- Es ist wieder so weit: Bei "Germany's Next Topmodel" stehen die legendären Umstylings an.
- Tränen, Drama und Dauerwellen sind garantiert. Eine, die genau weiß, was so ein Umstyling bedeutet, ist EX-GNTM-Kandidatin Sarah Knappik.
- Im Interview mit unserer Redaktion verrät sie, welchen Look sie Teilnehmerin Viola verpassen würde und sie gibt Einblicke, warum man als Model manchmal Schmerztabletten braucht, um eine Show zu überstehen.
Sarah, das große Umstyling steht bevor, das Highlight einer jeden GNTM-Staffel. Für Models aber doch eigentlich Alltag – wieso ist das jedes Jahr so ein großes Ding?
Sarah Knappik: "Ein krasses Umstyling ist ein Eingriff in die Persönlichkeit"
Haben Sie Verständnis dafür, dass die Teilnehmerinnen sich da so reinsteigern und so viele Tränen vergießen?
Absolut. Haare sind wie ein Schmuckstück und sie unterstreichen die Persönlichkeit. Ein krasses Umstyling ist ein Eingriff in die Persönlichkeit. Mittlerweile kennt man GNTM und die Teilnehmerinnen wissen, dass sie bei dieser Show gewisse Dinge einfach mitmachen müssen. Im echten Modelleben sieht das anders aus. Da können die Models auch Jobs ablehnen, wenn sie beispielsweise nicht in Dessous abgelichtet werden wollen. Bei GNTM ist das eben nicht so, es werden alle Szenarien durchgespielt, damit man für das echte Leben in der Branche flexibel einsetzbar ist.
Auch wenn man Jobs ablehnen kann: Im echten Modelleben müssen die Frauen doch bestimmt auch außergewöhnliche und manchmal fragwürdige Styles über sich ergehen lassen?
Auf jeden Fall. Ich habe für eine sehr namhafte Marke eine Show vor mehr als 3.000 Leuten eröffnet. Auch mir wurden an diesem Tag die Haare gefärbt, ich bekam eine schwere Eisenstange und anderen Haarschmuck auf den Kopf platziert. Ich bekam von dem Stylisten prophylaktisch Schmerztabletten, um dieses Gewicht aushalten zu können. Dieser Job ging über viele Stunden und ich durfte mich nicht bewegen, sonst hätte ich mir meine Haare zu einer Glatze abgerissen. Außerdem haben fremde Leute meinen nackten Körper eingepudert, damit ich in mein Latex-Outfit komme. Ob einem das selbst gefällt, ist eine andere Sache. Aber das war eben der Job und so ist das Modelleben. Natürlich hätte ich den Job ablehnen können, aber ich war stolz, dabei zu sein und habe deshalb einiges über mich ergehen lassen. Heute würde ich so etwas nicht mehr mit mir machen lassen.
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Worum geht es bei dem GNTM-Umstyling wirklich: Drama für die Zuseher produzieren oder die Models für den Markt möglichst attraktiv machen?
Natürlich sollen die Models für den Markt fit gemacht werden. Wenn man auf die Laufstege von großen Marken wie Gucci schaut, haben viele Models aktuell einen Kurzhaarschnitt. Gefragt ist Wiedererkennungswert und Außergewöhnlichkeit. Neben dem Laufsteg gibt es Kampagnen, da sind wieder andere Typen gefragt. Konservative Marken wollen wiederum andere, natürliche Styles als außergewöhnliche Labels. Es muss also alle Facetten geben. Beim GNTM-Umstyling wird nicht der Mut der Teilnehmerinnen belohnt, sondern es geht darum, das neue Styling anzunehmen und seine positive Ausstrahlung nicht zu verlieren. Eines der bekanntesten Umstylings war das von
"Es geht um Wiedererkennung wie auch 'Victoria's Secret' zeigt"
Welcher Typ Model ist bei den großen Labels und auf den Runways gerade sehr beliebt?
Es geht meiner Ansicht nach um Wiedererkennung. Das zeigt auch das Beispiel von "Victoria’s Secret": Erstmals wurde ein Model mit Down-Syndrom engagiert. Sie ist eine großartige Frau, mit einer super Ausstrahlung. Ein starkes Signal für unsere Gesellschaft. Bisher stand "Victoria’s Secret" für sehr strenge Standards. Wir sind eine vielfältige Gesellschaft und Schönheit ist das, was Menschen ausstrahlen und nicht irgendwelche Maße. Das macht Frauen Mut. Ich finde es deshalb schön, dass Designer und Labels demgegenüber aufgeschlossener werden. Eine gute Ausstrahlung verkauft ein Produkt, denn nur wenige Käuferinnen können sich mit den herkömmlichen Model-Maßen identifizieren.
Diversity ist in dieser Staffel das große Thema. Wie finden Sie diese Entwicklung?
Für mich war es mehr als überfällig, dass die Sendung in diese Richtung geht. Menschen haben Kurven, sind schlank, haben kurze oder lange Haare. Genau das muss auch in der Modebranche ankommen. Ich wünsche mir schon seit Jahren, dass sich die Zuschauerinnen in den Models wiedererkennen können. Als ich als Model angefangen habe, waren die Maßstäbe und Anforderungen sehr streng: Erst ab 1,77 Meter wurde man genommen, um mein Gesicht wurde eine Skizze gezogen, um zu prüfen, ob es oval ist, denn das war ganz wichtig. Es wurden keine Gelnägel, keine Piercings oder Tattoos, keine Makel geduldet, dafür bitte die Maße 90-60-90. Das war Standard und gewünscht. Obwohl ich damals schon sehr schlank, fast schon untergewichtig war, wollte ein Designer, dass ich weiter abnehme.
Setzt gerade der Model-Markt auf Diversity oder springt GNTM nur auf dieses Thema auf, weil es gerade populär ist?
Es ist gut und wichtig, dass GNTM mehr auf die Themen Diversity und Vielfalt setzt. Schade ist, dass genau die Kandidatinnen, die das verkörpern, bisher nicht die besten Jobs an Land ziehen konnten.
"Barbara ist für mich eine der großen Favoritinnen"
Denken Sie, dass Kandidatinnen wie Barbara, Lieselotte oder Lena, also die älteren und kurvigeren Teilnehmerinnen, auch nach der Sendung Erfolg haben können?
Barbara ist für mich eine der großen Favoritinnen, sie hat eine wunderschöne Ausstrahlung. Auch die Generation meiner Mutter findet diese älteren Kandidatinnen super. Barbara hat auf jeden Fall ein großes Model-Potenzial, auch im echten Leben nach GNTM.
Sie kennen das Thema aus eigener Erfahrung: Wie wird hinter den Kulissen entschieden, welche Frau welches Styling bekommt? Wie viel davon entscheidet
Ich kann von meiner Zeit berichten. 2008 hatte Heidi eine Stylistin, die auch ihre Haare gemacht hat. Wir waren damals bei dieser Stylistin in Düsseldorf zum Umstyling. Die Vorschläge wurden in einem Team besprochen und Heidi hat sich alles angeschaut, kommentiert und sie hatte eine aktive Rolle inne. Bei dem Umstyling geht es ja nicht darum, den Geschmack der Kandidatinnen zu treffen. Man kann einer Dauerwelle, wie sie in der aktuellen Sendung zum Einsatz kommen soll, auch sehr kritisch gegenüberstehen. Gerade im Hinblick darauf, dass das die Haare nachhaltig zerstört. Aber es wird Kunden geben, die genau das wollen. In der Model-Branche muss man für vielfältige Geschmäcker offen sein. Die Schwierigkeit ist, den neuen Style anzunehmen und seine Ausstrahlung zu bewahren. Diejenigen, die sich auf das einlassen können, können bei GNTM weit kommen.
"Ich würde Viola gerne schlichter stylen"
In früheren Staffeln wurden alle umgestylt, dieses Mal nur einige: Warum ist das so, was glauben Sie?
Heute beschäftigen sich die Teilnehmerinnen viel mehr mit dem Thema Styling und Mode an sich. Bei manchen ist Heidi vielleicht der Meinung, dass sie schon den perfekten Stil gefunden haben, der auch gerade gefragt ist. Nicht jede braucht diese Veränderung.
Eine der auffälligsten Kandidatinnen in dieser Staffel ist Viola. Würden Sie ihr Styling ändern?
Ich würde sie gerne schlichter stylen, beispielsweise mit braunen Haaren. Sie hat von sich aus einen hohen Wiedererkennungswert, auch ohne die bunten Haare. Viola hat ein wunderschönes, markantes Gesicht. Das prägt sich ein.
Würde man ihr dann nicht genau diese Einzigartigkeit nehmen?
Nein, denn ihre Persönlichkeit macht sie einzigartig. Ich bin auch noch wegen meiner Ausstrahlung da, nicht wegen meiner Haare. Aber sie ist einfach ein Typ. Es ist gut vorstellbar, dass Heidi sie nicht umstylt. Trotzdem würde ich sie gerne mal in einem anderen Look sehen.
Hätte Viola mit ihrem Stil auch im realen Modelbusiness gute Chancen auf Jobs?
Viola hätte gute Chancen auf Jobs, aber sie ist ein sehr spezieller Typ. Ich kann mir nicht vorstellen, dass sie für Abendgarderobe gebucht werden würde. Das wäre wiederum eher was für Barbara. Jedes Model hat seine Nische, es gibt kaum ein Model, das allround für alles engagiert wird. Violas Haare schränken sie auch ein und sie passt eben nur in gewisse Bereiche, wie Street-Style. Hätte sie die Haare schlichter, würde sie auch andere Kunden ansprechen.
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Wie haben Sie Ihr Umstyling damals erlebt?
Ich hatte keine Zeit, über mein Umstyling nachzudenken, weil ich Gina-Lisa trösten musste (lacht). Ihre langen Haare wurden radikal abgeschnitten, das war eine der krassesten Typveränderungen. Meine Haare gingen damals bis zum Bauchnabel. Heidi Klum sagte, man müsse meine Extensions und falschen Wimpern entfernen. Ich wusste gar nicht, wovon sie spricht, an mir war alles echt. Meine dicken, gesunden Haare wurden ausgedünnt und bis zu den Schultern abgeschnitten, das hat mich auch traurig gemacht.
Wenn Sie Heidi Klum ein neues Styling verpassen könnten: Wie würde das aussehen?
Heidi Klum ist mit ihrem Styling bekannt geworden und hat damit eine Marke kreiert. Ich weiß, dass Heidi Mittelscheitel liebt. Vielleicht wäre ein Undercut was für sie, würde ja auch zu ihrem jetzigen Wild-Girl-Lifestyle passen. (lacht)
Das große GNTM-Umstyling können Sie nicht nur bei ProSieben, sondern auch bei uns im Couchticker live verfolgen.
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