Nach 17 Tagen Regendwaldzirkus in Down Under zieht unser Dschungelcamp-Experte Julian F.M. Stoeckel Bilanz. Haben die Reality-Stars dem Dschungel gutgetan? Wer hat am meisten überrascht? Und vor allem: Wer holt sich jetzt die Krone?
So ein bisschen anders fühlt sie sich schon an, diese 18. Staffel von "Ich bin ein Star - Holt mich hier raus". Was fehlt, sind die großen Regenwald-Momente und legendären Zitate früherer Ausgaben des Dschungelcamps.
Von diesem Jahr bleiben in Erinnerung: Streit ums Kochen, Prüfungen mit null Sternen, Fake-Vorwürfe, gerichtet sowohl an die Mitcamper, als auch an RTL, Toilettengänge von
Deswegen liegt nach 17 Tagen im australischen Busch vor allem eine Frage an unseren Dschungelcamp-Experten
War das die anstrengendste Dschungelcamp-Staffel aller Zeiten?
Julian F.M. Stoeckel: Eine sehr berechtigte Frage. Ich würde vielleicht sagen: die schwerfälligste. Alles hat sich gezogen, kam nicht so richtig in Fahrt. Es war nicht besonders laut, spannend, aufregend, schrill, sondern ist so vor sich hingedümpelt. Diese Staffel war auf jeden Fall anders als alle davor: Und das liegt daran, dass RTL die Tür für die Reality-Stars so weit geöffnet hat. Ob der Sender sich damit einen Gefallen getan hat?
Glauben Sie, dass nächstes Jahr wieder so viele Reality-Stars dabei sein werden?
RTL hat gemerkt, dass diese Reality-Stars Quote bringen und abliefern. Der große Unterschied zwischen Reality-Stars und uns, also Künstlern, Moderatoren, Entertainern, Sängern, ist: Wir gehen einer Kunst nach und versuchen natürlich, uns treu zu bleiben. Wenn man allerdings keiner Kunst nachgeht und der Erhalt der eigenen Person immer nur damit zu tun hat, dass man sich von Format zu Format hangelt, hat man weniger zu verlieren. Aber die Quoten zeigen, dass es beim Dschungel in diesem Jahr ganz gut gelaufen ist. Deswegen wird die Tür für die Reality-Stars nicht weiter zugehen, sondern eher weiter auf.
Es war auf jeden Fall die Staffel mit den meisten abgebrochenen Prüfungen und mit den meisten Prüfungen mit null Sternen. War war da los? Die wussten doch alle, worauf sie sich einlassen?
So ist es! Die Reality-Stars haben ein Problem. Die wollen immer alle berühmt werden. Das ist ihnen wahnsinnig wichtig. Aber wenn es der persönliche Lebenstraum ist, ins Dschungelcamp zu kommen, dann ist das ja schon ein bisschen irritierend, wenn ich das so sagen darf.
Das ist nett formuliert.
Genau. Und ich glaube, am Ende wollen sie eben nicht wirklich berühmt werden. Wer eine nachhaltige Karriere im Showbusiness anstrebt, müsste mehr wollen als die anderen. Die einzige, die in dieser Staffel mehr wollte als die anderen, war
Einer, der offenbar sehr überzeugt von sich war und sich auch sicher war, das Dschungelcamp zu gewinnen, war Maurice. Nach seinem Rauswurf hat er sogar Fake-Vorwürfe gegen RTL erhoben.
Maurice ist ein Paradebeispiel für einen Influencer oder Social-Media-Darsteller, der jetzt schon glaubt, eine wahnsinnig besondere Persönlichkeit zu sein. Aber zu glauben, dass das, was er macht, Unterhaltung ist, ist halt vollkommen falsch. Er hat an irgendwelchen Dating-Formaten teilgenommen, wie Hunderte andere auch. Das hat keine Bedeutung. Ich hatte auch das Gefühl, dass viele der Reality-Stars im Dschungel gar keine Demut haben - Demut vor dem Showgeschäft. Deren Welt dreht sich nur um sie. Deswegen hat es mir unglaublich gut gefallen, dass RTL komplett gesendet hat, wie Maurice dem großen Sender RTL vorwirft, wie blöd das doch alles ist, was sie im TV zeigen und dass alles Scheiße ist. Wenn man als Reality-Star nach dem Dschungelcamp eine wie auch immer geartete Karriere bei RTL anstrebt, ist es natürlich besonders schlau, denjenigen, den man gerne als Partner an seiner Seite wissen möchte, vor Publikum niederzumachen. Und RTL denkt sich: Wunderbar, hier war deine Eintrittskarte ins Dschungelcamp. Und hier präsentieren wir dir auch gleich deine Austrittskarte (lacht).
Immerhin eine seiner Prüfungen war sehr unterhaltsam: Für viele ist die Wasser-Prüfung mit Lilly jetzt schon die legendärste Prüfung aller Zeiten.
Wenn man seinen Unterhaltungswert auf diese eine Prüfung reduziert, ist das wahrscheinlich richtig. Unterhaltung will ich das gar nicht nennen. Er hat uns belustigt. Denn das ist ja ein Unterschied: Lache ich mit Leuten oder lache ich über Leute? Und ich habe die ganze Staffel über ihn gelacht, nur selten mit ihm. Ich habe mich meistens geschämt oder geniert, weil ich mir dachte, wie völlig neben der Spur kann man eigentlich sein? Das ist schon skurril.
Im Finale sind jetzt Lilly,
Lilly war von vornherein eine meiner drei Favoritinnen, zusammen mit Anna-Carina Woitschack und Jörg Dahlmann. Lilly ist völlig zu Recht im Finale, weil sie alles hat, was man braucht, um Dschungelkönigin zu werden: Sie ist empathisch, kann sich durchsetzen. Sie war nie negativ, zickig, deprimiert oder depressiv, sondern immer positiv, lustig, schrill, auch mal frech, dominant, was mir sehr gut gefallen hat. Alessia Herren beschütze ich ein bisschen, weil ich mit Willi Herren sehr gut befreundet war. Ich finde nicht alles an ihr lustig, mich unterhält auch nicht alles, was sie macht. Aber sie hat sich gewandelt. Gerade in den letzten Tagen hat sie Dinge gesagt, die gezeigt haben, dass sie empathisch war, nachgedacht hat über ihre Außenwirkung und wie der Zusammenhalt in der Gruppe ist. Sie ist ein bisschen über sich hinausgewachsen. Die wahrscheinlich größte Überraschung im Finale ist Pierre Sanoussi-Bliss. Den hatte niemand auf dem Schirm, weil er auch in einer Serie mitgespielt hat, die wahrscheinlich nur noch Über-50-Jährige kennen. Aber am Ende hat er durch seine Persönlichkeit gepunktet, nicht durch seinen Beruf als Schauspieler, sondern als Pierre, als Privatmensch Pierre. Er war der stille Beobachter, hat eine Art Marcel-Reich-Ranicki-Position eingenommen - wie ein Kritiker der eigenen Handlung und als Kritiker der handelnden Personen. Ich fand ihn sehr sympathisch und werde ihn auf jeden Fall nächstes Jahr zu meiner Dschungelparty einladen.
Wer von den dreien wird's?
Von der Durchsetzungskraft, vom Charme, auch von der Aura her wird es wahrscheinlich Lilly. Wenn sie es nicht wird, dann Pierre. Er hat auch mit Charme und einer gewissen inneren Ruhe und Distanz, auch zu sich selbst, überzeugt. Alessia hat, glaube ich, die wenigsten Chancen.
Wenn Sie ein Fazit ziehen müssten: Was würden Sie sagen?
RTL muss begreifen, dass das Dschungelcamp mit vielen alten Stars, egal ob sehr berühmt oder weniger berühmt, besser läuft. Weil diese Leute einfach mehr mitbringen. Das sieht man in diesem Jahr an Pierre Sanoussi-Bliss und ich glaube, so sollte das auch in den kommenden Jahren sein: Große Stars, die vielleicht ein bisschen in Vergessenheit geraten sind, aber durch den Dschungel ein großes Comeback erleben können. Leute, die mit Glamour, mit Persönlichkeit, mit Unterhaltung, mit Witz punkten können oder auch damit, dass sie schrill sind. Im Dschungelcamp sollten nicht so viele Leute dabei sein, die keine Persönlichkeit haben. So wie Yeliz Koc, sie hat einfach keine Persönlichkeit. Sie ist nur da, ähnlich wie auch Maurice Dziwak oder Sam Dylan. Und für das Dschungelcamp reicht das nicht.
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