Tim Mälzer
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Tim Mälzer hatte sich wohl einiges einfacher vorgestellt: Schon drei Wochen nach Beginn des Generationenprojekts "Herbstresidenz" bei VOX sieht sich der TV-Koch mit ungeahnten Herausforderungen konfrontiert. Unter anderem findet er keinen Zugang zu den wahren Bedürfnissen der Heimbewohner.
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Schauspieler und Projekt-Co-Pate André Dietz stellt sogar fest, dass sich einige Bewohnerinnen nicht leiden können: "Das größte Problem sind die Reibereien untereinander." Denn nicht die Einsamkeit belastet die Seniorinnen und Senioren, sondern die unterschiedlichen Charaktere.
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Tim Mälzer beobachtet außerdem, dass Frau Westhoff von den anderen Bewohnern immer links liegengelassen wird: "Das ist ein Zustand, den ich unerträglich finde." Er sucht das Gespräch mit der Seniorin und erfährt dabei, dass ihre Kinder sie nie besuchen.
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Das macht sie traurig: "Die Enkel kenne ich gar nicht. Nur von Bildern." Sie meint: "Ich kann hier mit niemandem reden. Die erzählen dann immer von ihren Kindern, und das kann ich ja nicht. Das tut weh."
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Gegen die Grüppchenbildung soll eine lange Tafel helfen. Eine einfache Maßnahme mit großer Wirkung, findet Dietz: "Ich verstehe den ganzen Pragmatismus im Alltag. Aber ich persönlich ärgere mich trotzdem, wenn ich die ganzen abwaschbaren Oberflächen sehe, weil es keine Wertschätzung ausdrückt."
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Niemand muss mehr alleine am Tisch sitzen, alle sind in Gesellschaft. Auf die Sitzordnung wird ebenfalls geachtet, es soll ja nicht wieder gestritten werden. Und plötzlich entstehen neue Bekanntschaften, Frau Westhoff findet Anschluss und selbst die verfeindeten Damen lachen miteinander.
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Tim Mälzer startet einen neuen Versuch, die Senioren zum gemeinsamen Kochen zu motivieren. Doch schon die Frage nach den Lieblingsgerichten bleibt unbeantwortet: "Deren Bedürfnisse und deren Wünsche zu entdecken, das ist eine größere Herausforderung als ich gedacht habe."
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Nach langem Zögern schlägt Frau Morbach gedämpfte Kartoffeln vor, und schon schwärmen die anderen, wie lecker die immer waren. "Jeder hatte eine emotionale Verbindung zu diesem Gericht", also will Mälzer die Speise genau nach Anweisungen nachkochen.
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Doch Frau Morbach wird gleich am nächsten Tag selbst aktiv und macht sich zum ersten Mal seit Jahren auf den Weg in den Supermarkt. In der Küche helfen alle zusammen und schnibbeln Kartoffeln.
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"Hier passierte was, da passierte was", freut sich Mälzer über das aufgeweckte Gewusel. "Es war wie eine kleine Familie." Was er noch besser findet: "Die Gruppe hat gemeinsam dieses Gericht gekocht."
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Also lässt er sie gemeinsam mit den Azubis einfach machen. "Es war eigenständig, es war selbstmotiviert, es hatte eine klare Aussage", beobachtet Mälzer das emsige Treiben aus der Ferne. "Dieses Gericht hat in ganz vielen Beziehungen dort für Verbindung gesorgt."
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"Es hat die Tristesse verloren", beschreibt er das harmonische Miteinander. "Es war eine unfassbar schöne Atmosphäre. Es war ein Gemeinschafts-Event." Mälzers einzige Aufgabe: Die Kartoffeln in der Pfanne zu braten. Und die lässt er direkt anbrennen. "Sehen Sie? Es hat gerochen", lacht Frau Ferres.
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Nächster Schritt: die Räumlichkeiten gemütlicher gestalten und die Krankenhaus-artige Tristesse beseitigen. "Warum müssen Pflegeheime immer Kackfarben haben?", fragt sich Mälzer. Ein frisches Grün soll her.
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Sogar Frau Meyer greift zum Pinsel, so was hat sie schon lange nicht mehr gemacht. Derweil bleiben die anderen Heimbewohner noch skeptisch.
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Frau Schmitt beäugt die Veränderungen anfangs mit Argwohn. Dann stellt sie fest, dass die neuen Wände die Farbe ihres Oberteils haben. "Ja, können wir machen", gibt sie ihren Segen.
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Gemeinsam mit den Angehörigen bauen Mälzer und Dietz auch den Außenbereich um. "Das ist eine Fläche, die insbesondere für Leute, die nicht so gut zu Fuß sind, vielleicht sogar der einzige Lebensbereich draußen ist", und da sollte es doch einladend und gemütlich aussehen, findet Mälzer.
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Doch während der Umbauten passiert etwas, das ebenfalls zum Leben im Pflegeheim gehört: ausgerechnet Frau Loch, Liebling der Azubis, muss ins Krankenhaus und wird sterben. "Ich bin auch komplett überfordert damit", sagt Dietz und weiß nicht, wie er es den Azubis beibringen soll.
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Die Situation beschreibt Dietz so: "Auf der einen Seite verlieren wir einen geliebten Menschen und auf der anderen Seite diskutieren wir zeitgleich über die Grüntöne von Wänden." Doch genau darum geht es Dietz und Mälzer: "Das Leben feiern bis zuletzt."