Kennen Sie eigentlich noch Kim? Ja, die vor einer Woche "Germany's next Topmodel" gewonnen hat. Zugegeben, die Frage ist ein bisschen früh, aber selbst ProSieben geht noch einmal auf Nummer sicher und blättert für uns im Fotoalbum der vergangenen Staffel. Für alle, die nicht im Detail wissen wollen, bei welchem Shooting welche Kandidatin hot und sexy sein sollte und wer wann wen nicht gemocht hat, hätte diese Zusammenfassung vollkommen gereicht. Ein Blick auf die GNTM-Welt.

Christian Vock
Ein Kommentar

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Drei Monate sind nicht genug: ProSieben blickt zurück auf die vergangene Staffel von "Germany's next Topmodel", und so darf man noch einmal auf die Reise gehen und sich zum Beispiel die Kabbeleien der Juroren Thomas Hayo und Michael Michalsky ansehen, als es darum geht, welches Mädchen in welches Team kommt. Man bekommt noch einmal bis zum Rande der Glaubhaftigkeit versichert, wie witzig Kandidatin Fred mit ihrer Glückshose gewesen ist. So lustig, dass sie bereits in Folge zwei nach Hause darf: "Weder Heidi noch Thomas waren wirklich Fans von Fred", erklärt Michael Michalsky über Freds Ausscheiden. Und Heidi Klum bestätigt das: "Ich bin ein Riesen-Fan von Fred." Na ja, jedenfalls musste die lustige Fred gehen.

"Germany's next Topmodel": schlicht gewinnt

Dabei ist lustig ja eigentlich genau Heidis Ding, gibt sie sich doch seit Jahren Mühe, als das stets putzmuntere und einsatzbereite Spaß-Model zu erscheinen. Dementsprechend fällt auch ihr rückblickendes Urteil über die beiden Teams aus. Während sie Team Michalsky eine gewisse Trantütigkeit attestiert, nimmt sie Team Thomas als lustig und immer Spaß habend wahr und zeigt damit, dass diese ganze Schwarz-Weiß-Nummer weniger eine Frage des Wettbewerbs als vielmehr eine der inneren Weitsicht ist. Ein einfaches Weltbild erleichtert eben vieles.

Aber diese Schlichtheit ist von Anfang an Prinzip bei "Germany's next Topmodel". Kandidatinnen werden erstens in Schubladen gepackt, damit man zweitens eine Geschichte daraus machen kann. Das ergibt dann am Ende Menschen-Klischees vom Feinsten: die lustige Fred, die zickige Yusra, die ehrgeizige Kim, die schusselige Lara, die direkte Jasmin und so weiter. Das ist schön einfach, damit kann der Mann vom Schnitt gut arbeiten.

Eigene Meinung? Besser nicht

Auf diese völlige Nivellierung charakterlicher Graustufen werden dann nicht weniger schlichte Wahrheiten als Lebensmaxime oben draufgepackt. Übergroße Wegweiser in einer Welt, in der es ohnehin nur einen Weg zum Ziel gibt: den von Heidi Klum. Wie zur Demonstration der Klum'schen Deutungshoheit, wird in der gestrigen Zusammenschau dann noch einmal die Szene gezeigt, in der Kandidatin Yusra es wagt, eine eigene Meinung zu haben und ihr Problem lieber mit Juror Michalsky unter vier Augen statt vor der ganzen Gruppe geklärt hätte.

"Ich muss sagen, wenn ein Mädchen frech ist, gerade auch zu den Juroren, finde ich das nicht gut. Ich merk mir das schon im Hinterkopf", erklärt Heidi Klum gestern Abend noch einmal ihre diesbezüglichen Gedanken. Roger Willemsen hat ja schon viel über Heidi Klums Kopf gesagt. An dieser Stelle sei darauf verzichtet und stattdessen noch einmal Klums Satz zitiert, den sie Yusra bei ihrer Entscheidung für deren Ausscheiden auf den Weg gegeben hat: "Ich weiß, dass man nicht immer jedem gefallen kann, aber man muss es versuchen." Bei solchen Sätzen bleibt dann jedem, bei dem Wörter wie Haltung und Rückgrat zum aktiven Wortschatz gehören, der Mund offen stehen.

"GNTM", der Endlos-Werbespot

Aber mit "gefallen müssen" kennt sich Unternehmerin Klum aus, verbindet sie doch geschickt wie kaum ein anderer Inhalt und Zweck einer TV-Sendung. So geschickt auf jeden Fall, dass selbst die smarte Kim nicht mehr zwischen Traum und Realität unterscheiden kann: "Als ich den Opel-Job bekommen habe, habe ich mich mega darüber gefreut", erklärt Kim, als sie das Casting für einen Opel-Werbespot gewinnt und nimmt gar nicht mehr wahr, dass sie und die anderen Mädchen sich längst in einem Endlos-Opel-Werbespot befinden. Es kommt eben immer darauf an, wie man das Ganze verpackt.

Davon können die Kandidatinnen Elena C. und Jasmin ein Lied singen, denn natürlich kam auch deren vermeintliche Feindschaft, die wochenlang die Folgen füllte, gestern Abend noch einmal zur Sprache. Doch diesmal fand Elena C. erklärende Worte für die Reibereien: "Irgendwann habe ich dann Scheiße gebaut und über sie geredet, obwohl ich es nicht hätte tun sollen. Wo es anfing bei mir gut zu laufen, war auch die Zeit, wo es zwischenmenschlich eingesackt ist."

Mit Folgen: "Im Internet wird Jasmin über Nacht zur Schuldigen erklärt", erkennt der Off-Sprecher und Thomas Hayo weiß: "Es ist natürlich schwierig, weil viele der Leute, die kommentieren, kennen die Situation nicht so genau und wissen nicht, wie es hinter den Kulissen war. Und es kommt natürlich auch ab und zu ein bisschen einseitig rüber. Jasmin hat viele krasse Sachen gesagt, aber sie dann so zu verteufeln, ist auch ein bisschen problematisch." Vielleicht sollte er dann einfach mal bei der Produktionsfirma nachfragen, wie es denn zu einer solchen Einseitigkeit kommen konnte.

Fehlstunden im Model-Unterricht

Es ist diese schlichten Zutaten, aus denen "Germany's next Topmodel" auch diesmal wieder zubereitet war. Da werden banale Vorkommnisse zu Geschichten aufgebauscht, einfache Weltbilder unters Publikum gestreut und junge Mädchen vermeintlich aufs wahre Modelleben vorbereitet. Wie junge Frauen diese Welt der Oberflächlichkeit durchstehen, ohne den Verstand und die eigene Haltung zu verlieren, oder wie man sich in dem Business vor Knebel-Verträgen schützt - für diese Unterrichtseinheiten ist nach zehn Jahren aber offenbar immer noch kein Platz im Modelunterricht.

Wer sich trotzdem davon unterhalten fühlt, wird auch bei Staffel zwölf wieder einschalten. Für alle, die bisher so gar nichts mit der Klum'schen Welt anfangen konnten, war das gestrige Best-Of eine schöne Bestätigung, warum dem so ist.

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