Wie lebt es sich als Flüchtling in Österreich? In seiner Puls4-Sendung "Gültige Stimme" lässt sich Roland Düringer von einem eindrucksvollen Afghanen die Spielregeln der Integration erklären.

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Das Studio, in dem Roland Düringer einmal in der Woche seine Gäste interviewt, hat etwas von einem beklemmenden Verhörzimmer. Ein Aufnahmegerät liegt zwischen ihm und dem jungen Asif Safdary. Darüber knallt ein Deckenlicht auf die beiden herunter. Und dennoch sprüht dieses schlichte Sendeformat, das Düringer "Gültige Stimme" nennt, nur so vor Menschlichkeit. Geständnisse werden hier nicht erwartet, es werden Einblicke gewährt. Diesmal in das Leben eines jungen Mannes, der mit 14 Jahren Unvorstellbares geleistet hat: Asif Safdary hat sich in Österreich alleine ein eigenes Lebens aufgebaut. Ohne Familie war der Teenager vor sieben Jahren aus Afghanistan nach Europa geflohen - weil sein Vater es sich so wünschte.

Was ist ein gutes Leben?

Was treibt Eltern dazu, ihr eigenes Kind fortzuschicken? Statt Asif Safdary mit dieser Frage zu konfrontieren, stellt Roland Düringer eine andere. Es ist die, die sich in jeder seiner Late-Night-Sendungen wiederholt - und die Antwort lässt erahnen, was Safdarys Familie erlebt haben muss, bevor sie den Sohn in die Hände von Schleppern gab: Was ist ein gutes Leben, fragt Düringer. "Wenn ich keine Angst haben muss, dass ich morgen noch am leben bin oder nicht", sagt der Sohn eines schiitischen Apothekers ohne Umschweife. Er sei froh, heute in Sicherheit zu leben - aber er gibt auch zu, wie sehr ihm seine Familie all die Jahre gefehlt habe. In seiner Heimat herrsche Krieg, zudem waren die Safdarys verfolgt worden, weil sie zu der ethnischen Minderheit der Hazara gehören. So flüchtete die Familie nach Pakistan, heute lebt sie im Iran. Asif hingegen baute sich ein neues Leben in Europa auf.

"Wir handeln zu spät"

Was läuft falsch in Österreich? Düringers zweite, immer wiederkehrende Standardfrage, bezieht sich dieses Mal auf das Flüchtlingsthema: "Wir handeln zu spät", kritisiert Asif Safdary das schwerfällige Verhalten der österreichischen Politiker. Sie sähen nur zu, während die Bürger den größten Teil der humanitären Hilfe übernähmen. Die Flüchtlinge im Land bräuchten nicht nur lebenspraktische Hilfe, sondern auch rechtliche Beratung. Und Freunde, ergänzt Safdary - dann sei praktisch alles im Leben zu schaffen.

Dass sich der gerade einmal 21-Jährige selbst in der Flüchtlingshilfe engagiert, bleibt außen vor - wie so vieles andere, das man im Laufe der kurzen TV-Sendung (eine Langfassung gibt es nur im Internet) gern über diesen jungen Mann erfahren hätte: Etwa, wie es ihm gelang, seine Matura nachzuholen. Oder, was es für ihn bedeutet, aufgrund seines Einsatzes für andere ein Stipendium zu bekommen. Oder, was ihn mit dem Namen verbindet, den er am Ende der Sendung auf einen Zettel schreibt. "Mahsa Ghafari" steht darauf - sie ist eine junge Menschenrechtsaktivistin aus Wien, die er gern einmal in Düringers Sendung sähe.

Was braucht es zukünftig in diesem Land?

Dafür gibt Safdary einen Einblick, was für ihn Integration in Österreich bedeutet. Sie beginnt mit Äußerlichkeiten: "Gewisse Sachen muss man lernen. Den Ton, wie man mit einem Menschen redet, was man anzieht, wie man sich präsentiert und Vitamin B - also Menschen kennen, die wiederum Menschen kennen." Er habe erst kürzlich einen Tanzkurs gemacht und daher einmal in der Woche einen Anzug getragen: "Plötzlich wurde ich auf der Straße freundlich gegrüßt, sonst eher nicht, weil ich wie ein Ausländer aussehe." Den meisten Österreichern ist laut Safdary gar nicht klar, in welch komfortablen Rahmenbedingungen sie leben - dazu gehöre etwa auch, nachts auf die Straße gehen zu können, ohne Angst haben zu müssen, überfallen zu werden.

Was braucht es zukünftig in diesem Land? Auch diese Frage stellt Düringer, wie schon in den Sendungen zuvor. Und in gewisser Weise beantwortet er sie schließlich selbst: "Das Flüchtlingsthema braucht Gesichter", sagt der Moderator. "Deswegen ist es auch so wichtig, die Asylsuchenden nicht punktuell, sondern in ganz Österreich zu verteilen." Und es ist wichtig, ihre Geschichten zu erzählen. Wie diese von Asif Safrady.

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