Seit gestern Abend hat nun auch ProSieben eine Wissensunterhaltungsabendshow. Getreu dem unbeholfenen Titel "Noch Fragen? Die Antwortshow" spielten eine Handvoll Promis Physiklehrer. Eine Antwort blieb die Show dabei allerdings schuldig.

Christian Vock
Eine Kritik
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Woran erkennt man, dass gerade Sommerloch ist? In der Politik merkt man das zum Beispiel daran, dass irgendjemand aus der Jungen Union wieder einmal eine Sondersteuer für Kinderlose oder ähnlichen Unfug vorschlägt.

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Im Fernsehen erkennt man das Sommerloch hingegen daran, dass man es dort ein bisschen lockerer angehen lässt.

Da nimmt man einfach irgendein Format, das andernorts gerade ganz gut funktioniert, schüttet es mit ein paar Promis auf, zieht das Ganze so lange wie es der Anstand gerade so zulässt und den Rest richtet dann schon der liebe Gott.

"Noch Fragen? Die Antwortshow": Willkommen im Sommerloch

Nun muss man fair bleiben, aber die neue Wissensshow "Noch Fragen? Die Antwortshow", die gestern Abend bei ProSieben lief, kommt schon ziemlich nah an eine typische Sommerloch-TV-Show heran.

Die Unmotiviertheit, die den meisten Sommerloch-Shows zugrunde liegt, fängt schon beim Namen an - man kann nur erahnen, wie dröge die Redaktionskonferenz gewesen sein muss, in der man den Titel brainstormte, aber alle eigentlich schon nach Hause wollten.

Warum muss man beim Trinken von Alkohol so oft auf die Toilette?

Wen man Alkohol trinkt, muss man häufiger auf die Toilette als beim Trinken von anderen Getränken. Elena Carrière erklärt, warum das so ist. © ProSiebenSat.1

Auch beim Format dürften nicht unbedingt die kreativsten Köpfe zusammengesessen haben, was insofern in Ordnung ist, da man erstens nicht jeden Tag das Fernsehen neu erfinden kann und zweitens auch nicht muss – so lange es trotzdem unterhaltsam bleibt.

"Du siehst phantastisch aus, aber warum Physik?"

Dass das gestern Abend aber leider nicht so war, hatte gleich mehrere Gründe: Der erste hieß Aiman Abdallah und sollte die Show moderieren, was er in kaum wahrnehmbarer Form auch tat.

Der einzige Augenblick, in dem man ihn einmal bemerkte, war gleich am Anfang, als er der Physikerin, die offiziell die Experimente erklären sollte, den wahren Grund ihrer Anwesenheit verriet: "Dr. Angela Halfar. Sie ist die attraktivste Physikerin Deutschlands."

Als wäre das nicht schon einen Fünfer für das Sexismus-Schweinchen wert, schiebt Abdallah gleich die Frage nach ihrer Studienwahl hinterher: "Du siehst phantastisch aus, aber warum Physik?"

Ja, was hätte sie denn sonst machen sollen, Herr Abdallah? Bei "Germany's next Topmodel" mitmachen, wie jedes anständige Mädchen auch, das etwas aus seinem Leben machen will?

Bei so einem Start ist man dann schon froh, wenn die anwesenden Promis um Esther Schweins, Jana Pallaske, Tim Bendzko oder dem unvermeidlichen Antoine Monot jr. bei der ersten Frage (Warum bekommen Männer morgens eine Erektion?) nicht komplett in pubertäres Gekicher verfallen.

Andererseits ist so schon einmal Platz für eine Niveau-Steigerung geschaffen, die dann zum Glück auch kommt.

Thomas Heinze als Physik-Lehrer?

Dass aber selbst das die Sendung nicht wesentlich unterhaltsamer macht, liegt vor allem an dem bräsigen Konzept. Reihum darf sich jeder Promi einem Themengebiet widmen, das er zuvor für die anderen vorbereitet hat.

Dafür wirft er eine Frage in die Runde, deren Antwort er dann nach ein paar Minuten zäher Raterei oberlehrerhaft verkünden darf.

Hier hat man sich keinen Gefallen getan, diesen Part den Promis zu überlassen, denn bei jeder Erklärung, die über den auswendig gelernten Wikipedia-Eintrag hinaus geht, muss Dr. "Angie" Halfar korrigierend eingreifen.

Schauspieler Thomas Heinze oder Model Elena Carrière als Physik-Lehrer hat eben irgendwie etwas Unauthentisches.

Dabei lebt eine solche Wissensshow ja von den Fragen und hier versprach Moderator Aiman Abdallah zu Beginn Großes: "Wir haben Fragen, die Sie sich schon mal gestellt haben und Fragen, die Sie sich noch nie gestellt haben." Was ja dann so ziemlich alle Fragen wären, die man so stellen kann.

Noch Fragen? Geht so

Die Fragen, die gestern Abend dann gestellt wurden, waren aber tatsächlich relativ alltagsnah. Schließlich hängt es ja auch immer von der persönlichen Lebenssituation ab, welche Fragen man sich gerade so stellt: Warum gibt es die FDP? Wieso bedienen Ärzte den Handdesinfektionsmittelspender nur mit dem Ellbogen? Warum kotzt meine Katze immer auf den einzigen Teppich und nicht auf die restlichen 80 Quadratmeter mit den Fliesen?

Statt dieser Fragen hat man sich für alles entschieden, was so oder so ähnlich auch bei der "Sendung mit der Maus" bereits erklärt worden sein dürfte: Warum ist eine Computertastatur nicht alphabetisch angeordnet? Warum sind Gummideckel rund? Warum klebt Kleber nicht in der Tube fest?

Das war in den besten Fällen einigermaßen unterhaltsam und informativ, über sehr weite Strecken aber auch erschreckend uninspiriert.

Und auf eine Frage gab es gestern Abend sogar überhaupt keine Antwort: Warum macht man eine Unterhaltungsshow, wenn man offenbar gar nicht so richtig Lust darauf hat?

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