In Folge acht des "Bachelors” kommt es zum großen Showdown zwischen zwei Kandidatinnen. Wer meint es ehrlich, wer nicht? Am Ende wirft David Jackson eine von beiden aus der Sendung.
Wir starten in dieser Woche mit einem kleinen Exkurs. Das Prinzip von Reality-TV ist, dass es trotz seines Namens keine Realität abbildet, aber so tut als ob. "Der Bachelor” gaukelt uns seit 13 Staffeln vor, ein Mann träte an, um die große Liebe zu finden. Die Voraussetzungen dafür sind denkbar schlecht. Weder weiß der Bachelor vorher, welche Frauen die Produktionsgesellschaft für ihn ausgesucht hat, noch die Kandidatinnen zum Zeitpunkt ihrer Bewerbung, wer der Mann ist, für den sie in den folgenden Wochen Gefühle entwickeln sollen. Hinzu kommt, dass bei jedem Treffen ein komplettes Fernsehteam zugegen ist, Szenen neu gedreht oder wiederholt werden müssen, die Redakteure Anweisungen geben und so weiter und so fort. Romantik geht anders.
Trotz all dieser widrigen Umstände gehört es zu den Gesetzmäßigkeiten der Show (Staffel zehn ausgenommen), dass sich am Ende der Staffel ein Paar seine Liebe erklärt. Die deutschen Teilnehmerinnen und Teilnehmer haben noch Glück, in den USA endet "The Bachelor” traditionell mit einem Heiratsantrag. So ist es nicht weiter verwunderlich, dass es statt der großen Liebe eigentlich vor allem um die Steigerung des eigenen Bekanntheitsgrades geht. In den ersten Jahren der Show, um in der Boulevard-Presse stattzufinden, heute eher, um die Reichweite der eigenen Social-Media-Kanäle zu erweitern. Weil es aber keine Sendung gäbe, wenn das jeder so deutlich kommunizieren würde, ignorieren alle in "Der Bachelor” diese Umstände. Das Format ist also eigentlich ein großes Laienschauspiel.
Der Bachelor: Flirten am Fließband
Was nicht heißt, dass das nicht immer wieder Thema in den Folgen wäre. Eine Art Laienschauspiel im Laienschauspiel. Auserkoren wurde in dieser Staffel dafür Kandidatin Rebecca, die schon in den vergangenen Folgen von "Der Bachelor” immer wieder andeutete, es gäbe eine Teilnehmerin, die nicht wegen
Bis es so weit ist, muss aber das übliche Dating-Einerlei absolviert werden. Diesmal im Schnelldurchlauf. Sechs identische Dates, jede Frau bekommt drei Minuten. Das heißt, das einzige, wodurch die Treffen sich unterscheiden, sind die Gespräche. Was nicht nur wie eine Drohung klingt, sondern eine ist. Tuk Tuk fahren, Pizza essen, ein simulierter Regen, ein parat stehender Schirm, Tanzen, Kaffee trinken, ein Kinoplakat des Bachelors mit der jeweiligen Frau, eine Mariachi-Band, Blumen kaufen, fertig. Alles hintereinander aufgebaut wie am Fließband oder eben an einem Filmset.
Passend zum Realitätsanspruch des Reality-TVs ist das grüne Hemd des Bachelors jedes Mal sehr nass und bei der nächsten Frau sehr trocken. Der eigentliche Sinn dahinter: Der Bachelor küsst innerhalb weniger Minuten Chiara, Angelina, Rebecca und Henriette. Nur Lisa entkommt seinem wild gewordenen Lappen. Die Erkenntnis für die Zuschauer: In diesem Tempo könnte eine ganze Folge des "Bachelors” in 20 Minuten gesendet werden. Eine verlockende Vorstellung. Die Zusammenfassung des Bachelors: "Ich hab alle sechs Frauen geküsst.”
Alyssa spricht, als habe ein Urban Dictonary ihr Sprachzentrum gekapert
Entsprechend ist die Stimmung bei den folgenden Dates. "Ein bisschen cringe und awkward”, so drückt es Alyssa aus, die wie immer spricht, als habe ein Urban Dictonary ihr Sprachzentrum gekapert. Jeweils drei Frauen treffen auf den Bachelor, zuerst geht es zum Quesadillas machen. David Jackson interessiert sich nur für Chiara, mit der er immer wieder den Esstisch verlässt. Alyssa und Henriette schauen grimmig und beschäftigen sich auf ihre Art und Weise: Sie trinken erstaunlich viel Tequila in erstaunlich kurzer Zeit. "Nach dem dritten hab ich aufgehört zu zählen”, sagt Henriette. Vielleicht ist das der Grund, warum sie überraschenderweise bleiben darf. Viel redet sie mit dem Bachelor nicht, sie gehen direkt in den Dauerknutschmodus über. "Ich krieg das Lächeln in meinem Gesicht nicht mehr weg”, sagt Henriette danach. Was wohl weniger am Kuss als an den acht bis 28 Tequilas liegen dürfte.
Date Nummer zwei (Baden in gar nicht mal so heißen Quellen) gestaltet sich zunächst ähnlich verkrampft wie Treffen Nummer eins. Die Themen: Kaffee, Morgenmensch, Augenmasken. Rebecca versucht sich wieder ins Gespräch zu bringen, der Bachelor ist ganz woanders. Wo, das zeigt sich beim Dauergrinse-Gespräch mit Angelina. Es wird über gemeinsame Kindernamen (Rose und Romeo) und wer wessen Nachnamen übernimmt, gesprochen. Auch mit Lisa ist es "voll schön". Sie darf zum Einzeldate bleiben. Auf dem Menü steht, Sie werden es ahnen: Knutschen.
Rebecca intrigiert, der Bachelor ignoriert
Das alles ist aber nur die Einleitung für das zu Beginn angesprochene Laienschauspiel. Alyssa macht den Auftakt und erklärt dem Bachelor, dass sie glücklich ist, wenn er glücklich ist. Egal mit wem. Ganz so selbstlos ist Rebecca nicht. Sie setzt zum großen, dramatischen Finale von Folge acht an. Sie "bedrückt so einiges", startet sie den Dialog. "Manche nehmen es nicht so ernst", setzt sie nach. Gemeint sind die anderen Kandidatinnen in der Show. Diesmal wird sie konkreter. Chiara sei hinter der Kamera nicht so wie vor der Kamera, sie verhalte sich anders, wenn er, der Bachelor, nicht dabei sei. Was prinzipiell der Sinn von Fernsehen ist.
Der Bachelor ist "aufgewühlt" und "weiß es sehr zu schätzen", ist aber den Rest der Folge sichtlich unkonzentriert. Er habe gar nicht mehr damit gerechnet, dass es jetzt noch Frauen geben könnte, die nicht aus dem gleichen Grund dort sind wie er. Wir erinnern uns: David Jackson ist im Hauptberuf Influencer. Zur Narration der Show gehört aber natürlich so zu tun, als wäre das kein Faktor für seine Teilnahme an dieser Sendung. Passend zu dieser durchdramatisierten Nacht der Rosen erscheint im Anschluss an das Gespräch mit Rebecca Chiara und fragt: "Wie geht's dir? Immer noch gut?" Der Bachelor lacht nur. Ein Drehbuchautor hätte das nicht besser schreiben können.
Der Showdown erfolgt natürlich bei der Rosenübergabe. Übrig bleiben Alissa, Rebecca und Chiara. Wen wird der Bachelor wählen: die Verräterin oder die Kandidatin, die nur wegen des Ruhms dort ist? Die Antwort ist so einfach wie der sich ewig wiederholende Plot dieser Sendung: Chiara bleibt, die anderen Frauen müssen gehen. Wer mag schon eine Petze? Eben, niemand. Und schon gar nicht im Fernsehen, wo die scheinbare Realität nicht dramatisch genug sein kann.
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