Erst im September 2022 hat das Investigativ-Team um Günter Wallraff Burger-King-Filialen unter die Lupe genommen. Die Zustände waren verheerend: Vegane Produkte schmorten im Fleischsaft, Mäuse rannten durch die Küche und abgelaufene Produkte wurden einfach neu etikettiert. Der Ekel-Skandal ist kaum verdaut, da stattet das „Team Wallraff“ der Burger-Kette einen erneuten Besuch ab. Hat Burger King seit der letzten Sendung dazu gelernt? Leider nein.

Eine Kritik
Diese Kritik stellt die Sicht von Julia Wolfer dar. Informieren Sie sich, wie unsere Redaktion mit Meinungen in Texten umgeht.

Günter Wallraff und Burger King haben eine lange gemeinsame Geschichte. Seit zehn Jahren recherchiert der Investigativ-Reporter mit seinem Team zu den Missständen in der Fast-Food-Kette. Zuletzt dokumentierte das "Team Wallraff" im Herbst 2022 verheerende Zustände in vier Filialen. Burger King sprach damals von Einzelfällen, versprach eine systematische Überprüfung aller deutschen Filialen und gelobte Besserung.

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Lektion gelernt, sollte man annehmen - doch die Bedingungen sind heute offenbar nicht besser als damals. Das zeigt die jüngste Episode von "Team Wallraff – Jetzt erst recht!", die am Donnerstagabend auf RTL ausgestrahlt wurde. Demnach werden auch heute noch abgelaufene Lebensmittel mit neuen Haltezeiten "haltbarer" gemacht, vegane Burger-Patties mit Fleisch vermischt und Hygienestandards missachtet. Hinzu kommen massive Verstöße gegen das Arbeitsrecht.

Abgelaufene Lebensmittel mit neuen Etiketten "haltbarer" gemacht

Im Fokus steht diesmal unter anderem eine Berliner Burger-King-Filiale der Schloss Burger GmbH, einem der größten Franchisenehmer in Deutschland. Gleich am ersten Arbeitstag findet Undercover-Reporter Alex dort chaotische Verhältnisse vor. Der Umkleidebereich der Filiale ist dreckig, millimeterdicke Staubschichten bedecken die Regale, der Boden ist voller undefinierbarer Flecken – und in der Küche sieht es kaum besser aus.

Das systematische Umetikettieren von abgelaufenen Lebensmitteln wurde schon beim letzten Besuch von "Team Wallraff" angeprangert und geht hier offenbar munter weiter. So sind die abgelaufenen Champignons plötzlich 40 Minuten länger haltbar. Unverkaufte Burger werden wieder ausgepackt, teilweise neu belegt und die alte Soße einfach abgekratzt. So gelangen die neuen alten Burger zurück in den Verkauf. Konfrontiert mit diesen Beobachtungen beteuert die Schloss Burger GmbH in einer Stellungnahme: "Eine Umetikettierung, Umverpackung oder eine Haltezeitverlängerung verstößt ganz klar gegen die Standards und ist nicht tolerierbar." Bei Überschreiten der Haltezeiten müssten die Lebensmittel ordnungsgemäß entsorgt werden.

Auch bei der Lagerung der Lebensmittel finden die Reporter eklatante Verstöße gegen die Lebensmittelsicherheit vor. So dokumentiert der Reporter, wie die Tür des Kühlhauses ständig offensteht. Statt den gesetzlich vorgeschriebenen minus 18 Grad Celsius herrschen Temperaturen von bis zu 11 Grad plus. Bei derart milden Temperaturen können sich Bakterien schnell vermehren – was gesundheitliche Folgen für die Kunden haben kann.

Keine Sicherheit für Veganer und Vegetarier

Gesundheitlich vielleicht unbedenklich, aber aus Sicht eines Veganers oder Vegetariers dennoch ein absolutes No-Go ist die Praxis, vegane Produkte wild mit Fleisch durcheinander zu werfen. Nachdem genau das schon im Herbst für Schlagzeilen gesorgt und Burger King sogar das V-Label entzogen wurde, führte der Fast-Food-Riese ein Farb-System ein: Grün markierte Behälter und Fritteusen-Einsätze sind veganen Produkten vorbehalten.

Geholfen hat das augenscheinlich wenig: Hier schmoren plant-based Patties weiter fröhlich zusammen mit Hack im Fleischsaft, egal, welche Farbe der Behälter hat. Obwohl der als Mitarbeiter getarnte Reporter die Schichtleiterin darauf aufmerksam macht, werden die Patties später als vegan verkauft. Auch aus Sicht der Schloss Burger GmbH ist diese Praxis "nicht zu tolerieren". Es gebe klare Vorgaben für den Umgang mit plant-based Produkten.

Werden Angestellte mit Migrationshintergrund ausgenutzt?

Ob man angesichts dieser wiederholt dokumentierten Missstände noch bei Burger King essen geht, sollte gut überlegt sein. Und auch, ob man sich einen Job beim Burger-Brater annehmen möchte. Denn abgesehen von den Hygienemängeln, die auch in zwei weiteren Filialen anderer Betreiber dokumentiert wurden, macht Burger King auch als Arbeitgeber keine gute Figur.

Der Franchisenehmer R.O.I. Burger King Dachau GmbH & Co. KG beschäftigt vor allem Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter aus Osteuropa und Nordafrika. Untergebracht werden die Angestellten von Burger King in einem Hotel in der Nähe. Die Hotelkosten – 400 Euro für ein 15 Quadratmeter großes Zimmer, das mit ein bis zwei weiteren Personen geteilt wird – werden direkt vom Lohn abgezogen. "Team Wallraff" befürchtet, dass die Arbeitskräfte dadurch in ein Abhängigkeitsverhältnis geraten. Bei vielen Mitarbeitern ist die Aufenthaltserlaubnis an das Anstellungsverhältnis bei Burger King gekoppelt. Zudem kennen viele der Mitarbeiter aufgrund mangelnder Deutschkenntnisse weder ihre Rechte, noch den Inhalt ihrer Verträge.

R.O.I. Burger King Dachau GmbH & Co. KG erklärt in einer Stellungnahme, dass sie mit diversen Vermietern "Sonderkonditionen" ausgehandelt habe, um die Mitarbeiter bei der Suche nach einer Unterkunft zu unterstützen. Die fällige Miete werde mit dem Lohn verrechnet.

Arbeitsrechtsverstöße im großen Stil?

Die Reporter finden auch zahlreiche Hinweise, dass die Burger-Kette im großen Stil gegen das Arbeitsrecht verstoßen hat. Ein Informant gewährt den Reportern Einblicke in die Personalmanagement-Software des Konzerns. Laut Auswertung durch das "Team Wallraff" könnte es binnen sieben Monaten zu rund 75.000 Rechtsverstößen gekommen sein - darunter Verstößen gegen den Jugendschutz, Steuerrecht, Arbeits- und Ruhezeiten.

Burger King Deutschland erklärt in einer Stellungnahme, man nehme die Vorwürfe ernst und werde sie prüfen lassen. Zum jetzigen Zeitpunkt weise man die Vorwürfe jedoch entschieden zurück. Das System dokumentiere zwar die Arbeitszeiten der Mitarbeiter, Rückschlüsse auf Rechtsverletzungen seien daraus jedoch nicht möglich. Es könne bei der gestempelten Arbeitszeit der Mitarbeiter durchaus zu Fehlern kommen.

Sollten sich die Vorwürfe bewahrheiten, so handelt es sich nach Angaben des Rechtsanwalts Sven Jürgens, der in der RTL-Dokuserie zu Wort kommt, eindeutig um eine Straftat. Hier befinde man sich "im Bereich des Vorsatzes". Die Software wird auch von der Geschäftsführung eingesehen – Verstöße, die hier auftauchen, müssten der Geschäftsführung also bekannt sein. "Das führt dazu, dass es nicht nur eine Straftat wird, sondern auch noch, dass die Geschäftsführung persönlich haftet", so Jürgens.

Der jüngste Einsatz von "Team Wallraff – Jetzt erst recht!" zeigt, dass Burger King seine Versprechen nicht in die Tat umgesetzt hat. Für den Burger-Brater könnte die jüngste Episode nicht nur einen erneuten Image-Schaden bedeuten, sondern auch ein juristisches Nachspiel haben.

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