In dem Film "Hotel Rock’n’Roll" schlüpft Michael Ostrowski in zwei Rollen - er ist Hauptdarsteller und liefert gleichzeitig sein Regie-Debut ab. Im Interview spricht der Steirer über Kernöl-Schmäh, schrille Optik und den Tod seines Kollegen Michael Glawogger.

Ein Interview

Michael, wenn man so lange an einer Story rund um das "Hotel Rock’n’Roll" bastelt, überkommt einen da nicht die Lust selbst zum Hotelier zu werden?

Mehr News über TV-Shows

Michael Ostrowski: Sicher schlummert in mir auch irgendwie ein Hotelier, aber die Lust Gast zu sein ist derzeit noch deutlich größer.

Du hast ja auch den präsentesten Song des Films, den Titel der Hotelband "Futschikato" selbst geschrieben – wie viel Rockstar steckt in dir?

Was den Song betrifft: Die Lyrics stammen von mir und die Musik habe ich gemeinsam mit Norbert Wally von The Base geschrieben. Mit 14 hatte ich eine Band. Eine Spaßpartie, aber damals ging ich eigentlich nicht davon aus, eines Tages Musiker zu werden. Andererseits habe ich auch als Schauspieler immer wieder gesungen, am Theater oder in Operetten.

Welchen Stellenwert hat Rock’n’Roll in deinem Leben?

Wenn man es auf die Musik bezieht, dann begleitet mich Rock’n’Roll von Anfang an. Von Elvis, über die Beatles bis Pink Floyd. Alle Klassiker, in allen ihren Varianten. Ich bin mit Musik aufgewachsen und sie ist nach wie vor ganz wichtig für mich.

Dein Film läuft jetzt schon einige Wochen in den heimischen Kinos. Wie lautet dein Zwischenfazit, bist du bisher zufrieden?

Es ist schön, dass sehr viele Freunde von mir den Film mögen. Ich weiß, er ist nicht für jedermann und manche finden Slapstick einfach too much. Aber soweit ich das nach den Premieren beurteilen kann, kommt der Film sowohl in Eisenerz im Gewerkschaftssaal gut an, als auch in der Arena in Wien oder in einem beliebigen Kino am Land. Es freut mich, dass "Hotel Rock’n’Roll" nicht nur eine fixe Zielgruppe anspricht.

"Hotel Rock’n’Roll" ist ein echtes Schmähfeuerwerk: Standen die Witze alle schon vorab in deinem Drehbuch oder ist da auch viel beim Drehen entstanden?

95 Prozent davon standen im Drehbuch. Das war auch die Hauptarbeit. Die anderen fünf Prozent, die durch das Improvisieren oder neue Ideen der Schauspieler entstanden sind, die spürt man meiner Meinung nach total. Die sind vielleicht sogar noch viel wertvoller. Generell kann sich bei uns jeder bedienen, im Bauchladen des Humors. Aber bitte nicht falsch verstehen: ich habe nicht einfach irgendwelche Wuchteln verpackt, um es allen recht zu machen. Das sind schon Witze, die mir selbst gefallen.

Was auffällt: Wiener Goschn trifft Kernöl-Schmäh und darüber schwingt ein bisschen Piefke-Bashing. War das eine bewusste Entscheidung, diese regionalen Unterschiede herauszuarbeiten?

Es war schon beim Beginn der Trilogie, beim Dreh von Nacktschnecken (2004, Anm.) so, dass ich viele Freunde aus meinem Umfeld, der Steiermark, mitgebracht habe. Der Michael Glawogger wiederum brachte seine Leute, wie den Georg Friedrich oder den Detlev Buck. Uns ist es nicht primär um die Herkunft gegangen, sondern darum jene auszuwählen, mit denen wir gerne zusammenarbeiten. So war es klar, dass sich die Beziehung zwischen Schorschi und Harry zu einem österreichisch-deutschen Match entwickelt. Jetzt, im dritten Teil, darf der Harry endlich erklären, was es auf sich hat ein Deutscher zu sein: Er spricht anders, denkt anders, aber er fühlt gleich (lacht).

Der Film besticht durch eine schrille Optik und auffallende Kostümierung: Welche Aspekte waren dir wichtig? War diese Überzeichnung der Realität bewusst so gesetzt?

Wir wollten einen schwungvollen Rock’n’Roll-Heimatfilm machen, daher waren Ausstattung und Kostüm bewusst bunt und ein bissl drüber. Es macht Spaß einen bildfreudigen Film fürs Kino zu drehen, einen Film, der sich nix scheißt und voll in die Tasten drischt, um eine kleine pianistische Metapher anzubringen.

In einer Kritik war zu lesen, "Hotel Rock’n’Roll" erinnere zu sehr an einen TV-Film.

Ich verstehe diese Kritik nicht, denn ich habe schon viele Fernsehfilme gedreht und ich kann das faktisch und analytisch sofort widerlegen. Es ist ein Unwissen, das den Autor dazu getrieben hat, so etwas zu schreiben. Und weil er am Ende seiner Kritik noch sagen wollte, dass irgendwas halt nicht so lässig ist. Dadurch zeichnet sich der Kritiker ja aus, er muss so tun, als wüsste er etwas, was ein bissl kritisch rüberkommt. Für den Wolfgang Thaler, unseren Oscar-nominierten Kameramann, wenn ich das einmal so salopp einflechten darf, war diese Anmerkung wirklich eine Beleidigung. Und für mich auch übrigens.

Wie schwierig war es für dich nach dem Tod von Michael Glawogger das Projekt zu übernehmen? Hattest du ein bisschen im Hinterkopf ihm das Projekt quasi posthum zu widmen und in seiner Weise zu gestalten, oder war für dich klar: das trägt jetzt die Handschrift von Michael Ostrowski?

Mein Ziel war es den Film so umzusetzen, wie es für mich, meinen Co-Regisseur und alle Schauspieler richtig war. Ich hatte ein Grundvertrauen, dass das so in Ordnung ist. Michael und ich haben uns gut genug gekannt, um zu wissen, er hätte mir hier vertraut. Ich hätte es auch gar nicht so umsetzen können, wie er es wohl getan hätte.

War es für dich schwierig, Regisseur und Schauspieler in einer Person zu sein?

Eigentlich nicht. Ich habe meine Figur gut gekannt, ich habe genau gewusst, was ich tue – und ich habe mich am Set sehr frei und gut aufgehoben gefühlt. Es gab von Grund auf eine gute Stimmung. Ich musste mir nichts beweisen, ich habe versucht so echt wie möglich an die Sache ranzugehen. Das Switchen zwischen den Rollen war eher eine Konditionsfrage. Das war schon sehr anstrengend.

Würdest du dich als strengen Regisseur bezeichnen?

Sehr streng! Ich stehe mit der Rute hinterm Monitor und die ist so lang, dass ich den Schauspielern auf die Finger klopfen kann, wenn sie falsch spielen.

Wie siehst du das: Muss man als Schauspieler unbedingt verschiedene Charaktere spielen können oder soll man bei einer Figur bleiben?

Ich denke, so lange es nicht langweilig wird, kann das auch ein Vorteil sein. Mir gefallen Schauspieler, die etwas verkörpern. Zum Beispiel Jack Nicholson. Bei ihm könnte man auch behaupten, dass er immer irgendwie ähnlich spielt. Trotzdem ist er ein eigener Typ, und das spürt man. Ich war aber noch nie ein Anhänger von: dies und das sollte oder muss man tun.

Hast du schon Pläne für weitere Filme?

Es gibt ein paar Pläne, aber die sind noch nicht spruchreif. Derzeit treffe ich mich mit vielen Leuten, sammle Inputs und überlege genau, welcher Film sinnvoll wäre.

Dann wieder in der Rolle als Regisseur?

In erster Linie als Autor. Alles andere muss man sich überlegen und schauen, was Sinn macht. Ich möchte mich da gar nicht so festlegen. Jetzt freue ich mich einmal über diesen Film und schaue was kommt.

Eine, für mich persönlich ganz spannende, aber auch für viele Leser nicht unwichtige Frage: Wann kommen die Schlawiner endlich wieder ins Fernsehen?

An dieser Stelle liebe Grüße an den ORF: Vielleicht sollten sie die Serie jetzt endlich weitermachen. Dann muss ich nicht weiter jahrelang beantworten, dass ich es nicht weiß (lacht). Das ist der Status quo.

Ich möchte mit der Frage schließen, die auch der Film am Ende aufwirft: Was heißt jetzt eigentlich Futschikato und was Masalani? Was hat es mit diesen Wörtern auf sich?

Futschikato heißt weg. Masalani beschreibt etwas Wackeliges, fast Kaputtes. Mir war es einfach wichtig, alte Wörter wieder aufleben zu lassen, die man kaum mehr kennt.

Michael Ostrowski wurde 1973 in der Steiermark geboren. Er ist Schauspieler, Drehbuchautor und Moderator. Als Mitautor des Drehbuchs zum Spielfilm "Die unabsichtliche Entführung der Frau Elfriede Ott" wurde er 2011 mit dem Österreichischen Filmpreis ausgezeichnet. Mit dem Film "Hotel Rock’n’Roll" lieferte er sein Regie-Debut ab - es ist der letzte Teil der "Sex, Drugs & Rock'n'Roll"-Trilogie des verstorbenen Regisseurs Michael Glawogger.
JTI zertifiziert JTI zertifiziert

"So arbeitet die Redaktion" informiert Sie, wann und worüber wir berichten, wie wir mit Fehlern umgehen und woher unsere Inhalte stammen. Bei der Berichterstattung halten wir uns an die Richtlinien der Journalism Trust Initiative.