2013 war Österreich noch mehrfach bei den Oscars vertreten, heuer ist kein heimischer Filmschaffender für einen Preis vorgesehen. Sind die Jahre der Aufmerksamkeit für den österreichischen Film vorbei?

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Bei der diesjährigen Oscarverleihung ist wenig Heimatgefühl aufgekommen: Auch wenn Österreich die vergangenen Jahre immer wieder stark beim prestigeträchtigsten Preis der Filmbranche präsent war, sind wir 2014 in der Nominierungsliste nicht vertreten. Zu Recht? Oder wurden wir heuer schlicht übersehen?

Immerhin hat der österreichische Film im neuen Jahrtausend oft genug gepunktet: 2008 nahm der Wiener Stefan Ruzowizky den Preis für den "Besten fremdsprachigen Film" für seine Zweite-Weltkriegs-Geschichte "Die Fälscher" mit nach Hause, 2013 wurde Michael Haneke für sein Kammerspiel "Amour" in der gleichen Kategorie ausgezeichnet. Im selben Jahr gewann auch der in Wien geborene Schauspieler Christoph Waltz den Oscar als "Bester Nebendarsteller" für seine Rolle in Quentin Tarantinos Blutwestern "Django Unchained" – eine kreative Konstellation, die Waltz schon 2010 den Oscar für Tarantinos Kriegsdrama "Inglourious Basterds" bescherte.

Auch in Punkto Nominierungen hat Österreich in den vergangenen Jahres stetige Präsenz gezeigt: Hanekes "Amour" war in den Kategorien "Bester Film", "Beste Regie" und "Bestes Originaldrehbuch" nominiert; sein voriger Film "Das weiße Band" hatte 2010 Chancen auf den "Besten fremdsprachigen Film". 2009 war Götz Spielmann mit seinem Drama "Revanche" im Rennen, 2006 Hubert Sauper mit der Doku "Darwin's Nightmare", und 2002 trat Virgil Widrich mit seinem experimentellen Kurzfilm "Copy Shop" an.

Österreich steht im Rampenlicht

Gerade die Nominierungen zeigen mehr noch als die tatsächlich gewonnenen Preise eine erhöhte Aufmerksamkeit für den österreichischen Film: Die meisten Österreich angerechneten Oscar-Kandidaten vor dem Jahr 2000 waren emigrierte Filmschaffende, die schon lange in den Staaten tätig waren – ob Autor und Regisseur Billy Wilder ("Das Appartement", 1961), Komponist Erich W. Korngold ("Robin Hood, König der Vagabunden", 1939) oder Produzent Sam Spiegel ("Die Faust im Nacken", 1955).

Somit ist ein völliger Mangel an Nominierungen gerade nach dem "austrifizierten" Vorjahr reichlich ernüchternd. Allerdings muss auch eingeräumt werden, dass es dieses Jahr nicht allzu viele Oscar-kompatible Optionen gibt: Der Witz der jüngsten Harald-Sicheritz-Bosheit "Bad Fucking" funktioniert international kaum, Marvin Krens "Blutgletscher" scheitert schon an der Abneigung der Academy gegen Horrorfilme, und Ulrich Seidls "Paradies: Hoffnung", der dritte Teil seiner Paradies-Trilogie, ist schlichtweg schwer zugänglich. Neben der Arbeiterkomödie "Die Werkstürmer" von Andreas Schmied erschiene Götz Spielmanns neues Drama "Oktober November" am ehesten als Kandidat für den "Besten fremdsprachigen Film" geeignet zu sein – aber so richtig passt der nachdenkliche Film über das Sterben auch nicht zu der üblichen Oscar-Auswahl, bei der die ganz leisen Töne selten gefragt sind.

Wir machen die Filme, die andere nicht machen

So erfreulich es wäre, weiter auf internationaler Ebene Anerkennung zu erfahren – der österreichische Film muss sich keine Sorgen machen, ins Hintertreffen zu geraten. Nach wie vor bietet die heimische Filmlandschaft die Qualitäten, die sie in den letzten Jahren ins Rampenlicht gerückt haben: "Unsere" Filme greifen Themen auf, die anderswo unbehandelt bleiben (Haneke), sie stellen unbequeme Fragen und sezieren soziale Verhältnisse ohne Verklärung (Seidl), und sie stellen menschliche Beziehungen in den Vordergrund (Spielmann). Ganz nebenbei wächst in den vergangenen Jahren ein Publikumskino heran, das mit Filmen wie dem Horrorthriller "In 3 Tagen bist du tot" oder dem kürzlich angelaufenen Heimatwestern "Das finstere Tal" zeigt, wie der österreichische Film trotz aller Experimentierfreude auch dem klassischen Erzählkino etwas zu bieten hat.

2013 dürfte also nicht das letzte Jahr gewesen sein, bei dem Österreich den Oscar erhält. Wer ganz genau hinschaut, kann sogar feststellen, dass heuer zumindest ein Film dabei war, an dem ein Österreicher maßgeblich beteiligt war: Bei dem Trickfilm "Für Hund und Katz ist auch noch Platz" von Max Lang und Jan Lachauer, der als "Bester animierter Kurzfilm" ins Rennen ging, war der Salzburger FH-Absolvent Andreas Hummel als "Compositing Supervisor" tätig. Auch ohne direkte Nominierung bleiben unsere Filmschaffenden also preisverdächtig.

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