• Das Vorurteil über den fehlenden Sinn für Humor der Deutschen hält sich hartnäckig.
  • Ein Blick ins Comedygenre widerlegt das jedoch eindrucksvoll.
  • Ob knackige One-Liner in "Stromberg" oder Fremdschämen mit "jerks." - diese deutschen Serien garantieren einen Lachanfall.

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Schon im 19. Jahrhundert war der deutsche Humor weit über die Landesgrenzen hinaus bekannt - oder besser gesagt: der fehlende deutsche Humor. "Ein deutscher Witz ist nichts zum Lachen", meinte Autor Mark Twain damals bereits zu wissen.

Auch heute hält sich im Ausland vielerorts hartnäckig die Vorstellung der humorlosen Deutschen. Zumindest was Serien angeht, lässt sich dieses Klischee aber entkräften.

Von ikonischen One-Linern in "Stromberg" über die pointierte Selbstironie von "Pastewka" bis zur Anarcho-Comedy von Christian Ulmen und Fahri Yardim in "jerks." - diese Comedyserien made in Germany sind zum Schreien komisch.

"jerks."

Zwei Comedians ohne Schamgrenze, eine Fülle prominenter Gaststars und Geschichten aus dem Irrsinn des Lebens: Diese Bestandteile vermengt die Joyn-Serie "jerks." zu einem ungemein lustigen Endergebnis - sofern man vor dem Fernseher mit akuten Anflügen von Fremdscham umzugehen weiß.

Die zweifelhaften Helden der bisweilen abgrundtief bösen und politisch absolut inkorrekten Comedy sind die Freunde und Schauspieler Fahri Yardim und Christian Ulmen in unausstehlichen Versionen ihrer selbst.

Auch in den neuen Folgen der vierten Staffel von "jerks." (ab 26. August bei Joyn+) lässt das Duo kein Fettnäpfchen aus. Fahri versucht verzweifelt, seine vor Kurzem in die Brüche gegangene Beziehung zu Pheline (Pheline Roggan) zu kitten. Auch Christian hat Beziehungsstress mit Freundin Emily (Emily Cox) - und so landen die beiden Chaoten gemeinsam mit ihren Partnerinnen in einem Paartherapie-Hotel. Ob das wirklich eine gute Idee ist?

"Pastewka"

Sich selbst zu spielen, birgt immer das Risiko, das eigene Tun zu überhöhen. Diese Gefahr kam bei Bastian Pastewka und seiner Comedyserie "Pastewka" nie auf. Selbstironisch und uneitel nahm der einstige "Wochenshow"-Star nicht nur sich und seine Marotten aufs Korn, sondern die ganze deutsche TV-Branche gleich mit. Nach zehn Staffeln und unzähligen Preisen beendete Pastewka seine Erfolgsserie 2020.

Bis dahin gastierten Prominente von Anke Engelke bis Günther Jauch in der Comedyserie, für die der eigentlich abgenutzte Begriff "Kult" definitiv angebracht ist. Die (fiktiven) Geschichten des intriganten und doch auf seine Art und Weise liebenswürdigen Antihelden Pastewka decken die gesamte Bandbreite von witzig bis tragisch ab.

Dazu jubilierten TV-Nerds ob der vielen spitzfindigen Einblicke hinter die Kulissen der vermeintlichen Glamourwelt Fernsehen. Clever offenbart "Pastewka" die Kehrseiten des Medien- und Promigewerbes, ohne dabei die Protagonisten zum bloßen Gespött zu machen.

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"Stromberg"

Autor Ralf Husmann gelang mit der Büro-Sitcom "Stromberg" ein wahres Meisterstück. Im Mockumentary-Stil gedreht und vom britischen Hit und dessen US-Ableger "The Office" inspiriert, erzählt die Comedyserie vom Alltag in der Capitol-Versicherung und den verpeilten Angestellten.

Dem chaotischen Treiben in den geschmacklos möblierten Räumlichkeiten setzt der inkompetente Chef Bernd Stromberg (Christoph Maria Herbst) - Bereich Schadensregulierung, Buchstaben M bis Z - die Krone auf. Zwar findet er, er sei ein toller Hecht und mache einen großartigen Job - doch in Wahrheit hat Stromberg nur eine gigantisch große Klappe: "Firmenfeiern sind wie das letzte Abendmahl: Immer zu wenig Weiber, das Essen ist schlecht und am Ende gibt's Ärger." Mit Sprüchen wie diesem brannte er sich im Gedächtnis vieler Zuschauerinnen und Zuschauer ein.

Doch auch abseits von Christoph Maria Herbst in seiner Paraderolle setzten sich einige Darsteller ein kleines TV-Denkmal: Unvergessen etwa bleibt die grandiose Leistung von Bjarne Mädel als treu-doofer Berthold "Ernie" Heisterkamp.

"Frau Jordan stellt gleich"

Ein Sabbatical einzulegen, um dem Berufsalltag zu entfliehen, ist längst keine Seltenheit mehr. Dass diese Auszeit aber ganze sieben Jahre andauert, schon eher. Im Falle von Ralf Husmann lohnte sich der Abstand vom Humorfach jedoch.

2019, sieben Jahre nach der letzten Folge seiner Kultserie "Stromberg", feierte der Autor sein Comeback. In der Moderatorin Katrin Bauerfeind hatte Husmann eine neue Hauptdarstellerin ausfindig gemacht, um mit ihr das bisweilen undurchschaubare Dickicht politischer Korrektheit komödiantisch zu entwirren.

In der Joyn-Serie "Frau Jordan stellt gleich" spielt Bauerfeind in ihrer ersten Hauptrolle die Titelfigur Eva Jordan, eine Gleichstellungsbeauftragte, die sich mit Chauvinisten und anderen Unmöglichkeiten herumärgern muss.

Anders als noch in "Stromberg" verzichtet Showrunner Husmann auf Interviews vor der Kamera und ähnliche Mockumentary-Elemente. Und anstelle von Sprüchefeuerwerken vertraut er in "Frau Jordan stellt gleich" auf doppelbödige Bemerkungen und hält der Gesellschaft klug den Spiegel vor.

"Der Beischläfer"

Mit Comedyprogrammen ganze Hallen zu füllen, ist noch lange keine Garantie dafür, dass man auch als Schauspieler überzeugt. Im Falle des Komikers Harry G lohnte sich der Ausflug vor die Kamera jedoch.

In der Amazon-Comedy "Der Beischläfer" machte Markus Stoll, wie der Münchner bürgerlich heißt, eine gute Figur auf ungewohntem Terrain. Anders als es der schlüpfrige Titel erwarten lässt, geht es in der Serie gesittet zu. Sie erzählt vom Automechaniker Charlie Menzinger (Stoll), der Schöffendienst verrichten muss. Lust hat er darauf ganz und gar nicht - erst recht nicht, als er mit der rigiden Richterin Dr. Julia Kellermann (Lisa Bitter) zusammenarbeiten muss. Doch Bürgerpflicht ist Bürgerpflicht ...

Schon bald nutzt der findige Menzinger seine neue Position aus, um blasierten Bankern und profitsüchtigen Immobilienhaien eins auszuwischen - sehr zum Leidwesen seiner Vorgesetzten. Streaming-Fans hingegen erfreuen sich an dem rasanten Treiben, das dank Mundart-Soundtrack, Lokalkolorit und Nebendarstellern wie Helmfried von Lüttichau ("Hubert und Staller") Erinnerungen an die erfolgreiche Eberhofer-Filmreihe weckt.  © 1&1 Mail & Media/teleschau

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