Die Millionenshow feiert ihr 15-jähriges Jubiläum mit einer über zweistündigen Sonderfolge. Der Partyteil fällt minimal aus, dafür sitzen Kandidaten mit Show-Vergangenheit im Sessel. Was ist passiert, was haben wir gelernt?
Wie hoch ist die Wahrscheinlichkeit, dass man gleich zwei Millionenshow-Fragen hintereinander nur durch Raten richtig löst? 1/2, 1/4, 1/10 oder 1/16? Da kommt der Pensionist Alois Wiesinger ganz schön ins Schwitzen. Sein Bauchgefühl sagt ihm, dass es 1/2 irgendwie nicht sein kann – aber erklären kann er's auch nicht. "Wie stehen denn die Chancen bei nur einer Frage?", hilft Moderator Armin Assinger ziemlich offensichtlich. "Eine richtige, drei falsche, also eins zu drei", rätselt Alois nach langer Denkpause. Oje, das wird noch dauern.
Eine lange Zeit
Die Dauer ist überhaupt das größte Merkmal der Jubiläumssendung der traditionsreichen Millionenshow, die gestern ihren 15. Geburtstag feiern konnte. Fast zweieinhalb Stunden lief die Show, mehr als doppelt so lang als die normalen Sendungen – obwohl über weite Strecken eigentlich Business as usual herrschte: Fragen, Raten, Antworten, etwas Spannung und viel Geld – alles so wie bei "Wer wird Millionär?", nur nicht mit
Ein paar Einspieler gaben ein paar Rückblicke auf die 15 Jahre der Show, die 2000 noch unter dem Titel "Alles ist möglich" von Rainhard Fendrich moderiert wurde und seit 2002 vom ehemaligen Skirennläufer Assinger über die Abendunterhaltungspiste geführt wird. Man sah Kandidaten von damals, ein paar Promis, ein paar heitere Antworten auf knifflige Fragen – alles ganz charmant, aber auch kurz und bündig gehalten.
Kandidaten mit Tradition
Die vier Kandidaten waren dafür Leute, die schon einmal in der Millionenshow waren. Der gute Herr Wiesinger beispielsweise, der sich mit der Rechenaufgabe so schwer tut, war schon in der allerersten Folge der Sendung Gast. Nachdem er in den 15 Jahren nach eigenen Angaben höchstens 20 Folgen verpasst hat und sich zuhause ein eigenes Wissenslexikon mit mittlerweile über 5000 Begriffen zusammengestellt hat, könnte man davon ausgehen, dass die Antworten bei ihm wie aus der Pistole geschossen kommen. Stattdessen wiegt er jede Möglichkeit quälend lange ab und schafft es mit seinen vier Jokern mit Müh und Not auf 30.000 Euro.
Am lebhaftesten war Tobias Altmann, der mit 10 Jahren im Jahre 2004 Kandidat einer "Junior"-Sonderausgabe und damit der jüngste Teilnehmer der Quizshow war – angeblich weltweit, behauptet Armin Assinger. Altmann brachte sympathische Ambitionen mit: Für eine neue Waschmaschine für die Studenten-WG sollte es reichen. Außerdem hat ihm die Oma zuhause sanften Druck gemacht: "Unter 500 kummst ma ned ham!"
Rechtschreibung und der Faust-Prolog
Weil er Tobias offenkundig mag, half ihm Assinger dann auch bei einer frühen Frage so offensichtlich, dass die Stufe fast geschenkt war. Dafür musste Tobias eine der gefürchteten Rechtschreibfragen aufdröseln: Fahren Kinder gerne auf einem Karrussell, einem Karussell, einem Karrusell oder einem Karrussel? "Das ist eine dieser Fragen, wo jeder zuhause sitzt und denkt: Oida, wos hod er'n?", lacht Tobias, der bei der Frage wie die meisten ohne Word-Rechtschreibprüfung lange überlegen muss.
Im Publikum saß Tobias' Freundin, die man vor Stolz gelegentlich fast platzen sah – vor allem bei der Frage, womit Goethes "Faust" beginnt. Da wusste Tobias nicht nur die richtige Antwort – der Prolog im Himmel – sondern erzählte auch gleich, was da passiert. Sehr stolz war sie auch zum Schluss, als Tobias bei der 75.000-Euro-Frage die Notbremse zog und mit 30.000 nach Hause ging. Die Frage wäre gewesen: Wo gibt es heute noch zweistöckige Straßenbahnen? Die Antwort: Hongkong – Tobias neigte zu San Francisco. Gut taktiert – und für die gewonnenen 30.000 kann er sich sogar ca. 75 Waschmaschinen kaufen!
Man lernt nie aus
Wie immer hat man auch nach dieser Folge ein paar interessante Daten gelernt: Die südafrikanische Flagge ist mit 6 Farben die bunteste. Beim Herz verrichten zwei sogenannte Taschenklappen ihren Dienst. Die Hauptstadt von Korsika heißt Ajaccio. Und die Kármán-Linie bezeichnet eine gedachte Linie zwischen Erdatmosphäre und Weltraum. Letztere Antwort wäre übrigens schon 150.000 Euro wert gewesen.
So verbrachte man die Jubiläumsfeier eigentlich mit genau dem, was sonst auch immer passiert – nur in ausufernder Länge. Bei solch anhaltendem Erfolg wäre vielleicht mehr drin gewesen, als im Schneideraum eine Handvoll kurzer Nostalgie-Zusammenschnitte in Auftrag zu geben. Aber sei's drum: Die Show konzentriert sich eben auf das, was all die Jahre über funktioniert hat. Herzlichen Glückwunsch – auf die nächsten 15!
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