Zwei Staffeln produzierte Sat.1 von der Trash-TV-Show "Promis unter Palmen" und in beiden Staffeln kam es zum Eklat. Zuerst ging es um Mobbing, dann um homophobe Äußerungen und in beiden Fällen agierte Sat.1 unglücklich – um es vornehm auszudrücken. Trotz allem startete am Montag nun eine dritte Staffel und es sieht alles danach aus, dass Sat.1 nichts dazu gelernt hat.

Christian Vock
Eine Kritik
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Man packe ein paar Promis unter ein Dach, reiche ausreichend Alkohol, verspreche ihnen Aufmerksamkeit und Geld und warte einfach ab, was Promille, Menschsein und Geltungsdrang aus der Show machen. So funktionieren Shows wie "Promi Big Brother" oder "Das Sommerhaus der Stars" und das Resultat ist immer das gleiche: Beschimpfungen, Geschrei, Tränen und das Erstaunen, wozu Menschen so fähig sind.

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Für Fernseh-Ästheten sind solche Shows nichts, aber selbst unter all den Trash-TV-Shows war "Promis unter Palmen" so etwas wie das schwarze Schaf. In der ersten Staffel verließ Claudia Obert, selbst mit allen Reality-Wassern gewaschen, freiwillig die Show, nachdem sie von Bastian Yotta und Konsorten mehrfach gemobbt wurde. Im Anschluss beendete Sat.1 die Zusammenarbeit mit Yotta.

In Staffel zwei fiel der ohnehin schon verhaltensauffällige Niedrig-Niveau-Prinz Marcus von Anhalt durch homophobe Äußerungen auf. Wie schon im Fall Obert agierte Sat.1 auch hier unzureichend, entschuldigte sich nach entsprechender Kritik und beendete wieder einmal die Zusammenarbeit mit einem ihrer Teilnehmer, diesmal eben mit dem Kauf-Adligen.

Hat Sat.1 das Ganze diesmal besser im Griff?

Die weitere Ausstrahlung der zweiten Staffel wurde seinerzeit abgebrochen, aber nicht wegen des Pöbel-Prinzen, sondern weil Willi Herren, ebenfalls Teilnehmer der Show, während der Ausstrahlung gestorben ist. So tragisch die Umstände auch waren, es wäre der ideale Rahmen gewesen, die Show komplett zu beenden und zu sagen: Okay, offenbar haben wir hier Probleme beim Casting oder bei der Einschätzung, wie man sich moralisch korrekt verhält, also Deckel drauf. Aber nicht bei Sat.1.

Denn seit Montagabend läuft die dritte Staffel, was anhand der Geschichte der Show schon überraschend genug ist. Doch ein Blick auf die Teilnehmerliste überrascht noch mehr: Claudia Obert. Die ehemals gemobbte Kandidatin mit dem Hang zum Champagner kehrt an den Tatort zurück und das wirft Fragen auf: Warum macht sie das? Warum gibt es die Show überhaupt wieder und hat Sat.1 das Ganze diesmal besser im Griff?

Der erste Impuls lautet bei den ersten beiden Fragen "Keine Ahnung" und bei Frage Nummer drei "sehr wahrscheinlich nicht". Denn der weitere Blick auf die Gästeliste lässt Schlimmes ahnen: Janina Youssefian musste nach rassistischen Äußerungen das Dschungelcamp verlassen, Lisha Savage sah sich nach ihrer Teilnahme am "Sommerhaus" Mobbing-Vorwürfen ausgesetzt, Menowin Fröhlich hat eine imposante Vorstrafen-Geschichte und Iris Klein wird auf Yvonne Woelke treffen, die Frau, die ihr den Mann ausgespannt haben soll.

Worauf man sich "freuen" kann

Der Rest der Truppe ist, bis auf Reality-Novize und Lotto-Millionär Kürsat "Chico" Yildirim und Ex-Fußballprofi Eike Immel, ebenfalls nicht dafür bekannt, in solchen Shows an den passenden Stellen den Mund zu halten. Mit anderen Worten: Rein auf dem Papier ist keine Absicht von Sat.1 zu erkennen, das Ganze zwar mit Trash, aber auch mit Stil über die Bühne zu bringen. Ein bisschen Eklat gehört dazu, aber das hier riecht nicht nach "bisschen Eklat", sondern nach der ganz großen Eskalation.

Nach der beabsichtigten, großen Eskalation, wie schnell klar wird. Melody Haase beispielsweise will die Welt zunächst wissen lassen: "Ich habe mir Lachssperma ins Gesicht spritzen lassen." Bei ihrer Selbstvorstellung erklärt sie außerdem, sie habe vor zehn Jahren bei DSDS ins TV-Leben reingeschnuppert, in der Zwischenzeit aber zum Realitystar umgeschult, was nett ausgedrückt sei für "Ich bin schwerst verhaltensauffällig". Außerdem sagt sie über sich: "Ich hab keine Schamgrenze und deswegen könnt ihr euch auf einiges gefasst machen."

Nun beißen bellende Hunde angeblich nicht, doch bei Haase scheint das tatsächlich der Fall zu sein. Zumindest in Folge eins ist sie eine der wenigen, die sich benimmt. Dass bellende Hunde aber sehr wohl beißen, zeigt Lisha Savage. "Ich hasse Menschen. Ich will mit Menschen nichts zu tun haben. Ich find' die einfach nur blöd. Ich bin ein Arschloch und ich werd' auch immer ein Arschloch bleiben und ich will auch immer ein Arschloch sein", stellt sich Savage vor und fügt hinzu: "Der Bösewicht gewinnt am Ende immer und genau so soll das hier auch ablaufen." In der Tat sollte Savage bereits in Folge eins zeigen, dass sie nur die Lautstärke laut und fast nur die Tonart Beleidigung drauf hat.

Der erste Streit bei "Promis unter Palmen": Youssefian gegen Kim Virginia

Andere Teilnehmer haben sich andere Rollen ausgesucht: "Ich kann die Leute gut unterhalten", meint etwa Chris Manazidis und Cosimo Citiolo glaubt: "Ich bin überall der King. Egal, wo ich hingehe – Döner umsonst." Wahrscheinlich sogar in einer Pizzeria, aber Citiolo führt sich nicht mit Königlichem ein, sondern damit, dass er nackt, nur mit der Hand vor dem kleinen Cosimo, in den Pool springt. So begrüßt er auch Claudia Obert, die wieder einmal die eigentlich auserzählte Rolle der angeschickerten Lebefrau gibt.

Sat.1 hat aber noch eine Nebenrolle für die Obert gefunden. Sie erhält zunächst ein paar Sonderrechte wie das Recht des ersten Bettes oder einen Nominierungsschutz. Warum? "Das ist nur fair, nachdem sie in Staffel eins so sehr leiden musste", behauptet der Off-Sprecher. Warum wirklich? Damit die Vorzugsbehandlung Neid und Unterwürfigkeit auslöst, denn Obert darf auch noch jemanden vor der Nominierung schützen.

Wallung kommt aber zum ersten Mal auf, als Janina Youssefian und Kim Virginia Hartung aufeinandertreffen. "Du warst ja ein bisschen raus wegen diesem 'Geh zurück in den Busch!'-Ding", beginnt Kim Virginia und der Off-Sprecher behauptet: "Um es ganz klar zu sagen: Für so was würde man hier auch rausfliegen." Die Erfahrung mit den homophoben Äußerungen hat allerdings was anderes gelehrt. Doch damit ist der Off-Sprecher noch nicht fertig: "Janina bekommt jetzt die Chance, sich von einer anderen Seite zu zeigen", heißt es da und man fragt sofort und skeptisch nach dem Warum? Geht es hier wirklich nur um eine Trash-TV-Resozialisierung oder um die Chance auf den nächsten Eklat? Hören wir doch mal in den Fortgang des Gesprächs zwischen Youssefian und Kim Virginia rein.

"Ich hab ein Riesenproblem mit dummen Menschen"

"Aber ich bin keine Rassistin, okay", antwortet Youssefian Kim Virginia und fügt hinzu: "Ich sag' ja auch nicht, dass du 'ne billige Escort bist." Der Ton ist also gesetzt und weil Kim Virginia Lisha Savage umgehend Bericht erstattet, ruft die sofort das erste Ziel aus. "Wir ballern die einfach raus." Das machen sie am Ende tatsächlich, allerdings nicht, ohne Youssefian zuvor unter Niveau zu beleidigen. Als Youssefian in der großen Runde an den Regeln vorbei denkt, schreit Savage sie sofort an: "Bist du noch ganz sauber?" Danach wird es noch unangenehmer: "Dich kann man nur auf dem Teppich vögeln, Alter!", spielt Savage auf die uralte "Teppichluder"-Geschichte mit Dieter Bohlen an.

Promis unter Palmen
Janina Youssefian hat nur einen kurzen Auftritt bei "Promis unter Palmen". © Joyn/Tan Nian Xing

Später wird Savage noch Aussagen über Youssefian treffen wie "Ich hab ein Riesenproblem mit dummen Menschen", ehe sie ihr neues Feindbild bei Youssefians Hinauswahl mit einem "Merkst du, dass du nur Scheiße redest?" verabschiedet. An dieser Stelle ist gerade einmal Folge eins vorbei und es beschleicht einen das Gefühl, dass es eher schlechter als besser wird. Zum Beispiel, weil Yvonne Woelke, das rote Tuch von Iris Klein, noch gar nicht eingezogen ist, aber auch, weil man bei Sat.1 die Regeln geändert hat. Denn das Preisgeld müssen die Teilnehmer erst zusammen erspielen, man ist also voneinander abhängig – eine gute Grundlage für weiteren Streit, der durch eine große "Zasterwand" zusätzlich befeuert wird, weil man an der ablesen kann, wer wie viel Geld für die Gemeinschaft erspielt hat.

Damit es aber nicht nur Geschrei gibt, mimt Claudia Obert weiter die angetüterte Grand Dame, Kürsat "Chico" Yildirim erzählt, wie er zu Geld gekommen ist und Eike Immel, wie er seines losgeworden ist. Dazwischen sieht man immer wieder Lisha Savage, wie sie mit Leuten aus dem Nichts aneinandergerät. Und so ist in Folge eins noch gar nicht viel passiert, aber man hat das Gefühl, dass Sat.1 alles getan hat, damit es auch in Folge zwei massiv eskalieren wird. Oder anders formuliert: Nein, Sat.1 hat wirklich überhaupt nichts dazu gelernt.

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