"Sensationell! Wahnsinn! Ein Traum!": Nein, das sind nicht die Kritiken zur ersten "Wetten, dass..?"-Ausgabe nach der Sommerpause. Es sind die Superlative, mit denen Markus Lanz in der Show so großzügig um sich warf, als könnte er damit die Krise der letzten Monate einfach so wegjubeln. Hat leider nicht geklappt.
Es gab da eine Szene, zu deren Symbolik man den "Wetten, dass..?"-Machern nur gratulieren kann: In der Außenwette wollten fünf tapfere Südtiroler schwimmenderweise ein mehr als 20 Tonnen schweres Schiff 50 Meter durch den Kalterer See ziehen. Sie scheiterten kurz vor dem Ziel, obwohl sie um ihr Leben paddelten. Genauso erging es gestern dem tapferen Südtiroler
Dabei war nicht alles schlecht. Einige der bereits im Vorfeld angekündigten Änderungen griffen: Die Lanz-Challenge vermisste nun wirklich keiner, die Wetten waren "spektakulär" - um mit Lanz'schem Superlativismus zu sprechen - und standen wieder mehr im Mittelpunkt und auch die Gäste erinnerten an den Glanz alter Tage. Das Publikum war zudem feierwillig und bedachte den vielgescholtenen Moderator zu Beginn mit derart viel Applaus und Jubel, dass man fürchten musste, das ZDF hat nicht nur neue Gagschreiber engagiert, sondern auch gleich noch die Publikumsanheizer von DSDS, "Supertalent" oder einer ähnlich krawalligen Show abgeworben.
"Ich weiß, warum Sie's tun", so ein sichtlich freudiger Lanz, der sogleich aber reuig die große Beichte hinterherschickte: Man habe sich spätpubertär verhalten und damit die Liebesbeziehung der Zuschauer zu "Wetten, dass..?" aufs Spiel gesetzt. Man muss es ihm hoch anrechnen, dass er sich die Kritik der letzten Monate nicht nur offenbar zu Herzen genommen hat, sondern sie auch offen ansprach und teilweise überraschend selbstironisch damit umging. Leider ist aber immer noch viel Luft auf der nach oben offenen "Wie moderiere ich locker eine Samstagabendshow"-Skala.
"Wetten, dass..?" und die Zuschauer: Wer bringt hier wen um?
Dass man "Wetten, dass..?" und dessen Zuschauer mit einer Ehe vergleicht, in der es auch mal kracht, mag ja vielleicht noch angehen und passt auch irgendwie zu einer Beziehung, die mittlerweile drei Jahrzehnte umfasst. Dass die Entschuldigung aber mit dem unfassbar abgegriffenen Spruch "Schatz, ich habe nie an Scheidung gedacht - aber öfter mal an Mord" endete, war nicht nur wegen der tödlichen Metapher verstörend und schief, sondern gab auch leider den Ton der Sendung vor.
Wie immer stellte sich Lanz in den Starinterviews nicht sonderlich geschickt an.
Wie viele Superlative bringt man in drei Stunden unter?
"Du hättest mir einen Zettel geben sollen, auf dem ich ankreuzen kann: Ja/Nein/Vielleicht", sagte Lanz dann auch noch zu Helene Fischer, als sich die beiden köstlich über eine Klatschpostille amüsierten, die sie beide in amourösen Zusammenhang gebracht hatte. Da musste man sich schon fragen, ob es tatsächlich die Aufgabe der angeblichen neuen Gagschreiber ist, ihm Sprüche auf diesem Niveau unterzujubeln. Oder ob sie ihren Dienst erst in der nächsten Sendung antreten.
Vielleicht sollte man aber auch gar nicht erst anfangen, Lanz zu einem Witzbold zu machen. Wenn man ihm die Superlative austreiben könnte, wäre auch schon eine Menge geholfen. Klar, Harrison Ford als Gast zu haben, ist prima. Sylvester Stallone trifft man auch nicht alle Tage. Und Helene Fischer ist schnuckelig, da kann man schon mal in Ekstase geraten. Aber muss man deswegen im Minutentakt und wiederholt "der Wahnsinn", "sensationell" und "ein Traum" sagen? Egal, was gerade so passiert. An dieser Stelle bietet sich tatsächlich ein Bullshit-Bingo für die nächste Sendung an: Wer zuerst fünf Superlative ankreuzt, darf umschalten.
Klitschko schlägt Lanz
Für diese Option entschieden sich am Samstagabend schon vor der Show zahlreiche Zuschauer: Gerade einmal 6,85 Millionen wollten sehen, ob Markus Lanz und "Wetten, dass..?" doch noch die Kurve kriegen. Dumm auch, dass parallel der Klitschko-Kampf auf RTL lief: Für den interessierten sich 11,02 Millionen - ein Wert, der für "Wetten, dass..?" auch einmal gar nicht mal so unerreichbar schien.
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