Fans von Josef Hader stehen bereits in den Startlöchern: Jetzt kommt sein Film "Wilde Maus" in die Kinos. Es ist nicht nur sein Regiedebüt, er spielt auch die Hauptrolle. Im Interview erklärt er, warum sein Film nicht das ist, was sich viele deutsche Nachbarn vielleicht erhofft haben.
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Schon 2009 hatten Sie gesagt, dass Sie zwar gerne Regie führen würden, sich aber nicht trauen. Was hat sie dazu bewogen, es jetzt doch zu tun?
Josef Hader: Das war das erste Drehbuch, dass ich ganz allein geschrieben habe, und im Laufe des Alleinschreibens habe ich mir gedacht, das ist jetzt die Möglichkeit: Entweder ich traue mich oder nicht.
Dann haben Sie sich gleich dreifach getraut. Das Drehbuch stammt von Ihnen, Sie führen Regie und spielen die Hauptrolle. Ist das nicht ein bisschen viel auf einmal?
Ich hatte eine Zeit lang überlegt, dass ich das Schauspiel jemand anderem überlasse. Dann gab es aber die Überlegung: Wenn ich in Österreich die Hauptrolle in einem Film übernehme, gehen mehr Leute ins Kino. Und wenn ich wieder Geld für einen neuen Film brauche, ist es für mich wichtig, dass viele Leute im vorigen Film waren, sonst kriegt man keine Förderung.
In "Wilde Maus" verliert ein Musikkritiker seinen Job, weil er durch seine jüngere Kollegin ersetzt wird. Wie kamen Sie auf die Idee?
Der Impuls war, dass ich verärgert war, weil wir ein Projekt nicht gefördert bekamen und ich mit einem gewissen Trotz gesagt hab: "Das hat jetzt für was gut zu sein." Da hatte ich die Idee, die Geschichte zu erzählen, dass ein Mann seine Arbeit verliert. Mehr war da nicht als Grundidee.
Wie viel von Ihnen steckt in der Hauptrolle?
Der Trotz, den ich gerade beschrieben habe, und dass ich auch sehr mit meinem Beruf verbunden bin. Wenn ich von heute auf morgen nicht mehr arbeiten könnte, wäre das nicht so einfach. Auch psychisch.
Wenn Ihnen das passieren würde, könnten Sie sich vorstellen, wie Ihre Hauptrolle dem "Schuldigen" den Porsche zu zerkratzen und das Schiebdach aufzuschlitzen?
Für Rache bin ich nicht geeignet, aber ich wäre halt verletzt. Ich würde es so machen wie mit dem Drehbuch, das ich aus Trotz begonnen hab. Ich würde versuchen, es in irgendeiner Form allen zu zeigen.
Wenn Sie in Ihr eigenes Drehbuch schreiben, dass Sie nackt durch den Schnee laufen müssen: Ist das ein bisschen Selbstkasteiung oder eher die Chance, mal was zu machen, was einem noch keiner angeboten hat?
Es begann wieder mit so 'ner kleinen blöden Idee von dem sauberen und leisen Schnee nach der dreckigen und lauten Großstadt. Ich achte sehr auf den Ton. Von einem Moment auf den anderen entsteht auch auf der Tonebene eine ganz andere Atmosphäre.
Wie ist das so als Selbsterfahrung, wenn Sie nur mit der Unterhose bekleidet im Schnee sitzen?
Es ist eine verschärfte Art von Wellness. Es ist nicht so existentialistisch, weil man hinter der Kamera immer ein warmes Plätzchen findet.
Wobei man sagen muss, dass die wilde Maus extrem zahm ist. Es wird kein Finger abgehackt, es ist so unblutig, harmloserweise werden meist nur Sachen beschädigt. Hatten Sie wildere Gedanken?
Ich hatte mal Lust, eine Geschichte über Menschen zu erzählen. Und wenn jemand kommt und sagt, da ist aber zu wenig österreichische Schrulligkeit drinnen, dann sage ich: "Ja genau, das wollte ich." Ich wollte eben über Menschen erzählen, nicht über abgehackte Finger.
Dieser touristische Blick, der nur in Deutschland über Österreich existiert, in keinem anderen Land, der nervt mich ein wenig. Man würde nicht auf diese Idee kommen, wenn man einen Film aus Japan oder Finnland sieht. Die sind ja auch schrullig in gewisser Weise und erfrieren nackt im Schnee und machen solche Sachen. Da denkt kein Mensch, dass sowas putzig ist. Nur bei den Österreichern hat das so was Puppenstubenhaftes, aber nur von Deutschland aus betrachtet. Ich fühle mich eher in einer europäischen Familie, wo wir uns gegenseitig Geschichten erzählen.
Sie lassen das Politische miteinfließen, aber es ist doch sehr im Hintergrund. Warum geben Sie der Politik nicht mehr Raum?
Es gibt diesen Satz: "Man merkt die Absicht und ist verstimmt" - und das kann einem mit dem Politischen im Film sehr schnell passieren. Da dosiere ich lieber vorsichtiger. Ich bin gegen's Reinpacken. Ich denke, dass Filme keine Rucksäcke sind. Auch mit dem Preis, dass Leute den Film sehen und am Politischen, das latent drinnen ist, ganz vorbeigehen.
Was bedeutet es Ihnen, auf der Berlinale zu sein?
Ich habe nicht damit gerechnet, im Wettbewerb zu sein. Man ist sich im ersten Moment gar nicht sicher, ob das nur ein Vorteil ist, aber ich habe mich auf das ganze Abenteuer eingelassen, und davon ist die Berlinale das harmlosere. Den ersten Film irgendwie hinzukriegen, das ist die größere Sensation.
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