Mit der "Superduper Show" will ProSieben seit Dienstagabend neue Wege gehen. Dort treten nämlich verschiedene Mini-Shows gegeneinander an, die sich Kinder ausgedacht haben. Klingt innovativ und könnte es auch sein – wenn man die Kinder nur ernst genommen hätte.

Christian Vock
Eine Kritik
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"Die Superduper Show". Das klingt eingängig. Gleichzeitig klingt es, als hätte jemand bei der namensgebenden Redaktionskonferenz "Die Superduper Show" als Arbeitstitel vorgeschlagen und nach ein paar Wochen, als man sich hat festlegen müssen, hat man gesagt: "Ach komm, was soll's. Lassen wir's so." Könnte sein. Es könnte aber auch sein, dass man den Namen ganz bewusst ausgewählt hat, schließlich trägt er doch die beiden Kernaussagen der Show in sich.

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Zum einen natürlich, dass es sich hier um eine in irgendeiner Weise herausragende Show handeln muss. Zum anderen, dass es mit Kindern zu tun haben muss, denn nur Kinder sagen "superduper". Ginge es um Erwachsene, würde eine herausragende Show bei ProSieben nicht "Die Superduper Show" heißen, sondern "Die beste Show der Welt" und sie würde von Klaas Heufer-Umlauf und Joko Winterscheidt moderiert werden. Heißt sie aber nicht und wird sie nicht.

TV-Shows und Kinder, das ist so eine Sache

Stattdessen ist es eben "Die Superduper Show", wird von Katrin Bauerfeind moderiert und funktioniert so: Fünf Promis sollen jeweils eine kleine Show auf die Beine stellen – allerdings nicht nur in Eigenleistung, sondern auch noch auf Bestellung. Die Ideen und Wünsche für die fünf Shows stammen nämlich nicht von den Promis, sondern von Kindern. Am Ende entscheidet das Publikum im Studio, welche Show die beste, eben "Die Superduper Show" ist.

"Moment mal! Eine Show, in der Show-Ideen gegeneinander antreten – das kenn' ich doch!", wird sich da der eine oder die andere denken. In der Tat ist das Konzept sehr dicht dran an bereits erwähntem Format "Die beste Show der Welt" von Heufer-Umlauf und Winterscheidt. Dass hier aber nicht zwei gestandene Fernsehmacher am Werke sind, sondern Kinder, ist nicht nur der große Unterschied – es könnte auch das große Problem der "Superduper Show" werden. Denn TV-Shows und Kinder, das ist so eine Sache.

In TV-Shows wird Kindern allzu oft nicht auf Augenhöhe begegnet. Hier gibt es in der Regel keine Aufteilung in junge und alte Menschen, sondern in Erwachsene und Kinder. Und in dieser Rollenverteilung sind Kinder ein Unterhaltungsshowelement mit bestimmten Eigenschaften: süß, vorlaut, witzig, unbeholfen, altklug, unbekümmert, talentiert – was man eben gerade so braucht. Kinder tauchen in TV-Shows nie als Teilnehmer auf, sondern immer nur in ihrer Funktion als Kind. Und auch "Die Superduper Show" schlägt von Anfang an in diese Kerbe.

Die ersten deutschen Gesichtsmeisterschaften

"Hallo PoSieben! Heute bestimmen wir, was läuft" oder "Kinder an die Macht bei ProSieben!" bekommen zwei Kinder in einem Einspieler gleich zu Beginn in den Mund gelegt und die Befürchtung ist groß, dass es in dieser Weise weitergeht. Doch zunächst begrüßt Katrin Bauerfeind das Stammpersonal aus Bill und Tom Kaulitz, Annette Frier und Edin Hasanović. Den wöchentlich wechselnden Platz im Promi-Team besetzt in Folge eins TV-Unterhalter und Buch-Autor Wigald Boning.

Die Promis sind also da und schon haut Katrin Bauerfeind den ersten Wie-Kinder-so-sind-Spruch raus. Es sei erstaunlich, dass noch niemand Kinder nach einem Konzept für eine TV-Show gefragt habe, "denn wir wissen alle: Kinder haben so erfrischende Ideen. Zimmerwände mit Wachsmalern verschönern, Böller im Backofen." Nein, Augenhöhe ist das nicht. Genauso wenig wie der Umstand, dass man bei der Auftragsübergabe kein Gespräch zwischen Promi und seinem Kind arrangiert, sondern jeden alleine und getrennt voneinander aufgenommen und beide Passagen dann gegeneinander geschnitten hat. Das mag produktionstechnische Gründe gehabt haben, aber die Frage dahinter ist: Hätte man das mit Erwachsenen genauso gemacht?

Anni und Annette Frier
Anni und Annette Frier bildeten ein Team bei der "Superduper Show". © Joyn / Willi Weber

Wahrscheinlich nicht und das gilt auch für die Art und Weise, wie die Ideen der Kinder umgesetzt wurden. Zum Beispiel "Die deutschen Gesichtsmeisterschaften". Die hatte sich die zehnjährige Annie ausgedacht und sie funktionieren so: Die Promis spielen drei Spiele gegeneinander, Darts, Basketball und Diskuswerfen. Die wichtigste Regel: Es darf nur mit Körperteilen gespielt werden, die sich im Gesicht befinden. Arme, Beine und Hände sind tabu.

Nur "superduper" statt Zipp und Zapp

Eine Idee, die sicher keinen ganzen Samstagabend stemmt, aber doch recht witzig anzusehen ist, wenn Hasanović, Boning und die Kaulitz-Brüder eine kleine Diskus-Scheibe mit dem Mund herumschleudern. Das Gleiche gilt für die spätere Sieger-Show "Bä?! Schmeckt das gut!", die Edin Hasanović für Paula umgesetzt hat und bei der die Promis erraten müssen, wer vom anderen Team gerade ein ungenießbares Gericht serviert bekommen hat. Das funktioniert alles als Idee – nur bei der Umsetzung hapert es und das liegt an zwei Dingen.

Edin Hasanovic
Edin Hasanovic (l.) und Soraya (r.). © Joyn / Willi Weber

Zum einen daran, dass die Kinder zwar die Ideengeber sind, bei der eigentlicher Show aber nicht mehr viel zu melden haben. Annie etwa darf die ganze Zeit nur am Spielfeldrand stehen und zugucken, eine Sprechrolle bekommt sie erst, als Bauerfeind sie nach dem Spiel großmütterlich fragt: "Was fandest du am besten?" Paula durfte "immerhin" die versalzenen Gerichte servieren. Da hätte man sich ein bisschen mehr Mut von der Produktion gewünscht, die Kinder ein bisschen prominenter in ihre eigenen Shows einzubauen.

Noch mehr Mut hätte es auch an anderer Stelle gebraucht, vor allem aber mehr Geld. Dann hätte man die Shows nämlich mit deutlich mehr Zipp und Zapp umgesetzt und echte "Superduper Shows" gemacht, nicht nur die Kassen-Versionen. Dann wären Boning und Co. bei den Gesichtsmeisterschaften nicht in einer zusammengezimmerten Holzkiste verschwunden, die nur noch den Kopf freilässt. Nein, dann hätte man richtig oder zumindest genügend Geld in die Hand genommen und eine richtige Studiokulisse gebaut.

Wo war Capital Bra?

Ähnliches gilt für das Spiel "Das Gangstala Theater", bei dem die Promis Rap-Texte erraten sollen, die von Kasperle-Figuren gesprochen werden. "Ich fand ja: Kasper Bra, Rapper Seppl und die Schwester Gretel – das ist doch besser als wenn die Echten da gewesen wären – oder nicht?", fragt Katrin Bauerfeind nach dem Spiel Ideengeber Amon rhetorisch und die Antwort muss lauten: "Nein, das war nicht besser! Wie cool wäre es gewesen, hätte ProSieben das Geld für den echten Capital Bra in die Hand genommen."

Denn wenn die Ideen nicht von Show-Profis sind – egal, ob jung oder alter Profi, dann muss man sie ein bisschen aufbohren, eben eine richtige Show daraus machen. Dann gäbe es Glitzer, Feuerwerk, eine Band, eine Showtreppe oder Musik und nicht nur eine Holzkiste und ein Kasperletheater. Dann gäbe es eine superduper Show und nicht nur eine "Superduper Show". Oder anders formuliert: Dann hätte man die Kinder als Menschen ernst genommen und nicht nur als Unterhaltungsshowelement.

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