- Wie kommen im Reality-TV-Genre Honorare und Gagen für die Teilnehmer eigentlich zustande?
- Weshalb kassiert der eine mehr als der andere und warum ließ der Sender RTL2 kürzlich seine "Kampf der Realitystars"-Protagonisten einschätzen, wer von ihnen am meisten abgreift?
- Der Medienpsychologe Jo Groebel hat die Antworten.
In einer Folge des RTL2-Formats "Kampf der Realitystars" ging es kürzlich ans Eingemachte. Im Rahmen der Spielrunde "Wer verdient am meisten?" sollten die Protagonisten abschätzen, wer von ihnen für die Teilnahme die höchste Gage kassiert.
Vor dem Hintergrund, dass sich Sender und Protagonisten diesbezüglich in der Regel eher bedeckt halten, ein durchaus seltenes Ereignis. Alles ökonomisches Kalkül seitens RTL2, um hier Neid und Missgunst zu schüren und den Zusehern eventuell eine hohe Dosis Disharmonie rüberschieben zu können?
Experte Groebel: "Die Stars sind selten gute Verhandler"
"Aber sicher", sagt Medienpsychologe Jo Groebel im Gespräch mit unserer Redaktion umgehend: "Als dramaturgische Elemente sind Neid und Missgunst für den Sender natürlich immens gut. Das würde in jedem Land hervorragend funktionieren, nicht nur in Deutschland."
Die vom Format "Bauer sucht Frau" in Deutschland durchaus bekannte
"Gagenverhandlungen sind an sich wirklich Sache des Managements oder der Agenturen", erklärt Groebel. "Die Stars selbst sind selten gute Verhandler. Ein professioneller und kompetenter Manager oder Agent hingegen weiß exakt, wie weit er in Verhandlungen gehen kann. Und natürlich gibt’s auch seitens der Sender eine gewisse Range, die von einem Maximalhonorar gedeckelt wird."
Wer Zoff macht, generiert Quote
Wie sich im Laufe der "Kampf der Realitystars"-Folge herausstellte, staubten Reality-TV-Urgestein Kader Loth, Basketballer und "Bachelor" Andrej Mangold sowie Rapper und "Love Islander" Mike Heiter jeweils eine Gage von mehr als 50.000 Euro ab.
In der Branche übliche Honorare? "Bei B-Promis, die seit geraumer Zeit in der TV-Landschaft eine hohe Sichtbarkeit haben und in ihrem Genre so etwas wie Stars sind: ja", bestätigt Jo Groebel.
Der Experte erklärt weiter: "Der Wert einer Person ergibt sich für einen Sender auch daraus, ob sich mit ihr im Zuge der Ausstrahlung Schlagzeilen machen lassen oder sie für veritablen Zoff sorgen könnte – sowohl als auch befeuert ja gemeinhin die Quoten." Für C-Promis mit geringer Medienpräsenz sei im Falle eines Triumphs neben der Siegprämie oft schon die Sendezeit ein hoher Belohnungswert.
Sechsstellige Gagen für echte Stars
Ganz anders stellt sich die Gagensituation bei echten A-Promis dar. Groebel bestätigt das: "Im Falle von richtigen Stars wie etwa Boris Becker, der meines Wissens in Großbritannien an einem Reality-Format teilnahm, sind das natürlich andere Dimensionen. Da reden wir über gute sechsstellige Beträge, die auch schon mal siebenstellig werden können."
Bei prominenten Talkshow-Hosts, also Moderatoren-Stars, würden laut Groebel zudem oft mehrere Faktoren miteinfließen. "Wenn jemand in der Lage ist, eine eigene Produktionsfirma einzubringen und somit ein komplettes Paket zu verkaufen, dann kommen natürlich andere Geldsummen ins Spiel", gibt der Medienpsychologe ein Beispiel.
GNTM: Keine Gagen für die Mädchen
Wie bei "Germany’s next Topmodel" abgerechnet wird, findet Groebel moralisch durchaus fragwürdig, "wenngleich auch dort keiner dazu gezwungen wird, bei der Show mitzumachen". Hintergrund: Bei Heidi Klums Format sollen die Mädchen ob der Perspektive, durch das Format entdeckt und somit vielleicht berühmt zu werden, überhaupt keine Gage erhalten.
"Das Spiel mit den glühenden Wünschen Hunderttausender, von denen nur zehn überbleiben, ist ja auch kein neues mehr. Und das System hat oft schon gezeigt, dass selbst jene, die nicht reüssieren und unter ferner liefen rausgehen, dennoch häufig über Jahre von ihrer Prominenz leben können", erklärt Groebel.
"Topmodel"-Sprecherin Tina Land erklärte außerdem einst in einem Gespräch mit der "Bild", dass die GNTM-Kandidatinnen für Jobs bezahlt werden, die sie innerhalb der Show ergattern - und zwar "von den jeweiligen Kunden".
Keine Straßenfeger in naher Zukunft
Dass der Spuk "Reality-Format" irgendwann ein Ende haben wird, bezweifelt Groebel inzwischen. "Alle fünf Jahre habe ich mal gesagt, dass jetzt in Bälde alle gelangweilt sein werden – und mich noch jedes Mal getäuscht. Dennoch: Die großen Hits sind diese Formate heute nicht mehr, vergleicht man die aktuellen Quoten mit jenen vor 15, 20 Jahren", konstatiert der Medienpsychologe, der aber auch darauf hinweist, dass das Business ja nicht nur daraus besteht, jederzeit höchste Quoten zu generieren.
"Schafft man es, eine bestimmte Kernzielgruppe zu erreichen, dann rechnet sich das noch immer. Aber die echten Straßenfeger werden so schnell nicht mehr kommen", prognostiziert Groebels.
"So arbeitet die Redaktion" informiert Sie, wann und worüber wir berichten, wie wir mit Fehlern umgehen und woher unsere Inhalte stammen. Bei der Berichterstattung halten wir uns an die Richtlinien der Journalism Trust Initiative.