Tag 10 im Containerlager der Promi-Darsteller und die Nerven liegen weiterhin blank. Nach einer mit Cecilia durchphilosophierten Nacht ist sich Elena Miras sicher: Alle sind gegen sie und sie "kann das alles nicht mehr". Oder um es mit ihren eigenen Worten zu sagen: "Niemand sieht, wie es mir geht!" Außer die 350.000 Zuschauer aus der werberelevanten Zielgruppe vom Vorabend.

Eine Kolumne
Diese Kolumne stellt die Sicht von Marie von den Benken dar. Informieren Sie sich, wie unsere Redaktion mit Meinungen in Texten umgeht.

Mal zur Einordung: Das sind ungefähr so viele Menschen wie es Einwohner in Bochum gibt und 7,7 Prozent Marktanteil. Gut, es gibt Tweets von mir, die haben fünf Mal so viel Reichweite - und da sind noch nicht mal D-Promis involviert. Dennoch wertet Sat.1 das Format aktuell als Erfolg. Andererseits: Die TV-Legenden bei Sat.1 haben es sogar geschafft, den Totalflop "Der Hundetrainer-Champion" irgendwie schön zu reden, obwohl die schlechte Martin-Rütter-Kopie auf einen Marktanteil kam, mit dem man als Partei noch nicht mal über die 5-Pozent-Hürde gerutscht wäre.

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Für Kenner des linearen Live-TV mit Reality-Hintergrund ist es Alltag, für Erstzuschauer, Schaulustige und Pechvögeln, bei denen den Batterien der Fernbedienung beim Zappen auf dem Programmplatz von Sat.1 der Saft ausgeht, ist es verwirrend: Sinan Movez ist am Dienstag an Tag 9 bereits per Zuschauer-Fallbeil der WG verwiesen worden, mischt aber im Drama-Taifun der Highlight-Zusammenfassung an Tag 10 immer noch wieselflink mit. Das liegt daran, dass das Best-Of des Tages selbstverständlich eigentlich das Best-Of des Vortages ist, da man Szenenauswahl und Begleitkommentierung nicht in Echtzeit produzieren kann.

Die Moderationslegenden Jochen "sei mal nicht so Schropp" und Marlene "ja wo Lufen sie denn" kündigen also sozusagen Highlights an, die für konsequente Verfolger des Livestreams bis zu 40 Stunden alt sein können. "Live" sind bei Formaten wie "Promi Big Brother" letztendlich nur die Zwischenmoderationen, die Verkündungen und gelegentlich die Challenges. Jedes Drama-Gespräch, jedes zwischenmenschliche Fiasko, jede intellektuelle Bankrotterklärung, jeder beleidigungsintensive Streit und jede Lästerstunde sind Konserven.

"Promi Big Brother": Sinan Movez von Elena und Cecilia zurechtgewiesen

Sinan jedenfalls gehört trotz Demission vor 24 Stunden im Tages-Resümee noch zu den Hauptprotagonisten. Ausgelöst durch ein Antippen am Morgen, als er Cecilia Asoro schüchtern fragt, ob sie noch schlafen würde, obwohl die Kandidaten-Crew schon aufzustehen habe, entspannt sich ein amtlicher Frontalstreit, der quasi containerübergreifend die gesamte Restbelegschaft in Mitleidenschaft zieht. Sinan wird von Cecilia und Elena Miras zurechtgewiesen, es ginge ihn gar nichts an, ob Cecilia schlafe.

Der fühlt sich spontan wie Lukas Podolski vor einem Gemälde von Salvador Dalí: Optisch sieht das sehr gut aus, aber man versteht absolut nichts davon, was damit wohl gemeint sein könnte. Wie das berühmte Pik Sieben auf der Rennbahn. Leyla Lahouar, die alles zufällig mitbekommt, versichert dem ad hoc verwirrten Sinan, er hätte nichts falsch gemacht und Cecilia und Elena machten aus einer Mücke einen Elefanten.

Als Elena Sinan kurz darauf wutentbrannt zur Rede stellen will, zeigt der sich zurecht uneinsichtig. Als er darauf hinweist, dass selbst Leyla kein Fehlverhalten bei ihm habe feststellen können, ist bei Elena offenbar eine ziemlich große rote Linie überschritten: "Was Leyla sagt, ist für mich Luft!" In einem Akt grenzwertig gut vorgetragener Show-Märtyrer-Attitüden bricht Elena danach in den Armen von Cecilia zusammen und wittert eine Weltverschwörung.

Anschließend versetzt sie sich selbst in den hyperaggressiven Konfrontationsmodus und sucht erneut das Gespräch mit dem unverschämten Schläferinnen-Anstupser: "Sinan, komm mal, du streust ja gerne Scheiße!" Da identifiziert dann auch Elena-Ex Mike Heiter eine Grenzüberschreitung und mahnt zur Vernunft: "Hey, beruhig dich mal!" Elena will sich aber nicht beruhigen. Und noch weniger will sie Tipps von ihrem Ex: "Mike, du musst nicht ankommen wie Rambo, es geht dich nichts an!"

An dieser Stelle ein kurzer Service-Einschub mit wichtigem Kontext für Trash-TV-unerfahrene Zufallsleser: Mike ist der Vater von Elenas Tochter, jetzt aber mit Leyla liiert, die ebenfalls zum Container-Ensemble gehört. Also, Leyla, nicht die Tochter. Ganz normale Konstellation im Reality-TV übrigens.

Elena jedenfalls lässt sich nicht beruhigen: "Sinan soll aufhören zu lügen." Geschüttelt von Heulkrämpfen und einer fiesen Form von Mike-Heiter-Ausschlag zieht sie sich mit Container-Psychologin Mimi Fiedler zurück und lässt sich von ihr kurz durchtherapieren: "Ich wünsche Elena, dass sie Ruhe findet!" Tja, Mimi. Elena Miras und Ruhe, das hat ungefähr das Symbiose-Potenzial von Sahra Wagenknecht und Wolodymyr Selenskyj. Entsprechend tiefenpsychologisch verankert sitzt das eigentliche Problem von Elena: "Mike kennt mich genau und weiß, was mich triggert. Man hat ihm immer alles geglaubt, dabei war das alles gelogen und ich habe Angst, dass das jetzt wieder passiert!"

Max Kruse hält einen Monolog über sein Leben

Was ebenfalls wieder passiert: Max Kruse hält am dritten Tag in Folge einen Monolog über sein Leben. Als er sich dem Frühwerk von Max Kruse widmet und zugibt, seine Ausbildung zum Speditionskaufmann abgebrochen zu haben, nachdem er einen Profivertrag bekam, gibt auch Mike Heiter einen kurzen Einblick in seinen Ausbildungsstatus: "Ich habe ganz knapp Hauptschule geschafft!" Gelernt hat er dennoch sehr viel Wichtiges, beispielsweise das hier: "Ett is schon wichtig, watt zu lernen, weil dann hat man watt inne Hinterhand!"

Schöner hätte es auch Bettina Stark-Watzinger nicht formulieren dürfen. Und für alle, die ausschließlich Reality-TV konsumieren und sich jetzt fragen, ob Bettina Stark-Watzinger die eine von "Bachelor" oder die andere von "Ex on the Beach" ist: Weit gefehlt. Bettina Stark-Watzinger ist Bundesministerin für Bildung und Forschung und damit im Prinzip dafür verantwortlich, dass Mike Heiter kaum den Hauptschulabschluss geschafft hat.

Schulabschlüsse helfen allerdings traditionell bei "Promi Big Brother" wenig. Stark-Watzinger-Opfer Mike muss daher tatenlos zusehen, wie der Eskalationsteufel mehr und mehr Besitz von Elena ergreift. Als es darum geht, wer die Minipfannkuchen für das Dessert anbrät, fühlt Elena sich von Mike und Leyla "komisch aus der Ecke angesehen" und kündigt an: "Die können sich ihre Pancakes in den Arsch schieben!" Keine Ahnung, ob das ein Detail einer neuen Rezeptrevolution oder nur eine Metapher ist. Klar ist aber: Elenas Euphorie-Delta liegt womöglich doch nicht an den Verfehlungen von Sinan, sondern an der einfachen Tatsache, dass sie sich eine winzige Arschgeigen-WG mit ihrem Ex und seiner neuen Flamme teilen muss.

"Promi Big Brother" ist ein bisschen wie die Ampel-Koalition: Mit höchsten Erwartungen gestartet und dann durch sinnlose Kleinkriege und Egotrips langsam, aber sicher das Publikum vergrault. Und das auf einem unterirdischen Lappalien-Niveau, für das Trash-Ikone Julian F. M. Stoeckel morgens nicht mal aufstehen würde. Der trostlose Drama-Zwischenstand lautet ja tatsächlich: Elena muss für ihren komplett durchchoreographierten Opferstatus irgendwie Kontroversen erzeugen und echauffiert sich daher aktuell über diese zwei Dinge:

1. Sinan hat Cecilia am Morgen kurz angestupst

2. Mike hat gesagt, Leyla soll die Pancakes machen

Früher gab es Lügenorgien, heute reichen Pancakes aus

Früher gab es bei "Promi Big Brother" noch stabile Lügenorgien, hartes Beleidigen und primitives Intrigieren, heute reicht bereits eine falsche Äußerung darüber, wer Pancakes backen kann, um die Eskalations-Festspiele auf Gottschalk/Beisenherz-Niveau zu pushen.

Damit wenigstens noch der Hauch einer Chance besteht, dass auch noch ein wenig echtes Drama durch die tristen Räumlichkeiten des PBB-Containers weht, wählt die heutige Container-Chefin Leyla Jochen Horst und Daniel Lopes für das Duell um den Nominierungsschutz aus, das Daniel für sich entscheidet. Cecilia geht derweil für das recht überschaubare Budget von 5,50 Euro im containereigenen Späti einkaufen und lässt sich diesen Einkauf auch nicht für das verlockende Angebot von zwei "Geschützt"-Medaillen abkaufen.

Wie immer gibt es vor dem großen, oder na ja, mittleren Schlemmen zumindest für die Männer erstmal einige Pflichtübungen zu erledigen: Die Entscheidung, wer den Container verlassen soll. Am Ende sind Jochen, Mimi, Cecilia, Sarah und Elena nominiert. Nach einer rund einstündigen Wohnzimmer-Sit-In-Monologisierung verkündet Big Brother schließlich, dass an Tag 10 das Thema "Promi Big Brother" für Cecilia Asoro beendet ist. Auch das sorgt bei Elena für den inzwischen etwa 52. Heulkrampf des Tages. Auch am Donnerstag, das scheint recht sicher, wird ihr ein weiterer Kandidat folgen. Wer das sein wird, verrate ich an genau dieser Stelle in 24 Stunden. Bis dann!

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