Am 20. Dezember kehrt André Dietz in Folge 4601 zu "Alles was zählt" zurück. Zuletzt war der Rheinländer im November 2020 in seiner Rolle als Physiotherapeut Ingo Zadek in der RTL-Serie zu sehen.
Im Interview mit unserer Redaktion spricht der 49-jährige Schauspieler über die Gründe für sein "AWZ"-Comeback nach vierjähriger Pause, sein Engagement für Inklusion sowie das Nachfolgeprojekt von "Zum Schwarzwälder Hirsch". Für die Doku wurden Tim Mälzer und Dietz mit dem Grimme-Preis ausgezeichnet.
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André Dietz: Erst einmal wurde ich gefragt, ob ich das gerne machen würde – übrigens auch von vielen Menschen auf der Straße. Das Interesse hat in den vergangenen vier Jahren, in denen ich nicht mehr bei "AWZ" zu sehen war, tatsächlich überhaupt nicht nachgelassen. Ich liebe es, mit Kaja (Schmidt-Tychsen; spielt die Jenny Steinkamp, d. Red.) zu drehen und ich liebe diese Rolle. Also kam ich zu dem Entschluss, dass man nach vier Jahren Pause nochmal ein Gastspiel geben könnte.
Hat sich Ingo, der die vergangenen Jahre in Afrika verbracht hat, verändert? Oder ist er ganz der Alte geblieben?
Das war ein großes Thema zwischen den Produzenten, den Machern der Serie und mir. Ich habe mich im Laufe der ersten 14 Jahre konsequent dagegen gewehrt, etwas an diesem Cowboy-Outfit zu verändern. Wir kennen ja alle Homer Simpson: Der trägt immer eine blaue Hose und ein weißes Hemd. Dieser Wiedererkennungswert bringt einen gewissen Wohlfühleffekt mit sich – sowohl für die Leute, die das gucken, als auch für mich. Daher habe ich dafür plädiert, dass sich dieser Typ natürlich null verändert hat. Zwar sind die Haare ein bisschen grauer geworden, aber im Prinzip muss Ingo aus meiner Sicht unverändert bleiben. Ob ich damit durchgekommen bin, wird man dann sehen.
André Dietz verrät: Das hat mich so jung gehalten
Haben Sie selbst sich denn verändert?
Nein, auch ich als André habe mich nicht verändert. Nächstes Jahr werde ich 50, was mir niemand glaubt, der mit mir redet. Das liegt nicht daran, dass ich so jung aussehe, sondern weil ich im Kopf und im Herzen immer ein Kind geblieben bin. Diese Einstellung hat mein Vater mir in jungen Jahren eingetrichtert, obwohl ich damals nicht verstanden habe, was er meinte. Es mag total abgedroschen klingen, aber es stimmt einfach. Mir hat es jedenfalls gutgetan, so zu denken – und damit auch Ingo. Von meinen Freunden und auch von meiner Frau werde ich manchmal gefragt: "Wann wirst du eigentlich mal erwachsen?"
Was antworten Sie darauf?
Ich weiß es ja selbst nicht (lacht). Aber ich glaube, dass mir meine vier Kinder diesen Freibrief gegeben haben. Mit jeder weiteren Geburt habe ich die Chance bekommen, selbst ein Stück weit Kind bleiben zu dürfen. So etwas hält natürlich auch jung.
Ihr "AWZ"-Charakter Ingo kehrt nach Essen zurück, weil er seine Heimat vermisst. Sind auch Sie ein heimatverbundener Typ oder doch eher der Abenteurer, der am liebsten ständig auf Reisen wäre?
Wir haben darüber innerhalb der Familie mit Blick auf die politische Situation in der letzten Zeit immer mal wieder gesprochen. Zum Beispiel stand im Raum, ob man nicht vielleicht mal ein Jahr nach Australien auswandern könnte. Aber ganz abgesehen davon, dass wir unsere Kinder nicht aus ihrem Lebensmittelpunkt reißen wollen, haben meine Frau und ich irgendwann doch festgestellt, dass wir durch und durch Rheinländer sind. Ich wurde in Koblenz geboren, lebe mittlerweile seit 1997 in und um Köln. Wir fühlen uns hier zu Hause und können es uns nicht vorstellen, woanders zu leben. Das heißt aber nicht, dass wir nicht gerne in den Urlaub verreisen.
"Herbstresidenz": Darum geht es in der neuen Doku
Die einen kennen Sie aus "Alles was zählt", die anderen aus der Doku "Zum Schwarzwälder Hirsch". Für dieses TV-Format wurden
Ja, es wird 2025 ein Nachfolgeprojekt bei VOX ausgestrahlt. Allerdings arbeiten wir diesmal nicht nur mit jungen Menschen mit Trisomie 21 (auch als Down-Syndrom bekannt; Anm. d. Red.) in einem Restaurant zusammen, sondern sind in die Altenpflege gegangen. Wir versuchen, den Aspekt Inklusion in die Altenpflege einzubinden. Die Sendung heißt "Herbstresidenz mit Tim Mälzer & André Dietz".
Was hat das "Restaurant"-Format mit Blick auf die Sichtbarkeit von Menschen mit Down-Syndrom auf dem Arbeitsmarkt bewirken können?
Es ist erkennbar, dass Inklusion in der Gesellschaft inzwischen viel höher gehängt wird. Das ist unglaublich wichtig. Dennoch haben wir Inklusion erst dann geschafft, wenn wir nicht mehr darüber reden und diesen Begriff vielleicht gar nicht mehr gebrauchen müssen. Das Projekt "Zum Schwarzwälder Hirsch" hat es mir ermöglicht, auch mit Menschen auf politischer Ebene über dieses wichtige Thema zu sprechen. Ich darf die einzelnen Namen nicht nennen, aber es ging ziemlich weit nach oben. Vor den Gesprächen wurde mir gesagt, dass ich bitte nett sein solle. Das war ich – und trotzdem habe ich deutlich gemacht, wie schlecht alles läuft, was Inklusion und den Arbeitsmarkt betrifft. Insofern glaube ich schon, dass wir ein bisschen was bewegen und einiges aufzeigen konnten. Diesmal gehen wir in der Altenpflege meines Erachtens sogar nochmal einen Schritt weiter.
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Worauf haben Sie die Politiker in erster Linie hingewiesen? Was muss konkret besser werden?
Es muss schon eine ganze Menge getan werden. Ich nenne mal ein Beispiel: Jeder, der keine Behinderung hat, kann sich zigmal umentscheiden, welchen Beruf er ausüben möchte. Menschen mit Behinderungen haben auf dem Arbeitsmarkt jedoch nur ein bis maximal zwei Versuche. Inklusion bedeutet aber, dass jeder das Recht auf jede Entscheidung seines Lebens hat. Darüber hinaus treibt mich unser Schulsystem sehr um, das leider alles andere als inklusiv ist. Ich habe selbst eine Tochter, die auf eine Förderschule geht, weil es nicht anders möglich ist.
Wie geht es Ihrer Tochter aktuell? Ein wesentlicher Grund, warum Sie "AWZ" damals verlassen haben, waren ihre massiven Schlafprobleme.
Ihr geht es gut. Und ihr geht es tatsächlich immer gut, auch wenn sie schlecht schläft. Wir als Eltern haben damit größere Probleme als sie. Wir sagen immer: Unsere Tochter hat ein kleines Atomkraftwerk im Körper, weil sie über eine unglaubliche Energie verfügt. Dennoch haben wir das Schlafproblem noch nicht ganz in den Griff bekommen. Wir sind unschlagbare Optimisten, haben aber aufgehört, darüber zu reden – aus Angst, dass es eine Woche später wieder schlechter läuft.
"Bobby"-Preisträger Dietz dankt verstorbenem Bobby Brederlow
Sie wurden auch mit dem Medienpreis "Bobby" ausgezeichnet, benannt nach dem kürzlich verstorbenen Schauspieler Bobby Brederlow. Inwiefern wird er als Wegweiser für Inklusion für immer in Erinnerung bleiben?
Auf dem langen, steinigen Weg, Inklusion "zu schaffen", ist das Wichtigste die Sichtbarkeit. Viel wichtiger als der Beitrag meiner Frau und mir – die wir ja "nur" Platzhalter sind, ein Sprachrohr für unsere nicht-sprechende Tochter – zum Thema Inklusion ist der Beitrag von Menschen mit Behinderung selbst. Sie zeigen: "Hey, ich bin wie ihr, ich bin selbstverständlich Teil unserer Gesellschaft in allen Lebenslagen." Bobby hat das als einer der Ersten gezeigt, viele Türen geöffnet und viele Scheuklappen entfernt.
Zurück zu "AWZ": Ingo kehrt kurz vor Weihnachten auf die Bildschirme zurück. Wie werden Sie die Feiertage verbringen?
Wir feiern Weihnachten sehr traditionell. Obwohl wir nicht gläubig sind, gehen die Kinder an Heiligabend mit meiner Frau in die Kirche. Ich bereite in der Zeit alles vor. Das ist zu einem schönen, familiären Ritual geworden. Wir fragen uns aber jedes Jahr aufs Neue, wie lange wir es noch durchziehen wollen zu behaupten, dass das Christkind kommt. Bei uns im Rheinland kommt natürlich das Christkind und eben nicht der Weihnachtsmann.
Ihre Soap-Karriere begann einst nicht bei "AWZ", sondern bei "Unter uns". Warum sind diese beiden Serien heute noch beliebt?
Heute konsumieren wir Serien anders, alles ist über die Streamingdienste auf Abruf verfügbar. Damals musstest du pünktlich vor dem Fernseher sitzen, um deine Lieblingsserie sehen zu können. Rituale sind seit Urzeiten für uns Menschen wichtig. Eine Serie zu schauen, ist ein Ritual. Es ist ein "sich zu Hause fühlen". Mir ging das früher selbst so, als ich "Two and a Half Men" geschaut habe. Das war zu einer Zeit, in der ich mich selbst nirgendwo so richtig zu Hause fühlte. Erst damals, also Anfang der 00er-Jahre, habe ich verstanden, warum Menschen Serien schauen. Man trifft auf Charaktere, die man kennt und an die man sich klammern kann. Vielleicht ist Ingo also gar nicht so ein toller Charakter. Vielleicht finden die Leute ihn einfach nur cool, weil er so lange dabei war (lacht).
Über den Gesprächspartner
- André Dietz ist ein deutscher Schauspieler, Autor und Musiker. Die Fernseh-Laufbahn des gebürtigen Koblenzers begann 1997 bei "Unter uns", ehe er 2006 bei "Alles was zählt" einstieg. Insgesamt 14 Jahre lang verkörperte er in der RTL-Serie den Physiotherapeuten Ingo Zadek. Nach gut vierjähriger Abstinenz kehrte Dietz im Dezember 2024 zu "AWZ" zurück. Für die TV-Doku "Zum Schwarzwälder Hirsch", in der er an der Seite von Spitzenkoch Tim Mälzer Menschen mit Down-Syndrom in einem Restaurant ausbildete, wurde der Schauspieler 2023 mit mehreren Auszeichnungen geehrt, darunter der "Grimme-Preis" sowie der Medienpreis "Bobby".
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