Es ist die teuerste Netflix-Produktion aller Zeiten, doch Kritiker sind sich schon jetzt einig: "The Electric State" mit Millie Bobby Brown und Chris Pratt ist ein Desaster. Wir haben den Film gesehen und finden: So schlimm ist er auch wieder nicht.
Walt Disney ist schuld. In "The Electric State" (ab 14. März auf Netflix) entwickelt das Unternehmen in den frühen 90er-Jahren die ersten Roboter, die in den Vergnügungsparks des Konzerns arbeiten sollen.
Entsprechend sehen sie aus: eine laufende Erdnuss mit Zylinder, rollende Postautomaten oder riesige Katzen. Es ist der Beginn eines globalen Erfolgs: Roboter übernehmen alle Aufgaben und Arbeiten, auf die Menschen keine Lust haben.
Doch das reicht ihnen nicht, sie fordern mehr Mitspracherecht – ein Krieg bricht aus. Als die Menschen kurz davor stehen, diesen zu verlieren, schaffen sie es, ihr Bewusstsein in neu entwickelte Kampfroboter zu übertragen.
Das ist die Wende für den Konflikt zwischen Mensch und Maschine. Die drollig aussehenden Verlierer werden hinter einer Mauer in ein Reservat in Mexiko verbannt.
Auch für die Menschheit ändert sich das Leben: Dieselben Helme, mit denen sie die Kampfroboter steuerten, nutzen sie jetzt, um all die lästigen Dinge zu erledigen, auf die sie keine Lust haben. Zum Beispiel zur Arbeit zu gehen. Während der Roboter im Büro schuftet, sitzen die Bürger auf der Couch und trinken Cocktails mit Supermodel
Eine, die sich dem ganz verweigert, ist
Als eines Nachts ein Roboter aus einer Kinder-TV-Serie bei ihr auftaucht, ändert sich alles: Der kann zwar nur in Catchphrases sprechen, behauptet aber, ihr Bruder zu sein, der noch am Leben ist – und von der Firma gefangen gehalten wird, die die Kampfroboter entwickelt hat.
Gemeinsam mit dem ehemaligen Soldaten und mittlerweile Schmuggler Keats (
"The Electric State": Schon vor dem Start verrissen
So weit, so vielversprechend, doch das Internet ist ein grausamer Ort. Noch bevor "The Electric State" am 14. März auf Netflix startet, bricht eine Welle von Verrissen über den Science-Fiction-Film herein. "Verschwendetes Potenzial", "nicht ein einziger Lacher", "keine Seele, keine Originalität", "einer der schlechtesten Filme des Jahres", heißt es in den ersten Kritiken.
Nur 23 Prozent erhielt die Netflix-Produktion auf "Rotten Tomatoes", einem Portal, das Rezensionen sammelt. Dass "The Electric State" mit geschätzten 320 Millionen US-Dollar der teuerste Film des Streaminganbieters aller Zeiten ist, macht es nicht besser.
Würde der Streifen im Kino starten, wäre er innerhalb weniger Tage wieder abgesetzt. Glücklicherweise muss sich Netflix nicht damit herumärgern, was die Kritiker sagen, denn wenn die Zuschauer keine Kinokarte kaufen müssen, sind sie bei weitem nicht so wählerisch wie Filmjournalisten.
Zunächst einmal: So schlimm ist "The Electric State" gar nicht. Der Netflix-Film sieht wahnsinnig gut aus und gehört auf eine möglichst große Abspielfläche, das für ein reines Streaming-Produkt irre Budget ist nicht zu übersehen.
Roboter und Menschen interagieren fließend miteinander, wo CGI anfängt und wieder aufhört, ist kaum zu sehen. Und: "The Electric State" kann auch witzig sein. Was immer dann zum Tragen kommt, wenn Keats und sein Roboter-Kumpel ihren eigenen Buddy-Movie fahren und sich die Sprüche um die Ohren hauen.
Außerdem ist der Science-Fiction-Film unheimlich gut besetzt. Neben Brown und Pratt spielen in "The Electric State" Stanley Tucci den Oberbösewicht Dr. Amherst und Giancarlo Esposito einen Elite-Killer. Woody Harrelson spricht den Roboter-Präsidenten "Mr. Peanut".
Dünne Story, dünne Action
Das kann aber nicht von den vielen Schwächen von "The Electric State" ablenken. Es fängt damit an, dass Hauptdarstellerin Millie Bobby Brown zwar erst 21 Jahre alt ist, aber keineswegs wie ein Teenager aussieht.
Oder dass Chris Pratt in "The Electric State" mal wieder eine Variante seiner Rolle als "Star Lord" aus "Guardians of the Galaxy" gibt – inklusive exzessivem Einsatz von Classic Rock. So steigt Pratt bei seiner ersten Szene im Film wirklich sehr langsam zu Danzigs Mitgröhl-Hit "Mother" aus einem Truck. Ist irgendwie cool, mittlerweile aber auch ziemlich ermüdend.
Weiter geht es mit einer dünnen Story aus diversen SciFi-Versatzstücken, mit den stets gleichen Charakter-Stereotypen, die sich auf dieselbe Art und Weise entwickeln. Auch die Action-Sequenzen, die sich alle zehn oder fünfzehn Minuten pünktlich aneinanderreihen, bleiben kaum im Gedächtnis.
Und das, obwohl die Russo Brothers als Regisseure fungieren – immerhin haben sie Marvel's "Avengers: Endgame" und zwei "Captain America"-Filme realisiert, aber auch US-Comedy-Perlen wie "Arrested Development" und "Community".
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So ist "The Electric State" ein weiteres Beispiel für das, was herauskommt, wenn ein Streaming-Portal anhand von Sehgewohnheiten entscheidet, wie ein Film gedreht und geschrieben werden muss, damit er möglichst viele Menschen interessiert; wie schon bei dem Prinzessinnen-und-Drachen-Abenteuer "Damsel" (ebenfalls mit Millie Bobby Brown) oder der Agenten-Action "The Gray Man" (wieder von den Russo Brothers).
"The Electric State" ist solide, halbwegs unterhaltsam, nicht zu herausfordernd, schnell vergessen. Aber eben auch nicht mehr. Schade eigentlich.