Eine Woche "Ringelpiez mit Anfassen", wie meine Oma es immer genannt hat, wenn ich mich mit ein paar Freunden im Keller verschanzt hatte, um das Wochenende mit einem gepflegten Umtrunk (Limo ohne Zucker versteht sich) und konspirativen Gesprächen (über anstehende Hausarbeiten und Referate) einzuleiten, ist vorbei - jetzt beginnt der so genannte Ernst des Containerlebens auch für die an Tag sieben radikal von 14 auf zwölf zusammengekürzte Belegschaft im "Promi Big Brother"-Survivalcamp mit verstärkter Kameraüberwachung.

Eine Kolumne
Diese Kolumne stellt die Sicht von Marie von den Benken dar. Informieren Sie sich, wie unsere Redaktion mit Meinungen in Texten umgeht.

Am Morgen noch 14 wackere D-Promis, die sich voller Hoffnung auf 100.000 Euro Siegprämie gegenseitig durchbeleidigen, am Abend bereits nur noch zwölf glückliche, aber vorgewarnte Voting-Überlebende, für die der alte Sepp Herberger (Teilnehmer der PBB-Staffel 1954) den Spruch erfunden hat: "Nach dem Exit ist vor dem Exit!" Denn eines ist klar: Von den aktuell noch verbliebenen zwölf Celebrity-Attrappen im Bunker der Trostlosigkeit werden nur die wenigsten das Ende der Woche noch im Live-TV erleben.

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Zwei von 14 raus, das sind fast 15 Prozent. Jeden Tag 15 Prozent weniger, das kennt man sonst nur von der FDP. So gesehen verwundert es nicht, dass der Christian Lindner des Privatfernsehens, Jochen Schropp, und die Marie-Agnes Strack-Zimmermann des Frühstücksfernsehens, Marlene Lufen, zum großen Koalitionsbruch auffordern und umgehend zwei der 14 Container-Minister unehrenhaft entlassen. Wird die Koalition der Seichtintellektuellen diese Legislaturperiode überhaupt noch überstehen? Oder gibt es vielleicht noch am selben Abend Neuwahlen, um schnellstmöglich weitere Aufmerksamkeitsjunkies von der Regierungscouch zu verbannen?

Um sich in die Herzen der Zuschauer zu spielen und der frühzeitigen Zwangsexmatrikulation aus der PBB-Akademie für Karriere-Bruchpiloten von der Schippe zu springen, haben sich die Hausgenossen mit Prominenzhintergrund unterschiedliche Taktiken zurechtgelegt. Mimi Fiedler beispielsweise konzentriert sich auf das Ausleben ihres Putzzwangs und möchte sich mit ihrer Affinität zum Großreinemachen die Sympathien der Zuschauer erbohnern. Von morgens bis abends putzt sie den Boden. Am liebsten mit Daniel Lopes. Den bezichtigt sie nämlich gesprächsintensiv der Manipulation und zerstört damit die erste ursprünglich langfristig angelegte neue PBB-Freundschaft. So schafft sie es, das Urteil von Daniel über sie innerhalb von 17 Minuten von "du bist die echteste hier von allen" auf "du bist nicht echt" zu revidieren. Das dürfte selbst für die nicht unbedingt für langatmige Verhaltensanalysen bekannte PBB-Bewohnerhistorie Rekord sein.

Max Kruse, Leyla Lahouar und Sarah Wagner bleiben "Promi Big Brother" vorerst erhalten

Noch reinlicher als Mimi ist eigentlich nur noch Big Brother. Der beginnt an Tag sieben ebenfalls mit dem Auskehren. Beim Mastermind der Containerfestspiele werden allerdings nicht Dreck, Staub, Krümel oder Haarbüschel aus dem Haus gefegt, sondern Stars. Oder naja, Menschen zumindest, die Sat.1 für ihre Sozialstudie im Gelsenkirchener-Barock-Paradies spontan in den Status "Star" erhoben hat. Um das Feudelfeld spannungsoptimierend von hinten aufzuzäumen, beginnt der Große Bruder zunächst damit, drei zitternden Kandidaten, die sich auf der Nominierungsliste befinden, den Traum vom Sieg zurückzugeben.

Verkündet werden einstweilig die drei PBB-Mitspieler, die die meisten Anrufe der Zuschauer erhalten haben und somit nicht mehr der Bedrohung ausgesetzt sind, als erster Container-Matador die Arena der Unzulänglichkeiten auf Hate-Zuruf der Zuschauer verlassen zu müssen. Dem Bannstrahl der Sofa-Jury entkommen heute: Max Kruse, Leyla Lahouar und Sarah Wagner. Damit kann der schwarze Auszugspeter nur noch an Verena Kerth, Matze Höhn oder Jochen Horst gehen.

Um sich von der nervenzerberstenden Turbospannung abzulenken, wer denn jetzt wohl die liebgewonnene Containerromantik als erster gegen das echte Leben zurücktauschen muss, veranstalten Cecilia Asoro und Leyla ein Tutorial zum Thema zyklusunabhängiger Kopulationsakt. Cecilia beschreibt in einer Art Method-Acting-Performance, wie sie mal nachts acht Stunden versucht hat, einen "Schwamm da unten rauszuziehen".

Bei besagtem Schwamm handelt es sich, das nur als Disclaimer für alle, die nie am "Bachelor" teilgenommen haben, um eine Vorrichtung (das lerne ich von Leyla Lahouar) die dafür sorgt, "dass man vögeln kann auch wenn man seine Tage hat". Leyla ist anscheinend ebenfalls Expertin. Denn neben Cecilia ("das war das Schlimmste, was ich meiner Pietschka antun konnte!") hat auch Leyla eine schwammige Vorgeschichte: "Ich habe nachts meine Mutter geweckt und ihr gesagt, sie muss mir den Schwamm aus der Monika ziehen!"

Niveauseitig mag das ein Rückschritt zu Sinans P.Diddy-artiger Sexparty-Beichte vom Vortag sein, aber immerhin hat PBB jetzt seine eigenen "Vagina Monologe". Und die letzte Monika, die an kompromittierenden Körperregionen für Furore gesorgt hat, ist ja auch schon lange her. Das muss etwa so 1998 im Oval Office gewesen sein. Und eine Lebensweisheit für die Ewigkeit spendiert uns Schwamm-Testerin Leyla Lahouar noch gratis dazu: "Ich würde diesen Schwamm nie wieder nehmen. Ein guter Seemann sticht auch ins Rote Meer oder man lässt es bleiben!"

Elena Miras und Matze Höhn fällen vernichtendes Urteil über Sinan Movez

Anschließend fällen Elena Miras und Matze Höhn ein weitestgehend vernichtendes Urteil über Mitbewohner Sinan Movez: "Er ist der Kandidat, der immer erst in alle Kameras schaut, weil er unbedingt im Fernsehen Karriere machen möchte!" Elena Miras hingegen hat ja nur deshalb bislang in etwa 592 Reality-Formaten mitgewirkt, weil sie über eine Ausbildung zur Tontechnikerin nachdenkt.

Zum Glück ist dann aber auch schon wieder Zeit für die nächste Erlösung. Big Brother entlässt einen weiteren zum Abschuss freigegebenen Kandidaten von der Nominierungsliste in die Containerfreiheit: Matze Höhn. In Exit-Angst verbleiben somit Jochen Horst und Verena Kerth.

Vor der Verkündung des offiziellen Voting-Verlierers wird aber erst noch schnell das Schutzverhalten von Elena querdiskutiert. Die hatte am Vortag ihre Challenge gewonnen und durfte einen Kandidaten vor der Nominierung schützen. Fans, Zuschauer und wohl auch die Containerbesatzung hatten mit Sarah gerechnet, denn Sarah hatte zuvor zugunsten von Elena auf den Schutz verzichtet und Elena hatte geschworen "ich werde dich immer schützen!"

Bei der ersten Gelegenheit dazu wählt sie allerdings aus unerfindlichen Gründen Sinan. Das macht Sarah schlechte Laune und lockert einigen anderen Mitbewohnern die Lästerzunge. Als die nicht unbedingt als Deeskalationsexpertin bekannte Elena Miras davon Wind bekommt, hängt der Haussegen schief, Matze Höhn kanzelt sie mit "Wenn du mir was zu sagen hast, kannst du mir das ins Gesicht sagen!" ab, nur um danach ohne Umwege ins Schlafzimmer zu eilen und Jochen, Verena und Mimi darüber zu informieren, dass Sarah schlecht über sie redet. Im qualitätsoriginellen Internet wird ihr anschließend vermehrt Doppelmoral vorgeworfen, aber Kommentarspalten auf Social Media sind nie ein gutes Umfeld für niveaubasierte Fachbeiträge.

Es soll in diesem Internet sogar Leute geben, die den Rücktritt von Annalena Baerbock fordern, nur weil sie in einen Visa-Skandal verwickelt ist, zahlreiche harte Antisemiten zum Dinner empfängt, das sie eigentlich lieber geheim halten wollte, dann die Namen der Teilnehmer nicht verraten will und parallel dazu auch noch Waffenlieferungen an Israel blockiert. Inzwischen kann offenbar jeder ins Internet schreiben, der ausreichend technische Fähigkeiten hat, sich in ein freies W-Lan einzuwählen.

Auch Elena ist empört: "Ich hasse Hinterfotzigkeit und es ist so schlimm, dass sich Leute hier drin verbinden müssen, um stark zu sein!" Womit sie sich verbinden, lässt sie offen. Auch über den Winterdienst im Falle eines spontanen Wetterumschwungs auf Schneesturm denkt sie aktiv nach: "Streut keine Scheiße!" Glücklicherweise kennt Elena sich mit den technischen Modalitäten eines Kasernierungsformates wie "Promi Big Brother" ganz gut aus und kann sich damit trösten: "Hier sind überall Kameras und die Zuschauer sehen alles, das ist meine Beruhigungstablette!" Bitte nicht verwechseln mit Alida Kurras - das ist eine Schlaftablette.

Verena Kerth hat keine große Fanbase

Dann ist es aber endlich so weit. Nach 543 quälenden Werbepausen, umrahmt von einem eher comedypreisunverdächtigen Gag-Feuerwerk des teleprompterrobusten Späßchenduos Schropp/Lufen, wird Verena Kerth als erstes Besatzungsmitglied des Trash-TV-Quotendampfers "Promi Big Brother" ausgewildert und muss den Container verlassen. Da werden natürlich Erinnerungen wach. Und zwar an ihren 2023er Auftritt im Dschungelcamp, wo die Zuschauer sie ebenfalls als erste nach Hause schickten.

Hier scheint sich ein Gesetz der Serie anzubahnen. Man muss kein hauptberuflicher Tendenzanalytiker sein, um festzustellen: Verena Kerth scheint eine Fanbase zu besitzen, die entweder deutlich kleiner ist als landläufig angenommen, oder die weiträumig ihre Handyrechnungen nicht bezahlt hat und daher am Televoting nicht aktiv teilnehmen kann. Gerührt jedenfalls fallen ihr alle 13 Mitstreiter um den Hals. Kein Wunder, in dieser Sekunde denken ja alle noch, sie wären erstmal außer Gefahr.

Eine gute Nachricht gibt es aber sogar für die Erstrausgeworfene Verena: Anders als seinerzeit in Australien erwartet sie in der realen Welt nicht Marc Terenzi mit einem Verlobungsring, sondern Jochen Schropp mit angenehmem Körpergeruch. Nach zehn Tagen im hygienesenilen Container würde aber vermutlich auch ein Eierkuchen fantastisch riechen, der die letzten 500 Tage bei 40 Grad auf der Heizung vor sich hin gärte. Und allein bleibt sie auch nicht an diesem kalten Kölner Oktoberabend. Ein weiterer PBB-Stratege wird das Haus umgehend verlassen. Dafür sind alle verbliebenen Protagonisten nominiert. Die Zuschauer schützen zunächst Sarah, Matze, Leyla, Mike Heiter, Max, Mimi, Jochen Horst und Elena.

Es verbleiben Alida, Cecilia, Daniel, Sinan und Bea. Um den Gefühlstsunami komplett zu machen, schützen die nicht nominierten Bewohner anschließend in einer Kampfabstimmung Cecilia, die sich am Ende bei Gleichstand mit Alida als Tagesteamchefin selbst schützt. Somit gehen Bea, Daniel, Alida und Sinan in die entscheidende Challenge in der Games-Arena.

Alida hat offenbar ein Attest ihres Hausarztes dabei, wird sie aus gesundheitlichen Gründen von Cecilia vertreten. Es treten also an: Team Daniel/Sinan gegen Team Cecilia/Bea. Das Männerteam obsiegt und rettet sich. Damit ist sicher: Nach Verena Kerth wird noch eine zweite Frau den Container verlassen. Die Zuschauer verschonen am Ende Big-Brother-Urgestein Alida Kurras, während sie Boulevardreporterin Bea Peters mit einer Zwangsräumungsklage die Weiterfahrt ins Finale verwehren.

Da nun bis zum kommenden Final-Montag nur noch sechs weitere Folgen PBB-Drama vor uns liegen, wird sich dieses langatmige Aussieb-Szenario wohl noch recht häufig wiederholen. Wenn man davon ausgeht, dass vermutlich nicht mehr als vier Kandidaten die Finalshow erreichen werden, muss ab jetzt im Schnitt mehr als ein Kandidat pro Tag die Koffer packen. Wer das morgen sein wird, erfahren Sie dann genau hier! Bis dann!

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