Zu zahlreichen Gelegenheiten werden Tränen vergossen, und ein Krankenwagen rückt an. Zum Glück vergisst die zweite Folge der 7. Staffel von "Austria's Next Topmodel" bei all dem Drama nicht, nebenbei schöne Menschen in Unterwäsche zu zeigen.
Dass es bei "Austria's Next Topmodel" gerne tränenreich zugeht, ist man ja gewohnt. Dass diesmal gleich zweimal ein Krankenwagen vorfahren muss, um eine Kandidatin abzuholen, ist dann aber doch ungewöhnlich. Haben sich die kampflustigen Models etwa gegenseitig die Glätteisen an die Finger geklemmt? Von wegen: Kandidatin Junel kriegt wiederholt schwere Migräneanfälle, weswegen sie von Sanitätern ins Krankenhaus gebracht wird. Wenn man im richtigen Leben Migräne kriegt und nicht gerade an einer Reality-TV-Show teilnimmt, kommt nicht mal ein freiwilliger Zivildienstler.
Starke Männer helfen bei Zweifeln
Auch sonst gibt es Drama – beziehungsweise das, was die Macher der Sendung dafür halten. Bianca beispielsweise entpuppt sich als heftige Selbstzweiflerin, die sich fett und hässlich und absolut untalentiert findet. Und das, obwohl sie als Gewinnerin aus der dieswöchigen Foto-Challenge hervorgeht! Nachdem ihr Gejammer schon bei den Kollegen die Nerven strapaziert, darf ihr Freund Patrick helfen, der sie mit einem liebevollen Kuss sofort beruhigen kann und positivere Gedanken bei ihr produziert. Unser Held!
Zweifel hegt auch die 16-jährige Nicole, die mit viel Wasser im Auge ihren Freund anruft, um ihm zu erzählen, dass sie beim Modeltraining nicht gut war. Schniefend sagt sie, dass sie Angst hat, er würde eine Bessere finden, während sie weg ist, und dass sie das Gefühl hat, er wäre gar nicht stolz auf sie. Er reagiert wie jeder sensible Mann, der mit derartigen Vorwürfen konfrontiert wird. "Kompletter Blödsinn, was du redest", protestiert er. Gut, dass wir drüber gesprochen haben.
Apropos Telefonate: In der schönsten Szene der ganzen Folge ruft der 18-jährige Benedikt seine Freundin an – und hat ganz offensichtlich das Skript auf dem Schoß, von dem er seinen Text abliest! "Du fehlst mir auch, Baby", säuselt er mit flacher Stimme und konzentriertem Blick auf den Zettel. Diverse Morphing-Effekte kaschieren dabei Schnitte in der Aufnahme. Zum Glück will Benedikt Model werden und kein Schauspieler.
Große Schuhe, kleine Unterwäsche
Besagtes Modeltraining lässt Nicole übrigens zur Wackelkandidatin werden. Ihre beiden Shootings laufen gut, aber beim Training hat sie zu große Schuhe bekommen und stolpert deswegen. Coach Papis Loveday ist das egal: Ein Model muss immer weitermachen! Wie ist das eigentlich, wenn man in zu großen Schuhen Migräneanfälle kriegt? Es besteht natürlich der Verdacht, dass dieses Training hauptsächlich eine Entschuldigung dafür war, endlich mal alle Jungs und Mädels in Unterwäsche zeigen zu können – nicht, dass wir uns darüber beschweren wollten.
Für das erste der Fotoshootings geht es unterdessen raus aufs Land, wo die feschen Kandidaten mit ebenso hübschen Pferden posieren dürfen. Da wird sinnlich geschaut, entspannt gelacht, sich aufreizend bewegt – und trotzdem lädt niemand das Pferd in die Endausscheidung ein, um ihm zu sagen, ob es in die nächste Runde kommt. Challenge Nummer zwei ist ein Videodreh für den Vorspann der Sendung, der Anlass für wildes Herumhüpfen und mehr Unterwäsche bietet (und Junels eingangs erwähnten zweiten Migräneanfall samt Krankenwagen).
Die lange Feedback-Runde
Das Feedback der Jury nimmt beinahe eine geschlagene halbe Stunde der Sendung ein. Immerhin dürfen die Nachwuchsmodels sich dafür noch zu Donna-Summer-Klängen in Klamotten werfen, die als "Seventies-Look" angepriesen werden, aber eher nach Parodie aussehen. Jetzt darf endlich mal ein Bursche heulen – aber nicht etwa, weil er rausfliegt. Nein: Lukas weint, weil ihm seine Freundin so liebe Kommentare unter die Facebook-Bilder gepostet hat.
Zwei Werbepausen später erfahren wir, wer diesmal gehen muss – obwohl das eigentlich von Beginn an sonnenklar war. Es ist Felix, der sich als "androgyner Typ" präsentierte, bis ihm - in der erste Folge - gesagt wurde, dass er vieles ist, aber definitiv nicht androgyn. Der Blick, den er bei der Entscheidung der Jury aufsetzt, ist übrigens exakt derselbe wie bei allen Fotoshootings. Komisch. Bei anderen hat ein Blick zum Sieg gereicht.
"So arbeitet die Redaktion" informiert Sie, wann und worüber wir berichten, wie wir mit Fehlern umgehen und woher unsere Inhalte stammen. Bei der Berichterstattung halten wir uns an die Richtlinien der Journalism Trust Initiative.