Xavier-Naidoo-Abend bei "Sing meinen Song". Die letzte Show vor der obligatorischen Duett-Folge brachte dem Zuschauer nicht nur den Menschen Naidoo näher, sondern konnte auch musikalisch überzeugen. Vor allem ein Künstler übertraf sich dabei selbst.
"Jedes Mal, wenn ich dich treffe, hast du irgendeine Mission. Wieso nutzt du diese Chance nicht, wirklich frei zu sein, und stürzt dich immer wieder in neue Dinge?", fragt
Da ist es nur folgerichtig, wenn Naidoo am Montag dieser Woche verkündet, dass er nach drei Staffeln Schluss mit "Sing meinen Song" macht: "Schweren Herzens habe ich mich vor wenigen Tagen endgültig dazu entschieden, nicht bei der nächsten Staffel von 'Sing meinen Song - Das Tauschkonzert' teilzunehmen. Es ist an der Zeit, mich wieder neuen Projekten zu widmen", heißt es in einer Mitteilung des ausstrahlenden Senders Vox.
"Sieh mal, welchen Shitstorm ich erzeugt habe!"
Doch sein Tatendrang beschränkt sich nicht auf die Musik. Naidoo ist einer, der den Mund aufmacht, auf der musikalischen Bühne wie auch auf der politischen - auch wenn das nicht jedem gefällt.
Naidoo selbst erklärt seine Umtriebigkeit gestern Abend so: "Ich habe jetzt einen Sohn und ich will, dass, wenn er 18 ist und fragt 'Vater, was hast du denn gemacht? Hast du dich zu dem Thema mal geäußert?', dann will ich sagen 'Ja, guck mal, ist alles festgehalten. Da gibt es ein Video dazu und hierzu und sieh mal, welchen Shitstorm ich da erzeugt habe!'."
Wenn das Wörtchen "polarisieren" nicht schon so durchgenudelt wäre, für Naidoo müsste man es noch einmal herauskramen - und das auch in Bezug auf seine Musik. Es dürfte in Deutschland wohl kaum jemanden geben, dem Xavier Naidoo einfach nur egal ist. Einigkeit herrscht wohl nur in einem Punkt: dass er ein großartiger Sänger ist. Wenn man musikalischen Erfolg kommerziell messen möchte, ist Xavier Naidoo zweifelsfrei einer der erfolgreichsten deutschen Künstler. Mit seinen Gold- und Platinschallplatten könnte er einen eigenen Plattenladen aufmachen.
Naidoo bringt seine Lehrerin zum Weinen
Das Geheimnis seines Erfolgs liegt zweifelsohne in seiner Stimme. Und was das für eine ist, hat Naidoo schon früh erkannt, wie er gestern Abend auf der "Sing meinen Song"-Couch erzählt: "Ich habe mir als Kind selber Schlaflieder vorgesungen." Und als er in der vierten Klasse "My Bonnie Is Over The Ocean" vorsang, verdrückte seine Lehrerin eine Träne und der kleine Xavier merkte, dass er mit seiner Stimme Menschen bewegen kann.
Diese Einzigartigkeit anzunehmen und trotzdem sein eigenes Ding daraus zu machen, ist natürlich eine Riesenherausforderung für jeden Künstler. Wie so etwas schiefgehen kann, konnte man in der vergangenen Woche sehen, als die meisten "Sing meinen Song"-Teilnehmer an
Nena: "Irgendwie ein interessantes Gefühl"
Der Naidoo-Abend bringt dem Zuschauer aber nicht nur den Sänger näher, sondern zeigt auch eindrucksvoll, dass Einzigartigkeit andere beflügeln kann.
Bei Seven hingegen sitzt der Text und er macht aus Naidoos "Das hat die Welt noch nicht gesehen" einen ruhigen Barmusik-Song. Ähnlich ruhig legt Annett Louisan ihre Interpretation von "Ich wär' gar nichts ohne dich" an und bleibt damit nah dran an der ursprünglichen Version: "Ich hab' nicht viel verändert, ich find' das Original so schön."
Samy Deluxe dreht auf
Mangelnden Veränderungswillen konnte man Wolfgang Niedecken und den Jungs von The BossHoss hingegen nicht vorwerfen. Niedecken machte aus Naidoos "Was wir alleine nicht schaffen" einen Kölsch-Rock-Song, der problemlos auf jedes BAP-Album passen würde.
Die beiden Cowboys von The BossHoss verwandelten Naidoos Kooperation mit Kool Savas "Schau nicht mehr zurück" in eine unterhaltsame Gunter-Gabriel-Country-Nummer – nur eben in cool.
Den Vogel schoss gestern Abend aber Rapper und Vertretungsgastgeber Samy Deluxe ab. Der Hamburger Reime-Schmied mixte einen eigenen Beat unter Naidoos "Alles kann besser werden", rührte eine Prise Bob Marley drunter und schmeckte das Ganze mit eigenen Textzeilen ab, weil er Naidoos grenzenlosen Optimismus einfach nicht teilen kann: "Ich bin Pessimist mit Augenzwinkern." Heraus kam ein wirklich charttauglicher Mix, der mit "Bobtimismus" sogar noch ein Wort beinhaltete, auf das man erst mal kommen muss.
So gelungen die musikalischen Interpretationen auch waren: Was den gestrigen Abend so stimmig machte, waren vor allem die vielen kleinen Anekdoten, die dem Zuschauer den Künstler und Menschen Naidoo nähergebracht haben. Wer ihn vor "Sing meinen Song" nicht leiden konnte, wird ihn seit gestern Abend sicher nicht plötzlich lieben - aber wenigstens besser verstehen.
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