei Gästen, die definitiv nicht zusammengehören, einer, der eine falsche Hose anhat oder jemand, der etwas Missverständliches sagt, erklärt Kiewel später noch.

Nun gut, einen Skandal glaubt Kiewel mit ihrer Eier-Tennis-Nummer schon eingetütet zu haben, aber dann gucken wir doch einmal, ob sonst noch irgendetwas Skandalöses im "Fernsehgarten" dabei ist, am Sonntagmittag. Doch der beginnt mit einer Skandal-Enttäuschung. Die DJane der Show definiert ihre Lieblingssommerpartymusik nämlich maximal skandalfrei: "Ich finde alles gut, was gute Laune macht." Trotzdem glaubt Andrea Kiewel da noch: "Das wird ne abgefahrene Party."

Jochen Schropp hat "die Nachricht nicht gelesen"

Immerhin hat ein Gast kurz darauf etwas vorbereitet, das in Richtung Skandal im Kiewelschen Sinn geht: Für den obligatorischen Koch-Part der Show hat Kiewel Nelson Müller als Koch und die Promis Marijke Amado, Ralph Morgenstern, Jochen Schropp und Mathias Mester eingeladen. Die sind auch gekommen, nur eben nicht alle mottotreu in Weiß. "Zum ersten Mal im Fernsehgarten und sich schon gleich nicht an die Kleiderordnung gehalten", wendet sich Kiewel an Jochen Schropp der im blau-weiß-gemusterten Hemd und in sandfarbener Hose erschienen ist. Schropps Entschuldigung: "Ich hab die Nachricht nicht erhalten."

Das war es dann aber auch schon an Skandalträchtigem. Die Promi-"Köche" versuchen sich an Gerichten mit möglichst weißen Zutaten, es gibt eine kleine Modenschau mit weißen Klamotten, der Barmixer mixt Cocktails und ein Tanzpaar tanzt. Dass der DSDS-Gewinner von 2015, Severino, aus "Purple Rain" von Prince eine "sommerliche Version" gemacht hat, könnte man zwar als musikalischen Skandal werten, man kann es aber auch einfach mal mit dem Stichwort "Geschmackssache" unter den Tisch fallen lassen.

Auch der Umstand, dass Sängerin Loona bei ihrem Auftritt der Übergang vom Gesprochenen zum Playback-Gesungenen nicht recht gelingt, ist 2023 längst kein Skandal mehr. Schließlich weiß jeder, dass der "ZDF-Fernsehgarten" in der Regel eine große Playback-Veranstaltung ist. Nein, in puncto Skandal ist die jüngste Ausgabe des "Fernsehgarten" unauffällig, umso gespannter ist man also, als Kiewel endlich ihren vorbereiteten Skandal ankündigt: "Der Moment, über den alle am nächsten Tag reden werden."

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Der kürzeste Nicht-Skandal der TV-Geschichte

Dieser Moment fängt allerdings wenig skandalös an. Kiewel hat sich einen Tennisspieler und eine Tennisspielerin eingeladen, mit denen sie erstmal über Lieblingsspieler und die mentale Komponente beim Tennis plaudert. Dann lässt Kiewel endlich die Eier aus dem Karton: "Das, was jetzt kommt, ist der Partyskandal – inszeniert und mit Absicht", behauptet Kiewel und die Tennisspielerin erklärt ihn: "Wir spielen mit einem Ei Tennis."

Das machen die beiden dann auch und "damit es ein Skandal wird: würden wir uns freuen, wenn ihr zehn Ballwechsel in einer Minute schafft", erklärt Kiewel die einzige Regel. So passiert es dann auch, doch nach knapp zwanzig Sekunden ist "der Skandal" auch schon vorbei, denn die beiden bekommen es bereits beim ersten Versuch hin. Der wohl kürzeste "Skandal" der TV-Geschichte, über den nie wieder gesprochen werden wird.

"Das wird 'ne abgefahrene Party", hatte Kiewel versprochen und nach zwei Stunden kann man sagen: Nein, das wurde es nicht. Es war eine Party, so sehr Party eben im Fernsehen funktioniert und jeder, der auf diese Art von TV-Unterhaltung steht, wird seinen Spaß gehabt haben. Aber man muss es auch nicht höher hängen, als es war. Die Wahrscheinlichkeit, dass am nächsten Tag noch allzu viele Menschen, die an den Bildschirmen saßen, darüber sprechen, wird eher gering sein. Es war einfach eine ganz normale Ausgabe des "Fernsehgarten" und mehr muss es doch manchmal auch gar nicht sein.

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