Geschlagene elf Staffeln lang beglückt uns ATV schon mit dem Format "Teenager werden Mütter", pünktlich zum Jahresbeginn droht der zwölfte Durchgang. Zur Einstimmung wird in einer Spezialsendung ein "Best of" der bisherigen Folgen präsentiert. Oder ein "Worst of", so genau kann man das nie sagen.

Eine Kritik
Diese Kritik stellt die Sicht von Christian Genzel dar. Informieren Sie sich, wie unsere Redaktion mit Meinungen in Texten umgeht.

Die Musik zerrt an den Gefühlen, die Kamera geht ganz nah an die Tränen heran, die Zeitlupe streckt das Drama: Herzlich willkommen in der Welt des Reality-Fernsehens. Ob Bauern, Models, Teenager oder Richard Lugner – Wirklichkeit wird in diesen Shows nicht eingefangen, sondern inszeniert.

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So auch bei "Teenager werden Mütter", der logischen Fortsetzung der ATV-Fortgehsause "Saturday Night Fever". Schon beim Titel weiß man gleich, woran man ist: Mädchen, die viel zu jung dafür sind, kriegen Nachwuchs, die Jungs stehen dazu dumm im Bild herum, und der Sender freut sich über den ganzen Zank, den die Jugendlichen da veranstalten.

Elf Staffeln geht das nun schon so, und einige der Protagonisten sind solche Wiederholungstäter, dass sie sogar schon eigene Fans haben. Der 18-jährige Marcell zum Beispiel, der bereits in der neunten Staffel herumgeisterte und auch in der kommenden zwölften Staffel mit neuer Partnerin und viertem Kind am Start ist. Leider rückt nie das Jugendamt heran, sondern immer nur das ATV-Kamerateam.

Echte Traumprinzen

Bevor aber die nächsten Kinder wieder selber welche kriegen, blickt der Sender in einer Spezialfolge auf die schönsten Momente der vergangenen Jahre zurück – oder auf die schlimmsten, das ist in diesem Falle eher schwer zu unterscheiden.

Aufgezogen ist das Vergnügen höchst dokumentarisch: Eine Sprecherin führt uns durch die verschiedenen Stationen des Kinderkriegens, die von den bisherigen Teenagereltern exemplarisch belegt werden.

Erwartungsgemäß sind vor allem die Burschen absolute Montagserzeugnisse aus der Traumprinzenfabrik. Patrick zum Beispiel hat klare Ansprüche an seine Freundin Elli: Sie soll putzen und für ihn kochen, und nach einem ausgedehnten Trip muss er bei der Heimkehr feststellen, dass beides nicht nach seiner Zufriedenheit läuft – der Kühlschrank ist nämlich leer.

Ihre Verteidigung, dass sie ja nicht einmal wusste, wann er zurückkommt, prallt an ihm ab: Sie hätte ihn ja anrufen können. So rafft er also all seine pädagogischen Kenntnisse zusammen und bringt der Heimsklavin langsam bei, wie es zu laufen hat: "Was ist das erste, was du tust, wenn ich nach Hause komme, hm?"

Ein anderer Patrick ist ein ähnlich guter Fang: Er streift am liebsten durch die Discos und geht auf "Muschijagd", wie er in einem poetischen Anflug sagt. Überhaupt bezeichnet er die Mädels gerne als "Muschis" – wenn er nicht gerade wegen Körperverletzung im Gefängnis sitzt.

Da haben wir was dazugelernt!

So lernen wir in dieser ungemein erhellenden Sozialstudie einiges dazu: zum Beispiel, warum es bei den Kids mit der Verhütung nicht klappt ("Kondome sind mir einfach viel zu klein!"). Oder auch, dass so manche große Liebe zwischen 15-Jährigen schnell wieder vorbei sein kann. Außer natürlich, wenn so ein wundervoller Patrick involviert ist.

Es wird viel geweint bei "Teenager werden Mütter", und auch viel geschrien. Ganz genauso eben wie in all den anderen Reality-Shows mit den Bauern und mit den Models. Schlimmer könnte die Show eigentlich nur noch werden, wenn Richard Lugner vorbeischauen würde.

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