In der 50. Folge von "Undercover Boss" am Montag schmuggelte sich E.ON-Geschäftsführerin Tanja Larisch unter ihre Mitarbeiter. Sie fand dort natürlich wieder nur "Herzensmenschen".

Eine Kritik
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Hach, wie schön muss es sein, in einem deutschen Unternehmen zu arbeiten? Zumindest vermittelt uns RTL seit nunmehr zehn Jahren diesen Eindruck.

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Stets zufriedene Mitarbeiter, menschelnde Chefs

"Undercover Boss" heißt das Format, in dem vorbildliche, stets zufriedene Mitarbeiter auf stark menschelnde Chefs in Verkleidung treffen, die sich zwischen all den Meetings mal wieder richtig die Hände schmutzig machen wollen. Man will ja nicht den Kontakt zum einfachen Angestellten verlieren! Wobei RTL mit helfender Hand einspringt.

Eine Win-win-Situation für alle Beteiligten: Der Sender bekommt die üblichen hochemotionalen Bilder, das Unternehmen den wahrscheinlich längsten und günstigsten Dauerwerbeblock der Welt.

In Folge 50 von "Undercover Boss" moderiert diese zweistündige PR-Veranstaltung Tanja Larisch, Geschäftsführerin für Vertrieb und Kundenservice bei E.ON, dem Stromkonzern, der mit seinen Subunternehmen 75 Prozent des deutschen Marktes hält. Dass sie ihren Job beherrscht, beweist sie, indem sie die Sendung mit der üblichen Selbstvermarktungs-Duselei aller Management-Etagen beginnt.

Die Energiewende sei ihr wichtig, sie habe schließlich Kinder und überhaupt, "ich finde, wir haben da eine Verantwortung". Was wohl die Erklärung für ihren 100.000-Euro-Tesla sein soll, aus dem sie vor dem Firmengebäude steigt. Und was besser klingt, als dass E.ON vor mehr als zehn Jahren die Energiewende verschlief, von Fukushima vollkommen unvorbereitet getroffen wurde und im Anschluss daran Tausenden Mitarbeitern kündigte.

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"Undercover Boss": Wie immer vollkommen unkritisch

Von denen sind natürlich in "Undercover Boss" keine vertreten. Das handverlesene Personal ist wie immer vollkommen unkritisch. Im Laufe der zwei Stunden schnuppert E.ON-Chefin Larisch in die Jobs der verschiedenen Subunternehmen des Konzerns hinein und stellt sich dabei möglichst ungeschickt an. Bei Photovoltaik-Installateur Nikolaus verwechselt sie Kabel, stöhnt beim Schleppen schwerer Kisten und wimmert beim Besteigen des Daches.

Im Service-Center mit Kristin vertippt sie sich auf dem Computer, bei Lkw-Fahrer Ingo scheitert sie beim Starten des Motors des Krans. Sie verheddert sich beim Aufbauen der E.ON-Wimpel von Luisa und kämpft in Jans Service-Center mit dem Kabel ihres Headsets. Selbst der Kunde am Telefon ist nur ein kleines bisschen genervt. Schwer vorstellbar, wenn man an die Vorhölle deutscher Service-Hotlines denkt. Aber das ist hier schließlich keine "Spiegel"-Reportage, sondern eine familienfreundliche Fernsehwerbung, Pardon, Fernsehsendung.

Weswegen es als Letztes auf Pellworm in Nordfriesland geht, E.ONs Modellinsel für grünen Strom. Solaranlagen, so weit das Auge reicht, dazwischen ein paar Schafe. 95 Prozent des Eigenbedarfs decke die Sonnenenergie, erklärt Werner, seit 40 Jahren Anlagenelektroniker auf der Insel. Was auch daran liegen dürfte, dass dort nur 1.100 Menschen leben. Der E.ON-Geschäftsführerin Tanja Larisch geht das trotzdem "ans Herz", sie gesteht: "Man ist schon ein anderer, wenn man hier rausgeht."

Das Unternehmen der "Herzensmenschen"

Der letzte Akt in dieser kleinen heilen Stromgiganten-Welt ist die große Enttarnung im Firmenhauptsitz, den die meisten Mitarbeiter sonst nie zu sehen bekommen und der sie deswegen schon in latenter Panik erstarren lässt.

Das Prozedere ist immer dasselbe: Tanja Larisch kommt herein, schaut grimmig, stellt ein paar leidlich fiese Suggestivfragen und gibt sich zu erkennen.

Wobei man sich unweigerlich fragt, warum sie sich überhaupt verkleidet hat - es weiß sowieso keiner ihrer Angestellten, wie sie aussieht. Nichtsdestotrotz zittern und schwitzen die Anwesenden, bis sie endlich ihr Geschenk von der Chefin bekommen. Formel-1-Fan Jan darf zu einem Grand Prix, Luisas Zimmer wird neu eingerichtet, Niko freut sich über eine Solaranlage, Kristin geht auf einen Städtetrip, Ingo darf zum Truck-Rennen in Le Mans und Werner kann in Zukunft E-Bike fahren, weswegen er noch ein paar Tränen verdrückt, es ist schließlich RTL.

Und weil das alles nicht bereits rührselig genug ist, verteilt Larisch noch Beförderungen und Trainingsprogramme, duzt die Mitarbeiter und spricht von den vielen "Herzensmenschen", die es bei E.ON gibt. Die rosarote Welt eines Dax-Konzerns. Alles andere würde in dieser heilen Fernsehwelt aber auch nur stören.


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