Die neue ORF-Serie "The Team" erzählt von der Suche nach einem Serienkiller quer durch Europa. Der Vierteiler wurde aufwendig produziert und ist mit Lars Mikkelsen, Jasmin Gerat und Nicholas Ofczarek hochkarätig besetzt – aber gibt auch die Geschichte genug her?
Ganz schön viel Aufwand, den der ORF hier zusammen mit zahlreichen anderen Fernsehanstalten betreibt: Der Krimi-Vierteiler "The Team" brachte es mit fünf Jahren Vorbereitungszeit auf ein Gesamtbudget von 10 Millionen Euro und wurde von Österreich zusammen mit Deutschland, Belgien, Dänemark und der Schweiz gestemmt. Mehr Europa gibt es sonst nur, wenn im Wettbewerb gesungen wird.
So ist auch die Geschichte von "The Team" quasi eine gesamteuropäische Angelegenheit: In Antwerpen, Berlin und Kopenhagen werden ermordete Prostituierte aufgefunden, die alle nach demselben Muster getötet wurden – ein Schuss ins linke Auge, ein Finger der Hand abgetrennt. Ein internationales JIT ("Joint Investigation Team") wird aus Ermittlern der drei Länder zusammengestellt, um sich auf die Serienkillerjagd zu begeben – und die führt bald in ein Netz aus Menschenhandel, Korruption und mafiösen Strukturen.
Ein stressfreier Job ohne Ansprüche
Statt Adrenalin zu produzieren, regt "The Team" aber eher an, sich selber einen Job als Europol-Ermittler zu suchen – die scheinen nämlich eine sehr ruhige Kugel schieben zu können. Manchmal muss man halt an einem Tatort herumstehen und darf sich von Kollegen Zusammenhänge erklären lassen, aber Stress scheint auf der Mördersuche nie zu herrschen. Dafür reicht die Bezahlung offenkundig für üppige Apartments und ausgiebigen Urlaub in den Bergen. Man reist gemächlich um die Welt, und wenn man mal in einem dunklen Raum mit den Kollegen eine Videokonferenz abhalten muss, kann man sich ansehen, wie sexy die Assistenten der jeweils anderen Teams sind.
Besondere Qualifikationen als Ermittler braucht so ein JIT-Mitglied offenbar nicht zu haben. Da findet unser Spezialteam einen frisch angebrachten Karabinerhaken an der Steilwand über einer Hütte, die am Vortag von bewaffneten Männern gestürmt wurde. "Glaubst du, dass die Männer auf die Art zu der Hütte runter sind?", fragt die deutsche Ermittlerin. "Ja, schon möglich. Es wäre ein wirkungsvoller Überraschungsangriff", antwortet der dänische Kollege. "Das wär's wirklich", bestätigt ein Salzburger Polizist. "Ah ja, allerdings", grübelt die Deutsche. "Mhmh", resümiert der Österreicher. Nach so viel kriminalistischer Anstrengung rechnet man fest damit, dass sich gleich noch jeder ein Valium zur Beruhigung einwirft.
Auch sonst waren unsere Spezialisten offenbar nicht die Klassenbesten bei der Ausbildung. Als an anderer Stelle ein Telefonsignal geortet wird, das das Team zu zwei vermeintlichen Entführern bringen kann, fahren die Ermittler mit Blaulicht und Sirene zu dem betreffenden Haus – und ärgern sich dann, dass die Täter gerade geflohen sind. Kein Wunder, dass bei solch brillanter Polizeiarbeit die Lösung des Falls vier Folgen in Spielfilmlänge dauern wird.
Biedere Story hinter Hochglanz-Look
"The Team" wäre gerne großes Thriller-Fernsehen im Stil der amerikanischen Vorbilder: Ermittler Harald Bjørn wird am Anfang telefonisch aus dem Urlaub zum Einsatz gerufen wie einst Tom Cruise in "Mission: Impossible 2" – nur dass er nicht aufsehenerregend an Steilwänden herumklettert, sondern regungslos im Schnee herumsteht. Es gibt eine Kommandozentrale im Stil von "24", wo eine hübsche Computerexpertin vor irrsinnig großen Monitoren herumsitzt und hilfreich Fotos auf den Monitor schiebt, damit wir wissen, von wem gerade die Rede ist. Und die Musik dazu wandert vom "24"-Elektropuls immer wieder in düstere Ambient-Sphären, als würde man in die abgründige Welt von David Finchers "Verblendung" eintauchen.
Bei allem modernen Möchtegern-Chic stapft das Skript aber gemächlicher als eine unterdurchschnittliche Folge von "Derrick" voran. Permanent sind die Ermittler damit beschäftigt, ihre Funde hölzern zu debattieren, bis auch der kleinste Zusammenhang mehrfach ausbuchstabiert ist. Manchmal werden Szenen gezeigt, die uns als Zuschauer mehr Informationen über den Kriminalfall geben – was nur den Effekt hat, dass man ungeduldig mit den gar so langsamen Ermittlern wird. Es hilft freilich auch nicht, dass die biedere Geschichte mit vier Teilen auf knapp acht Stunden aufgebläht wird.
Ein müdes Euro-Groschenheft
Selbst der eigentlich reizvolle internationale Handlungsspielraum entpuppt sich als Augenwischerei: Das Grenz- und Kulturüberschreitende wird nie ausgelotet, die Schauplätze bleiben nur oberflächliche Kulisse. Wie gehaltlos die Spielorte letztlich sind, merkt man schon an der mehrfach wiederholten Ortseinblendung "Alpen, Österreich" – damit man wohl die verschneiten Berge nicht etwa in Berlin wähnt!
Kurzum: Die ersten zwei Stunden von "The Team" enttäuschen auf ganzer Linie und zeigen einmal mehr, dass der größte Aufwand keine angestaubte Erzählung retten kann. Man könnte es als müdes Groschenheft bezeichnen – nur dass die gerne kurz und knackig erzählt sind. Vielleicht wird die Angelegenheit ja in der zweiten Folge spannender und intelligenter, wenn die Geschichte auf politischer Ebene komplexer zu werden verspricht. Das erfahren wir am 11. März um 20.15 Uhr im ORF1 – oder online bei Flimmit und in der ZDF-Mediathek , wo die komplette Serie jetzt schon als Stream angesehen werden kann.
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