Auf Amazon Prime Video hatte die neue Star-Trek-Serie "Picard" Premiere. Das Abenteuer mit dem gealterten Enterprise-Kapitän Jean-Luc Picard setzt die Geschichte des Franchise zeitgemäß fort und hält in alter Star-Trek-Tradition der Gesellschaft den Spiegel vor. Trekkies dürften begeistert sein.

Eine Kritik

Mehr TV- & Streaming-News finden Sie hier

Mehr News über TV-Shows

Es dauert nur Sekunden, bis das alte Star-Trek-Gefühl wieder da ist. Jean-Luc Picard (Sir Patrick Stewart) spielt mit dem Androiden Data (Brent Spiner) an Bord der Enterprise eine Runde Poker, nebenbei liefern die beiden sich einen eloquenten Schlagabtausch über das Bluffen und das Erkennen eines Bluffs.

Auch wenn Picard die Szene letztlich nur träumt, gibt sie die Richtung für "Star Trek: Picard" vor. Die neue Serie auf Amazon Prime Video setzt auf die alten Helden aus "Raumschiff Enterprise – das nächste Jahrhundert". Die Folgen liefen zwischen 1987 und 1994 in sieben Staffeln im Fernsehen und wurden mit vier Kinofilmen fortgesetzt.

"Picard" kein Prequel wie "Discovery"

Inszeniert ist das Ganze in einem modernen, aufwendigen Serien-Look, mit schönen Bildern, auch eine recht heftige Action-Szene gibt es direkt in Folge eins zu bestaunen. Das Star-Trek-Universum bewegt sich gewissermaßen einen Schritt zurück und startet gleichzeitig in die Zukunft.

Denn im Gegensatz zur Netflix-Serie "Star Trek Discovery" ist "Picard" kein Prequel, sondern treibt die Geschichte voran. Die Handlung beginnt 20 Jahre nach den Geschehnissen im Kinofilm "Star Trek: Nemesis" von 2002. Picard hat der Sternenflotte vor mittlerweile 15 Jahren den Rücken gekehrt und genießt als Admiral a.D. auf dem heimatlichen Weingut in Frankreich seinen Ruhestand.

Damit auch Zuschauer, die nicht die komplette Timeline des Star-Trek-Universums auswendig kennen, schnell auf der Höhe des Geschehens sind, greifen die Drehbuchschreiber und Produzenten um Showrunner Michael Chabon zu einem dramaturgischen Trick.

Bruch mit der Sternenflotte

Ein Kamerateam besucht Admiral Picard auf seinem Weingut, um ihn zur Supernova zu befragen, die den Planeten Romulus im Jahr 2387 vernichtete. Picard rettete damals Millionen Romulaner – die Erzfeinde der Menschheit – in einem aufwendigen Manöver.

Diese Rettungsmission brachte ihm allerdings nicht nur Lob, sondern auch viel Kritik ein. Auch vonseiten der Sternenflotte, die ihn bei der Rettungsmission zu seiner Enttäuschung nicht in vollem Umfang unterstützte.

Als die Streitmacht der Vereinigten Föderation der Planeten nach einem Androiden-Aufstand auf dem Mars schließlich ein Verbot für künstliches Leben erließ, führte dies zum endgültigen Bruch zwischen Picard und der Sternenflotte.

Sir Patrick Stewart auch mit 79 Jahren in Topform

Wie Picard sich während des Interviews an die Geschehnisse erinnert, seine Blicke, seine Gesten, sein Zögern, ein kurzer Wutausbruch, beweist einmal mehr, welch hervorragender Schauspieler Sir Patrick Stewart ist. Der Brite, der im Sommer 80 Jahre alt wird, trägt die Serie.

Er ist drahtig wie eh und je, seine Blicke listig. Und doch hat das Alter Spuren bei seiner Serienfigur hinterlassen: Picard ist nicht mehr der Schnellste, er hadert, scheint den Bruch mit der Sternenflotte nicht verarbeitet zu haben.

Natürlich dauert es nicht lange, bis der Admiral a.D. seine Komfortzone verlassen muss. Eine junge geheimnisvolle Frau (Isa Briones) taucht auf dem Weingut auf. Sie scheint eine besondere Verbindung zu Picard und Data zu haben und verwickelt den Pensionär in ein neues Abenteuer, das in insgesamt zehn Episoden erzählt wird. In den nächsten Wochen erscheinen die Folgen jeweils freitags auf Amazon Prime Video.

Staffel zwei wurde bereits bestellt

Dabei hält "Star Trek" der Menschheit einmal mehr den Spiegel vor. Das Erschaffen von künstlicher Intelligenz und die Konsequenzen, die sie sich daraus ergeben, sind ein zentrales Element der Serie.

Der Umgang der Sternenflotte mit der romulanischen Flüchtlingskatastrophe wird schon in den ersten Minuten thematisiert. Dass sich die Sternenflotte generell verändert hat und den moralischen Ansprüchen Picards nicht mehr genügt, lässt sich ebenfalls als Hinweis auf aktuelle politische Verhältnisse deuten.

Generell ist die Stimmung im Star-Trek-Universum düsterer geworden. Wie Picard – der ikonische Enterprise-Kapitän, der Denker, Humanist und Stratege, der selbst in den unwirtlichsten Winkeln des Universums Freunde fand – damit umgeht, ist eine der interessantesten Fragen bei "Picard".

Spannend wird auch, welche Rolle weitere alte Helden wie Commander William Riker (Jonathan Frakes) oder Counselor Deanna Troi (Marina Sirtis) spielen werden, die ebenfalls zum Cast gehören.

Nach der umstrittenen Netflix-Serie "Star Trek Discovery" dürfte das Franchise mit "Picard" die Herzen der Trekkies zurückgewinnen. Ob "Star Trek" jedoch mit der sich recht langsam entspinnenden Geschichte und einem 79 Jahre alten Hauptdarsteller auch neue Fans aus der actionverwöhnten "Generation Avengers" gewinnen kann, wird sich in den nächsten Wochen zeigen. Eine zweite Staffel wurde jedenfalls schon bestellt.

JTI zertifiziert JTI zertifiziert

"So arbeitet die Redaktion" informiert Sie, wann und worüber wir berichten, wie wir mit Fehlern umgehen und woher unsere Inhalte stammen. Bei der Berichterstattung halten wir uns an die Richtlinien der Journalism Trust Initiative.