Der fünfte Tag im Containerparadies für Ex-Berühmtheiten am Karrierescheideweg beginnt motivationsfördernd und müdigkeitsbekämpfend sehr früh am Morgen.

Eine Kolumne
Diese Kolumne stellt die Sicht von Marie von den Benken dar. Informieren Sie sich, wie unsere Redaktion mit Meinungen in Texten umgeht.

Es gibt unterschiedlichste Möglichkeiten, quotenstabilisierend in eine neue Ausgabe einer Reality-TV-Livesendung zu starten. Goldstandard, um sowohl die erwartungsfroh auf Trash-Kulmination wartende Fangemeinde wie auch die zufällig aus dem vorangegangenen Programm versehentlich hängen gebliebenen Zufallsbeobachter sowie die beim Zappen vorbeischlendernde TV-Laufkundschaft zum Bleiben zu animieren, ist der so genannte Cold Opener.

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Peinlicher Start in die Folge

Ein Teaser, der ohne einordnenden Kontext oder Moderation die Skandal-Sätze und Fremdschäm-Momente der kommenden Stunden gezielt anteasert. Alternativ wird gerne auch einfach live in das Reality-Szenario geschaltet, um ein Gefühl totaler Nahbarkeit zu erzeugen.

Oder man lässt die Schnappatmungs-Momente der Vortage nochmals schnell Revue passieren, um die Vorfreude auf eine adäquate Fortsetzung zu schüren. Einzig die Variante, die sich die Intro-Beauftragten von Sat.1 für die fünfte Episode der beliebten Familienunterhaltung "Promi Big Brother" erdacht haben, dürfte keine größere Zukunft im Willkommens-Portfolio der D-Promi-Aufarbeitungsindustrie haben.

Das etablierte PBB-Moderationsduo Jochen Schropp und Marlene Lufen liefert sich zum Start der Abschlussfeier des ersten Drittels der 2024er "Promi Big Brother"-Saison nämlich ein Rap-Battle, das weder lyrisch noch poetisch oder aus Performancesicht in die Ahnengalerie genrebeschreibender Hip-Hop Geschichtsbücher Einzug halten wird.

Das erste Learning der Staffel lautet daher: Es ist kein Zufall, dass weder Jochen Schropp, noch Marlene Lufen zum Stammpersonal der Fantastischen Vier gehören. Ob das der Grund ist, warum zuletzt nur noch 380.000 Zuschauer aus der werberelevanten Zielgruppe die Verbal-Diarrhöe der 14 Containerinsassen verfolgen wollten, bleibt aber Spekulation.

Zuschauerabfall bei Raab

Der Sender selbst übrigens zeigt sich mit den daraus resultierenden 13,5 Prozent Marktanteil absolut zufrieden. Das mag damit zusammenhängen, dass sich zu so später Stunde ohnehin nur noch knapp 2,8 Millionen Menschen überhaupt vor ein lineares TV-Format verirren und dass selbst Deutschlands größte TV-Hoffnung seit Heinz Schenk, Stefan Raab, nach recht opulenten 1,5 Millionen Zuschauern (alle mit RTL Plus Abo) bei seiner Comeback-Sendung nur drei Wochen später auch bei nur noch 430.000 freiwilligen Verfolgern angekommen ist. Wenn Raabs Zuschauerschwund in diesem Tempo weitergeht, werden spätestens zur sechsten Folge mehr Zuschauer die Sendung live im Studio verfolgen als an den heimischen TV-Geräten.

Nach dieser formalstatistischen Betrachtungsweise hat "Promi Big Brother" natürlich einen großen Vorteil: Schon am 21. Oktober steigt das große PBB-Finale - und dann geht "Promi Big Brother" sowieso erstmal planmäßig in eine mindestens einjährige Winterpause. Mit einer vorzeitigen Absetzung des Formates ist also selbst dann nicht zu rechnen, wenn am Ende nur noch der Mann von Bea Peters, Julian F.M. Stoeckel, die beiden Kinder von Marlene Lufen, Rainer Laux, die Wollnys, Dilara Kruse, Marc Terenzi und ich zuschauen.

Bei Stefan Raab hingegen... naja, anderes Thema. Und einen Platz bei "Promi Big Brother" 2025 hätte Raab ja immer noch sicher, selbst wenn er das größte Comeback der TV-Geschichte mit Quoten wie bei "Die schönsten Bahnstrecken zwischen Cottbus und Schwerin" an die Wand fährt. Es könnte allerdings sein, dass er dann über sein etwas sperrig benanntes Comeback-Format "Du gewinnst hier nicht die Million bei Stefan Raab" und RTL dasselbe sagt wie Container-Dreiecksqueen Leyla Lahouar über PBB und Mike Heiter: "Dieses Format hat unsere Beziehung gefickt!"

"Looking for Freedom"

Damit neben der Beziehung von Leyla und Mike auch noch die Hüften von Daniel Lopes und Jochen Horst in Mitleidenschaft gezogen werden, weckt der Frühdienst von Sat.1 die PBB-Belegschaft heute mit dem Soundtrack der Wiedervereinigung: David Hasselhoffs "Looking for Freedom". Als die inoffizielle Nationalhymne Sachsen-Anhalts im März 1989 in die deutschen Charts einstieg, waren mit Sarah Wagner, Sinan Movez, Layla Lahouar, Matze Höhn, Mike Heiter, Cecilia Aroso und Elena Miras genau die Hälfte der PBB-Teilnehmer noch gar nicht geboren.

"Looking for Freedom" hielt sich dennoch für 25 Wochen in den Charts, acht davon auf der Pole Position. Kein Wunder, dass die die Erinnerung an bessere Zeiten auch bei Jochen Horst die derweil recht eingerosteten rhythmischen Qualitäten seiner Lendengegend schlagartig wiederbelebt.

Inzwischen ist David Hasselhoff nicht mehr Looking for Freedom sondern eher Looking for schnelles Geld und macht sogar Werbung für Essens-Lieferdienste, die früher mal Taxen vermittelt haben. In den Achzigern hat er noch selbst geliefert. Bombastische Quoten nämlich.

Etwa mit "Knight Rider" oder "Baywatch". Seit er die Berliner Mauer niedergesungen und den Deutschen fünf neue Bundesländer geschenkt hat, ist es für ihn karriereseitig auch nicht unbedingt optimal gelaufen. 2013 zog er zur Debutstaffel sogar selbst in den "Promi Big Brother" Container ein, verließ das Qualitätsformat aber bereits nach fünf Tagen freiwillig. Und das, obwohl er mit der späteren Siegerin Jenny Elvers sowie den Showlegenden Marijke Amado, Martin Semmelrogge, Georgina Fleur und Lucy Diakovska als neu formierte Discotruppe sicher neue Chartrekorde gebrochen hätte.

Verena packt alte Kamellen aus

Weil sie – trotz langjähriger P1-Erfahrung – offenbar nicht so gut tanzen kann wie die Wildecker Herzbuben des Hüftschwungs, das Party-Duo Horst/Lopes, aber auf schlagzeilenträchtige PBB-Momente auch aus formatüberlebensstrategischen Gründen nicht verzichten kann, zwängt Spielerfrau-Prototyp Verena Kerth ihre inzwischen 21 Jahre alte Liebesgeschichte mit Titan-Lover Oliver Kahn auf.

Selbstverständlich klimpert sie dabei das Einmaleins der Fußballergespielinnen runter, als wäre sie Klischeepianistin: Sie wusste nicht, wer er ist. Sie hatte keine Ahnung von Fußball. Mehmet Scholl war ihr Nachbar und hat die beiden rein zufällig vorgestellt. Paparazzi haben ihr jahrelang überall aufgelauert. TV-Übertragungswagen haben vor ihrem Haus campiert. Ihre Mutter musste ihr Grundstück im Kofferraum eines Nachbarautos verlassen.

Ein schwereres Schicksal ist auch 16 Jahre nach Beendigung der Kahn/Kerth-Liaison kaum vorstellbar. Und mit Amira Aly konnte ich zuletzt leider nicht ausführlich sprechen.

Um zumindest anekdotisch ein wenig echtes Drama in den tristen Containeralltag zu bringen, berichtet Playboy-Protagonistin Cecilia anschließend der Runde von ihrer Handlesefrau, die ihr allerlei Dinge vorhergesagt hat, die dann auch eintrafen - und dass diese Frau "schon mal tot war". Schon mal tot und trotzdem plötzlich bei "Promi Big Brother" wieder lebendig, das kennt man sonst nur von den Karrieren der Teilnehmer.

Max Kruse hat ebenfalls noch eine Exklusivmeldung für die Klatschpresse. Nach seinem Escort-Girl-Beichte vom Vortag zeigt er sich heute erwachsen-familiärer und beteuert, dass es durchaus wahrscheinlich ist, dass er und seine Frau Dilara in der Zukunft "noch Kinder bekommen werden".

"Sie hat ein unglaublich interessantes Gesicht, also da kann man spazieren gehen!"

Jochen Horst über seine Konkurrentin Elena Miras.

Ganz andere Highlights identifiziert Altmacho Jochen Horst für sich: "Ich bin schockverliebt in Elena Miras. Sie vereinigt alle spanischen Frauen in sich!" Das sind aktuell etwa 23,4 Millionen. Damit ist Elena definitiv eine Kandidatin für das Guinnessbuch der Rekorde. Stichwort Guinness: Jochen Horst ist mit seiner Hommage an Elena noch lange nicht am Ende: "Sie hat ein unglaublich interessantes Gesicht, also da kann man spazieren gehen!" Ich habe ja durchaus auch schon das eine oder andere Kompliment erhalten, aber "auf deinem Gesicht kann man spazieren gehen" ist wirklich noch mal eine ganz neue Kategorie.

Sieht bestimmt auch sehr romantisch aus, wie Jochen Horst liebestrunken auf dem Gesicht von Elena Miras spazieren geht. Bevor er sich aber seine Gesichts-Wanderschuhe anzieht, hat er noch ein paar Lobeshymnen-Details für Elena in der Hinterhand: "Sie ist taff, sie hat eine Berufsausbildung, sie spart auf ein Haus, ich finde das toll!" Was genau Horst im Zusammenhang mit Elena Miras mit Berufsausbildung meint, erläutert er nicht weiter. Wahrscheinlich geht er davon aus, Trash-TV-Formatswinger wäre ein Ausbildungsberuf.

Mimi/Jochen vs. Verena/Daniel

Um am Ende auch die Nominierungs- und Geschütztlisten weiter zu füllen, müssen auch an Tag fünf wieder zwei Teams in der Arena der Langeweile gegeneinander und gegen den besten Games-Moderator seit Werner Schulze-Erdel antreten.

Wildcard-Sarah wählt Mimi Fiedler und Jochen Horst in Team A. Team B bestückt sie mit Verena Kerth und Daniel Lopes. In einer Art Blinddate-Bubble-Fußball gewinnen Mimi/Jochen gegen Verena/Daniel und harren anschließend der meist für das Verliererteam nicht zwangsweise optimalen Dinge, die da kommen werden. Und tatsächlich ist heute alles anders als an den Tagen zuvor.

Es ergeht nämlich das erste direkte Urteil des Publikums. Es wird bei einer öffentlichen Verhandlung gegen Mimi und Jochen gefällt. Die Mehrheit der Voting-Jury entscheidet sich dafür, die sexhungrige Bald-Dating-Queen Mimi zu schützen. Sie kann für den ersten Auszug nicht mehr nominiert werden.

Lange Zeit zu feiern, bleibt ihr allerdings nicht, dann unmittelbar nach der für sie erleichternden und Zuversicht spendenden Nachricht müssen sich auch Daniel und Verena dem Urteil des Couch-Tribunals stellen. Jetzt aber mit einer weniger charmanten Urteilsvollstreckung. Einer von beiden gesellt sich zu Leyla, Max, Sinan und Sarah auf die Nominierungsliste.

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Nudeln, Eier und Tomatenmark

Um trotz der erweiterten Schockliste wenigsten ein bisschen gegen den Hunger getan wird, muss Escort-Girl-Legende Max Kruse in den Späti. Glücksraderprobt erpokert er 14 Euro zum Einkaufen. Mit diesem für 14 Bewohner recht überschaubaren Budget entscheidet er sich für etwa 7 Kilo Hartweizennudeln, 50 Eier und etwa 40 Liter Tomatenmark.

Ein Festessen für die nicht nur intellektuell ausgehungerten PBB-Gourmets. Mit gefüllten Mägen ist es eventuell auch leichter zu ertragen, wenn an Tag sechs womöglich erstmals ein Kandidat rausfliegt.

Das jedenfalls hoffen die dramaverwöhnten Elitezuschauer. Ich persönlich tippe allerdings eher darauf, dass Sat.1 das etablierte Vorgehen, täglich einen Platz auf der Nominierten-Liste und einen Platz auf der Gesicherten-Liste zu vergeben, noch zwei weitere Tage durchzieht, bis jeder der 14 Kandidaten auf einer der beiden Listen steht. Und erst dann das große Promireinemachen beginnt und die Abschussliste abgearbeitet wird.

Aber ich bin keine Hellseherin, es bleibt also spannend. Spätestens morgen wissen wir aber schon mehr. Bis dann!

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