Stefan Raab ist mit einer neuen Show zurück. Er reißt Witze, er zeigt Einspielfilme, Elton ist auch dabei, die Sendung heißt "Du gewinnst hier nicht die Million". Um die Million geht es aber nur am Rande. Eigentlich geht es nur um einen.

Eine Kritik
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Joko Winterscheidt kann sich entspannt zurücklehnen. Stefan Raab wird ihm nicht die Show stehlen.

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Letztendlich ist es in Raabs neuer Sendung "Du gewinnst hier nicht die Million" beinahe egal, ob irgendwelche Kandidatinnen und Kandidaten in irgendwelchen Spielrunden gegen Raab antreten. In der Show geht es um Stefan Raab. Und nur um Stefan Raab. Die Show könnte auch "TV total" heißen. Wäre der Titel nicht schon für eine andere Show vergeben.

Bis die Spielshow innerhalb der Raab-Show startet, dauert es beinahe 40 Minuten. Zunächst macht Stefan Raab das, was er am besten kann. Am Samstag hatte er sein großes Comeback beim "Final Fight" gegeben, fünf Monate lang hatte er darauf hingearbeitet. "Stefan Raab is back in town" heißt es in seinem neuen Song "Pa aufs Maul". Raab ist zurück. Er ist wie früher, er ist wie immer.

Er macht Stand-up-Gags, zeigt Einspielfilmchen, singt mit seiner neuen alten Band, den Heavytones. Die hat er nämlich direkt von ProSieben abgeworben, wo die Band bislang eigentlich in Raabs alter Platzhirschshow "TV total" spielte. Auch der Showbeginn um 20:10 Uhr: Alles eine klare Kampfansage an "TV total"-Moderator Sebastian Pufpaff, der fünf Minuten später im linearen TV an den Start geht.

Wie früher streut Raab kleine Fernsehfetzen ein, jetzt über ein Handy, Florian Silbereisen als "Traumschiff"-Kapitän zum Beispiel, der sagt "In Kürze erreichen wir den Hafen von Swakopmund". Früher hieß das Nippelboard, heute nennt Raab es Meme-Pad.

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Stefan Raab feiert sich selbst

Raab feiert sich selbst. Sogar für den "Final Fight" gegen Regina Halmich. Wer den Boxkampf nicht gesehen hat, könnte den Eindruck haben, Raab habe Halmich besiegt. Mehrfach macht der 57-Jährige Witze auf Kosten der ehemaligen Boxweltmeisterin, schneidet ein Foto von sich bei der sogenannten Live-Pressekonferenz nach dem Kampf gegen eins der 47-Jährigen. Sie hat Blutergüsse und Blut im Gesicht, er nicht. Dass sie gewonnen hat? Lässt Raab unerwähnt. Zum dritten Mal, so sagt er stattdessen, sei er von den Ringrichtern übern Tisch gezogen worden. Er hat nun dreimal gegen Halmich verloren.

Regina Halmich sagte vor "Du gewinnst hier nicht die Million" zur "Bild", sie wolle sich Raabs neue Spielshow nicht anschauen.

Überhaupt Gags auf Kosten anderer: Daran hat sich in der Welt des Stefan Raab in seinen fast zehn Jahren Fernsehabstinenz nichts geändert. Er zoomt und zoomt und zoomt an das Gesicht von Peter Maffay heran, bis jeder Pixel in Übergröße zu sehen ist. Dann fragt Raab, mit Blick auf Maffays Mund: "Schoko-Croissant oder Warze? Ganz eindeutig Warze! Nein, Schoko-Croissant!" Das Publikum grölt.

Natürlich kann man an dieser Stelle die Frage stellen, ob das zeitgemäß ist. Ob das sein muss. Man könnte auch fragen, ob Fernsehdeutschland auf die neue Show von Stefan Raab gewartet hat. Diese Fragen sollen hier aber nicht gestellt werden, immerhin war das nur die erste Ausgabe von "Du gewinnst hier nicht die Million", die nur und ausschließlich auf RTL+ zu sehen ist.

Prozedere von "Du gewinnst hier nicht die Million" erinnert an "Wer wird Millionär?"

Auf der sogenannten Pressekonferenz nach dem Boxkampf sagte Stefan Raab, wer jetzt 15 oder 16 Jahre alt sei, sei ohne gute Fernsehunterhaltung aufgewachsen. Das wolle er nun ändern. Umsonst gibt’s die gute Unterhaltung bei RTL+ nicht.

Der Maschendrahtzaun darf natürlich nicht fehlen. © RTL / Raab Entertainment / Julia Feldhagen

Vier Kandidaten und eine Kandidatin treten in der ersten Show in verschiedenen Spielen gegen Raab an. Der Erste muss sich mit einer kleinen Zange durch ein paar Maschendrahtzäune schneiden und gewinnt souverän gegen Raab. Der Zweite muss Reifen an einem Auto wechseln, auch er gewinnt. Elton moderiert die Spiele weg.

Zwischendurch müssen die Kandidaten Fragen beantworten, das Prozedere erinnert an "Wer wird Millionär?". Die anderen zwei Bewerber und die Bewerberin kommen erst gar nicht zum Zug.

Und dann ist die Show plötzlich aus, Kandidat zwei darf in der nächsten Ausgabe der Sendung noch einmal kommen, sein Spiel ist noch nicht vorbei. Stefan Raabs ebenfalls nicht, er fängt gerade erst an. Fünf Jahre haben RTL und er sich aneinander gebunden, unterschiedlichen Berichten zufolge soll Raab mehrstellige Millionenbeträge dafür ausgehandelt haben.

Joko muss sich keine Sorgen machen

Letztendlich also dürfte es ihm wohl gleichgültig sein, wie gut seine neuen Shows laufen ("Du gewinnst hier nicht die Million" soll nur die erste von vielen sein) - und wie sie im Fernsehdeutschland der Gegenwart ankommen. Die Gegenwart allerdings ist wachsamer als die Vergangenheit. Und es gibt auch andere Spieler auf der großen Bühne, die die große Fernsehunterhaltung können. Joko und Klaas zum Beispiel, denen wird er sicherlich nicht so ohne Weiteres den Spielshowrang ablaufen.

Mit "Wer stiehlt mir die Show?" etwa hat Joko Winterscheidt 2021 eine Sendung ins TV gebracht, die es in dieser Form so noch nicht gegeben hatte: Drei Promis und ein Nicht-Promi-Wildcard-Kandidat oder -Kandidatin haben in diversen Spielen die Chance, Winterscheidt die Moderation abzuknöpfen und in der nächsten Show selbst als Moderatorin oder Moderator aufzulaufen.

Die Spiele bei WSMDS sind immer ein bisschen verrückt, vor allem aber innovativ: Einmal etwa spielte die Band im Studio die Melodie eines Songs, sang aber einen ganz anderen dazu. Die Kandidaten mussten beide Lieder erraten. Dagegen wirkt "Tennisbälle auf Bürostühle werfen", eins von Raabs Spielen in seiner ersten Show, als wäre RTL auf die Schnelle nichts Besseres eingefallen - aber weil es eben Raab ist, dachte man sich wohl: "Passt schon, Raab trägt das."

Joko also muss sich für den Moment keine Sorgen machen. Vielleicht sollte sich Raab mal mit ihm messen. "Schlag den Star" wäre denkbar, "Schlag den Raab" hat er ja jetzt schon hinter sich.

Verwendete Quellen:

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