Der mit großen Erwartungen ins mittwöchliche Trash-Rennen gegen den "Kampf der Realitystars" geschickte "Club der guten Laune" debütierte vergangene Woche mit einem beeindruckenden Cast, allerdings auch mit ernüchternden Ergebnissen. Club der beschissenen Laune jedenfalls in der Chefetage von Sat.1. Die Quoten der neuen D-Promi-Festspiele waren am Premierenabend derart verheerend, man nennt den "Club der guten Laune" branchenintern bereits den Fynn Kliemann der Primetime-Formate.

Marie von den Benken
Eine Kritik
Diese Kritik stellt die Sicht der Autorin dar. Hier finden Sie Informationen dazu, wie wir mit Meinungen in Texten umgehen.

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Jetzt ruhen die Einschalt-Hoffnungen auf Neuankömmling Jenny Elvers. Kann die Ex von Heiner Lauterbach und Alex Jolig das Luder rumreißen? Das wissen wir in den kommenden Tagen. Der Mittwochabend jedenfalls beginnt dank ihr besorgniserregend. Zumindest für den Typen mit dem Bart, der mal bei "Bachelorette" dabei war ("Sie redet viel") und der sich fortan mit seiner neuen Bettpartnerin ein Futon teilen muss.

Und auch Cora Schumacher hätte sich zur Beruhigung lieber einen Tee-Renzi aufgebrüht. Mit ihrem Love Interest Marc Terenzi hatte sie in der Nacht vor Jenny Elvers Überraschungs-Ankunft noch zärtliche Annäherungsversuche "wie Teenagers" (Terenzi) ausgetauscht. Sah sich die ehemalige Gattin von Ralf Schumacher schon als neue Sarah Connor, verschiebt sich das Beuteschema von Boyband-Veteran Terenzi mit der Ankunft von Elvers merklich in deren Richtung.

Mit einem Car-Raoke kann man gar nicht fahren

Zeit zum Grämen bleibt aber nicht, denn Sat.1 schickt das Ensemble der knapp am Grimmepreis vorbeigeschrammten Cluburlauber in ein so genanntes Chefspiel. Es geht um bunte Bälle, übergroße Zahnstocher und Beinarbeit. Im Badezimmer liegen sich derweil, nur mit knappen Handtüchern bekleidet, Martin zur Vorbereitung Semmelrogge und sein neuer Ziehsohn Joey Heindle so erotisch in den Armen, dass Sat.1 mehrfach einblenden muss, dass während der Produktion sämtliche Corona-Regeln jederzeit eingehalten wurden.

Bahnt sich da ein Sorgerechtsstreit um Joey Heindle an? Denn auch Terenzi beichtet im Deep-Talk mit Joey zum 358. Mal seine Alkoholvergangenheit. Der schwört dem verblüfften Terenzi direkt ewige Brüderschaft. Merken Sie sich das mal, es wird später noch wichtig werden.

Als die erste Challenge der Woche endlich beginnt, kündigt der Sender das Spiel mit "Es geht hoch hinaus" an. Noch völlig erotisch aufgeladen von seinem Badezimmer-Casting kombiniert Sherlock Heindle: "Es geht um Höhe."

Zunächst allerdings nur um Stimmhöhen. Zur "Blauen Stunde" werden nämlich Karaoke-Songs ausgelost, die nach einer kurzen Übungsviertelstunde live performt werden müssen. Der Erkenntnisgewinn bleibt dabei überschaubar. Auch verborgene Gesangstalente erblicken eher nicht das Licht der großen Showbühne. Nüchtern betrachtet stellt sich lediglich recht zweifelsfrei heraus, dass eine Band aus Julian F. M. Stoeckel, Sebastian Fobe, Cora Schumacher, Martin Semmelrogge, Theresia Fischer und Jenny Elvers der erste Eurovision Song Contest Teilnehmer der Geschichte wäre, der mit einer Minuspunktzahl Letzter würde. Kein Punkt aus irgendeinem Land und dann noch drei Strafpunkte dafür, dass Theresia für ihre Version des Spice Girls Klassikers "Wannabe" extra eine eigene neue Sprache erfunden hat.

Theresia-Fischer-Chöre

Zusammenfassend darf man feststellen: Immer, wenn Theresia Fischer einen Spice-Girls-Song singt, schmeißt irgendwo auf der Welt ein Mitglied der Originalbesetzung seinen Fernseher aus dem Fenster. Zum Glück verschont uns Sat.1 mit weiteren Details aus der Primetime-Studie, ob Karaoke-Gesang als unerlaubte Foltermethode kategorisiert werden müsste. Für diese audiovisuelle Bankrotterklärung entschädigt Sat.1 mit einem Chefspiel, das der gebannten Nation mehr Fremdscham-Momente beschert als das letzte Pop-Album von Matthias Schweighöfer.

Die in einer thailändischen Villa ausgesetzten Ritter der Ratlosigkeit müssen am Strand Bälle mit übergroßen Zahnstochern in Vogelkästen unterbringen. Dazu benötigen sie in erster Linie Teamwork und Feingefühl. Das funktioniert anfangs bei Team Pink nicht in abendfüllender Qualität. Marc Terenzi ist direkt schockgenervt von der Koordinationslosigkeit seines Teams und entdeckt den Thomas Hayo in ihm: "That frustriert ein bisschen when the ball falls runter." Yes, that ist the selbe wie with the Niveau.

Zum Glück ist wenigstens Ballermann-Motivationskünstler Lorenz Büffel auf Betriebstemperatur, und bringt seine Mitstreiter mit einer Analogie aus dem Pornobusiness auf Kurs: "Klappe halten und Druck von hinten machen." Zum Glück für Team Pink ist ihr Gegner, Mannschaft Grün, beim synchronen Teamwork etwa so hochbegabt wie Christine Lambrecht bei der Trennung von Beruf und Privatleben beim Thema Helikopterflüge. Wenn die Kandidaten für jeden nutzlosen Tipp einen Euro bekommen würden, könnte Team Grün nach diesem Spiel Twitter kaufen, Elon Musk vor die Tür setzen und das Zeichenlimit auf 120 kürzen. Damit könnte Theresia Fischer immer noch alle Wörter auflisten, die sie bei "Wannabe" gesungen hat und die sich tatsächlich im Originaltext befinden.

"Club der guten Laune": Hellsehen für Hochbegabte

Das Spiel geht souverän mit 5:1 an Team Pink. Vor lauter Langeweile beginnt Julian F. M. Stoeckel, die Lilo von Kiesenwetter Thailands, mit präzisen Vorhersagen über das Liebesleben der Mitinhaftierten. Jenny Elvers beispielsweise prophezeit er: "Du wirst einen Mann kennen lernen mit viel Geld und einem Riesenpenis." Aufatmen bei Cora Schumacher: Marc Terenzi kann das also schon mal nicht sein. Lilo und die Stoeckel. Das wäre ein Dreamteam. Etwa als Moderationsduo der ÖRR-Kulturhochburg "Turban, Thesen, Temperamente". Da könnten sie sich sogar eine Kopfbedeckung teilen.

Am Ende muss der Haus-Vorsteher Marc entscheiden, wer vielleicht ausziehen muss. Die Sprachbarriere hilft, dabei nicht unsympathisch zu wirken. Denn der Amerikaner mit Boygrouphintergrund glaubt, "wer muss ausziehen" bedeutet, er soll bekanntgeben, wen er gerne nackt sehen würde. Reflexartig wählt er die Astralkörper von der Stoeckel und Joey Heindle. Einer von beiden wird den Club der miesen Quoten heute verlassen müssen. Mathegenie Heindle erwartet ein knappes Additionsergebnis: "Das wird ein Kopf-an-Kopf-Rechnen." Fehlt nur noch ein Taschenrenner.

Der Trash-TV-Philosoph der Herzen versucht sich auch im weiteren Verlauf des Abends als Richard David Precht der "Promiflash"-Leser. Seine beiden tiefgründigsten Thesen des Abends lauten: "Süß ist nicht das Gute von schön" und "Wie es in den Wald scheint, so scheint es hinaus". Das stimmt. Und nichts ist, wie es schallt.

Klimawandel im Club der schlechten Laune

Durch die Nominierungen ist das Klima im Club der blanken Abschiedspanik leicht getrübt. Warum hat Terenzi ausgerechnet Neo-Bro Heindle und Star-Diva Stoeckel ausgewählt? Die Stoeckel bilanziert: "Der Marc hat es faustdick hinter den Ohren." Oder wie Marc selbst sagen würde: "Fistdick behind the Ohren." Joey verbringt den Rest des Tages auf Wahlkampf-Tournee. In konstituierende Einzelsprächen will er die Mitglieder von Team Pink, die am Abend über sein Schicksal entscheiden werden, von seinen Club-Qualitäten überzeugen.

Vor den TV-Geräten spaltet sich die Nation in zwei Lager. Team Stoeckel, für die der "Club der guten Laune" ohne Deutschlands glamouröseste Diva nur noch der Club der Launigen wäre. Und Team Heindle, für das diese Reality-TV-Innovationsoffensive ohne die philosophischen Anwandlungen des ehemaligen Dschungelkönigs nur noch "Ninja Warriors" für schwervermittelbare Restprominenz wäre.

Man hätte ja zum Beispiel auch Sebastian Fobe nominieren können. Stattdessen die beiden Trash-TV-Spielmacher Heindle und Stoeckel zum Abschuss freizugeben ist ein bisschen, wie einen Cartier-Füller zu bestellen und dann einen von Montblanc zu bekommen: Schreibt auch, hat aber null Glamour. Im Favoriten-Shootout springt die Stoeckel dem Gute-Laune-Sensenmann noch mal knapp von der Schippe. Die Freude über den Verbleib der Berliner Läster-Lichtgestalt währt aber nur kurz – geht sie doch einher mit dem Verlust von Joey Heindle.

Viel zu früh ausgeschieden kann die DSDS-Entdeckung von vor genau zehn Jahren nun nicht mehr am Quoten-Reanimationsprogramm für den Club der guten Laune mitwirken. Keine guten Nachrichten für die Sat.1-Chefetage, die weiterhin hofft, die enttäuschenden 0,73 Millionen Zuschauer der Premierenfolge könnten ein Negativ-Ausreißer bleiben. Aber gut, bei Sat.1 hatte man ja auch gedacht, Oliver Pocher könne die Late Night revolutionieren. Bevor es jetzt aber Ohrfeigen hagelt, verabschiede ich mich für diese Woche aus dem "Club der guten Laune" und freue mich auf nächste Woche. Sie hoffentlich auch!

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