Es muss es ja nicht immer die offensichtlichste Wahl sein: Neben Festtagsklassikern wie "Der kleine Lord" gibt es Unmengen an Perlen, bei denen man das Weihnachtsthema gar nicht vermuten würde. Eine Auswahl dieser "heimlichen" Feiertagsfilme.
Klassischerweise denkt man bei Weihnachtsfilmen an sentimentale Festtagsgeschichten wie "Der kleine Lord" oder "Ist das Leben nicht schön?", vielleicht auch an gutherzige Komödien wie das Chevy-Chase-Chaos "Schöne Bescherung" oder "Kevin – Allein zu Haus". Weihnachtsprofis mit Sinn für schwarzen Humor fällt aber vielleicht die Horrorkomödie "Gremlins" ein: Da erzählt Phoebe Cates in einer der legendärsten Szenen von ihrem Vater, der als Weihnachtsmann verkleidet den Kamin herabklettern wollte und sich dabei den Hals brach – was die Familie erst Wochen später durch einen merkwürdigen Geruch im Schornstein merkte...
Oh ja, das Fest der Liebe eignet sich hervorragend für eine ganze Reihe von Geschichten, die man auf den ersten, zweiten und vielleicht auch dritten Blick diesem Feiertag gar nicht zuordnen würde. Mit den "Gremlins" sind wir da schon auf der richtigen Spur: In einer ganzen Reihe von Horrorfilmen darf die besinnliche Zeit als ironischer Hintergrund für diverse Grausamkeiten herhalten.
Dass eine Story wie "Stille Nacht, Horrornacht" mit einem mörderischen Weihnachtsmann aufwarten kann, der schreiend mit der Axt umherfuchtelt, überrascht angesichts des Titels kaum. Das Frohe Fest schleicht sich aber auch subtiler in die Horrorwelt: In "P2 – Schreie im Parkhaus" wird eine junge Frau von einem psychopathischen Parkhauswächter drangsaliert – pünktlich zu Heilig Abend! In "Jack Frost – Der eiskalte Killer" mutiert ein Serienkiller nach einem Unfall zum mörderischen Schneemann und stiftet in der Weihnachtszeit eher wenig besinnliche Stimmung. Selbst in "Der weiße Hai – Die Abrechnung", dem vierten Teil der Killerfischreihe, wird Weihnachten gefeiert – auch wenn Schneeflocken und Rentiere aufgrund des Bahamas-Settings ausbleiben.
"Stirb langsam" statt Aschenbrödel
Zum Glück gibt's auch Action mit festlichem Flair: Schließlich will man sich zu Weihnachten manchmal gar nicht fürchten, sondern einfach nur ein bisschen was durch die Luft fliegen sehen. Dass der Bruce-Willis-Klassiker "Stirb langsam" ebenso wie seine erste Fortsetzung streng weihnachtlich aufgezogen ist, könnte sich herumgesprochen haben. Bruce will nämlich eigentlich nur mit seiner Familie das Frohe Fest feiern und ist gar nicht scharf darauf, lästige Terroristen zu bekämpfen. Aber auch in "Lethal Weapon" werden besinnliche Töne angeschlagen: Zu den Klängen von "Jingle Bell Rock" fallen hier statt Schneeflöckchen eben böse Buben auf den kalifornischen Boden.
Mehr Phantastik gefällig? Bitteschön: Auch im Comic-Universum feiert man Weihnachten. Tim Burtons zweiter Batman, "Batmans Rückkehr", ist von vorne bis hinten festlich ausgestattet. Da stört es die Besinnlichkeit doch kaum, dass schon zu Beginn überforderte Eltern ihr Baby in die Kanalisation von Gotham City werfen. Immerhin wird daraus später der Pinguin: einer von Batmans härtesten Gegnern und ein praktisch vollwertiger Weihnachtsmannersatz. Nicht minder feiertagsorientiert ist Terry Gilliams grelle Science-Fiction-Satire "Brazil", die ebenfalls rund um das Frohe Fest angesiedelt ist – und damit genug Gelegenheit für beißende Konsumkritik gibt. Da beruhigt alleine der Gedanke, dass auch in ungemütlicher, ferner Zukunft noch Weihnachten gefeiert wird.
Auch "Eyes Wide Shut" ist ein Weihnachtsfilm
Selbst im Arthouse-Bereich begegnet man dem Weihnachtsgeist weitaus öfter, als man meinen könnte. Ob man sich aber an Stanley Kubricks letzten Film "Eyes Wide Shut" als heimeliges Weihnachtsdrama erinnern wird? Das Erotikdrama mit Tom Cruise und Nicole Kidman spielt zum Fest der Liebe – aber das fungiert eher als Gegenpol zur Geschichte um sexuelle Phantasien und Obsessionen, Untreue und Prostitution. Noch symbolischer funktioniert das Weihnachtsfest in Wong Kar-Wais Drama "2046", in dem ein Zug durch die Gebiete "1224" und "1225" fährt, die so kalt sind, dass sich die Fahrgäste gegenseitig wärmen müssen – unschwer zu erkennen, welche zwei Tage hinter diesen Zahlen stecken.
Und genau das ist der Grund, warum die "heimlichen" Weihnachtsfilme interessanter sind als die offiziellen: Filme, die die Weihnachtsbotschaft ernst nehmen, haben eigentlich immer dasselbe zu sagen. Und sie gleiten dabei nur allzu gerne vom Sentimentalen ins Kitschige ab. Diejenigen Filme, die diesen Feiertag eher als Kontrast verwenden, können damit viel mehr machen: bissige Satire, schwarzen Humor, magische Spielereien, symbolische Bilder, absurde Gegensätzlichkeiten – oder ganz einfach die Genugtuung für alle, die allergisch auf das Getue um das Fest der Liebe reagieren. Auf einen irren Santa Claus mit dem Hackebeil können sich nämlich wohl selbst die größten Weihnachtsmuffel einigen.
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