Einfach mal hinnehmen, nicht alles hinterfragen. Das empfiehlt sich insbesondere bei Horrorfilmen. Auch im Falle von "Annabelle". Der Nachfolger von "Conjuring - Die Heimsuchung" soll erklären, wie die unheimliche Puppe in die Glasvitrine der Familie Warren kam. Gute Gründe, warum darüber ein Film gedreht werden musste, werden hingegen nicht geliefert.
John und Mia erwarten ein Baby. Während sie liebevoll das Kinderzimmer für den bevorstehenden Nachwuchs vorbereitet, brütet er über den Haushaltsbüchern. So weit, so normal geht es bei der werdenden Kleinfamilie zu. Doch Unheil kommt über sie, als John der leidenschaftlichen Puppensammlerin Mia ein Geschenk macht. Denn das gute Stück ist nicht einfach nur geschmacklos, es ist besessen.
Doch obwohl Puppe Annabelle in ihrem Innern das Grauen birgt, bleibt sie völlig teilnahmslos. Sie sitzt oder liegt den ganzen Film über einfach nur da, zuckt nicht einmal mit der künstlichen Wimper. Nur ihr zombiesker Blick mit den zeitweise blutunterlaufenen Augen erinnert wieder daran, dass in ihr das leibhaftige Böse steckt.
Auch mit anderen Mitteln gelingt es Regisseur John R. Leonetti nicht, den Zuschauern einen Schauer über den Rücken zu jagen. Dem Dämon zum Beispiel, der im Halbschatten seine Fratzen schneidet. Der Erscheinungen, die plötzlich im Hintergrund durch das Bild laufen. Oder einer Nähmaschine, die wie von Zauberhand in Gang gesetzt wird und am Ende ihr Ziel – einen Finger – natürlich nicht verfehlt. So ideenlos, wie Annabelle in Szene gesetzt wird, so einfallslos kommt auch das Grauen daher. Das alles hat man schon einmal gesehen. Man hat in diesem Genre zwar auch schon deutlich Schlechteres gesehen. Gruselig ist "Annabelle" deshalb aber noch lange nicht.
Der eigentliche Kern der Geschichte geht zudem völlig unter. Nämlich, wie die Holzpuppe zum Horrorspielzeug und damit zum Exponat im Privatmuseum der Familie Warren wurde. Denn Annabelle ist nicht besessen, als Mia sie von ihrem Ehemann geschenkt bekommt. Erst in der darauffolgenden Nacht wird sie durch einen Tropfen Blut von einer psychopathischen Sektenanhängerin mit dem diabolischen Geist infiziert. Ganz nebenbei.
Warum musste Annabelles Geschichte also erzählt werden? Vielleicht, weil James Wans "Conjuring" ausgesprochen erfolgreich war. Leider kann Leonetti nicht an den Horror des Vorgängers anknüpfen; bis auf die passive Annabelle haben die beiden Filme nichts miteinander gemein. Manche Dinge in Horrorfilmen sollte man nicht hinterfragen. Manche Geschichten sollte man einfach auf sich beruhen lassen.
"Annabelle" startet am 9. Oktober bei uns in den Kinos.
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