Am Sonntagabend musste sich der "Tatort" aus Leipzig gegen starke Konkurrenz durchsetzen: Parallel lief im Zweiten das hochgelobte Kriegsdrama "Unsere Mütter, unsere Väter". Es reichte dennoch knapp für den Tagessieg für die ARD-Krimireihe - und das trotz einer ziemlich hanebüchenen Story um einen afghanischen Studenten auf blutigem Rachefeldzug.

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Kurz zusammengefasst spielte sich in Leipzig Folgendes ab: Ein junger Mann aus Afghanistan sinnt auf Rache, weil seine Familie versehentlich von einer Bombe ausgelöscht wurde. Dazu entwendet er Granaten mit hochentflammbarem weißen Phosphor, mit dem er ein Transportflugzeug der Bundeswehr in Brand stecken will.

Damit er in Ruhe seine Attentatspläne verfolgen kann, stattet er einen Freund mit seinen Ausweispapieren aus und zündet ihn an, sodass die Polizei ihn für die verkohlte Leiche hält. Am Ende stoppen ihn die tapferen Kommissare Saalfeld und Keppler (Simone Thomalla und Martin Wuttke), aber natürlich in allerletzter Sekunde.

Was machen denn die Drogen da im "Tatort"?

Kommen wir zu den Dingen, die in "Schwarzer Afghane" nicht so gut funktionierten. Muss der Plot denn unbedingt so überladen sein? Sicher, die Lage in Afghanistan ist komplex und muss der breiten Öffentlichkeit dringend mal erklärt werden. Aber alle Probleme des Landes und des Einsatzes ausländischer Militärs nur anzureißen und wie anhand einer Checkliste abzuarbeiten, sorgt eher für noch mehr Verwirrung und hinterlässt unbefriedigte Zuschauer.

Beispielsweise die titelgebende Tonne Haschisch, die der sonst so wohlmeinende Spediteur Norbert Müller (ein deutscherer Name fiel den Autoren wohl nicht ein), in einer Lagerhalle versteckt hat, die sodann in Flammen aufgeht. Die taucht im Grunde nur auf, damit ein Afghane in einer Brandrede die Drogenprobleme seines Landes und die Profitgier des Auslandes anprangern kann. Und damit der verhinderte Attentäter Arian Bakhtari (Kostja Ullmann) den Spediteur erpressen kann. Warum der so rechtschaffen wirkende Müller (Sylvester Groth) mit einer solchen Menge Drogen hantiert, interessiert offenbar nicht und bleibt daher auch im Dunkeln.

Auch das Motiv Bakhtaris für seinen Rachefeldzug ist aus persönlicher Sicht zwar nachvollziehbar, wird aber auch nur kurz angerissen: Eine "Präzisionswaffe" schlug nicht in das eigentliche Ziel ein, sondern in das Haus nebenan, in dem sich die Familie des Studenten befand. Man ahnt, dass viele Menschen als zynisch betitelter Kollateralschaden in solchen Konflikten ums Leben kommen - erklärt bekommt man es als aufmerksamer "Tatort"-Zuschauer aber nicht.

Mal wieder Pannen beim Geheimdienst

Besonders seltsame Rollen bekommen die Geheimdienste und militärischen Dienste ab: Da wäre zum einen der MAD-Agent Olaf Böhm (Anatole Taubmann), der bei der Einschüchterung von Studentinnen ganz auf harten Hund macht und ständig ganz unverdächtig vor Hauptkommissar Wuttke flieht. Im entscheidenden Moment aber, als er Bakhtari auf die Schliche kommt und ihm das Handwerk legen kann, versagt er kläglich. Dass man um eine Ecke, hinter der man einen gefährlichen Angreifer vermutet, ein wenig vorsichtiger geht, bekommt man in der Agentenausbildung offensichtlich nicht beigebracht. Am Ende schließlich bekommen es fünf gestandene Soldaten mit Sturmgewehren hin, Bakhtari aus einigen Metern so zu durchlöchern, dass der trotzdem noch zwei Knöpfe auf seinem Fernzünder drücken kann. Da hat wohl einer zu oft Hollywood-Actionfilme geschaut, in denen der Bösewicht am Ende immer noch mal auftaucht, egal wie tot er vorher war.

Überhaupt, der "Bösewicht". Dass Bakhtari nach seinem Schicksalsschlag auf Rache aus ist, ist vollkommen nachvollziehbar. Dass er dabei zum skrupellosen Killer wird, der erst gleich vier Granaten aus irgendwelchen Hochsicherheitsgeländen stiehlt, dann einen Freund in Brand steckt, hernach noch seine Physik-Dozentin erwürgt und eine weitere Studentin bei lebendigem Leib verbrennen will, wirkt dann aber im Kontext dieses "Tatorts" doch ein wenig weit hergeholt. Zudem bedient man das gängige Klischee: Diese Afghanen sind zu allem fähig - nicht gerade das, was das krisengeschüttelte Land im Aufbau gebrauchen kann.

Dennoch holte sich "Schwarzer Afghane" mit 8,73 Millionen Zuschauern und einem Marktanteil von 24,3 Prozent eine Woche nach dem starken Schweiger-Debüt erneut den Tagessieg vor dem ZDF-Kriegsdrama "Unsere Mütter, unsere Väter", das auf 7,22 Millionen kam.

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