Kennen Sie das Gefühl, sich nach einem harten Tag nur noch in den Sessel fallen lassen zu wollen, um vor dem Fernseher den Kopf auszuschalten? Ja? Selbst in diesem Zustand werden Sie bei "Adam sucht Eva" Angst um ihren Verstand haben. Denn auch die zweite Folge war wieder ein Paradebeispiel für Gaga-TV.
Der ehemalige Geschäftsführer von RTL, Dr. Helmut Thoma, hat einmal bezüglich der Programmauswahl den inzwischen viel zitierten Satz "Der Wurm muss dem Fisch schmecken und nicht dem Angler" gesagt. Das haben seitdem viele TV-Sender als Rechtfertigung verwendet, den größten Mist zu produzieren, solange ihn nur genügend Menschen ansehen. Dabei haben die Sender aber eines übersehen: Nur weil sich immer wieder genug Leute finden, die auch die größte Grütze gucken, heißt das nicht, dass nicht auch sie besseres Fernsehen verdient hätten.
Doch RTL hält auch nach 25 Jahren noch an dem Zitat seines ehemaligen Chefs fest und gestaltet sein Programm so, als traue es seinen Zuschauern immer noch nicht besonders viel zu. Nur so können es Sendungen wie "Adam sucht Eva" überhaupt ins Fernsehen schaffen, denn die Sendung bietet dem Zuschauer im wahrsten Sinne des Wortes nichts. Nichts Intelligentes sagen, nichts Spannendes zeigen und vor allem nichts anhaben.
Wo ist Guido Cantz, wenn man ihn braucht?
Es geht darum, Nackte zu zeigen, Nackte zu sehen und nackt gesehen zu werden. Und um so viel Nacktheit zu rechtfertigen, hat man das Ganze eben nicht in der Fußgängerzone von Kassel-Kirchditmold gedreht, sondern auf einer einsamen Insel. Aber immerhin ist RTL so ehrlich und versucht nicht mit irgendwelchen Mätzchen zu vertuschen, dass es dem Zuschauer intellektuell nicht viel mehr zutraut, als Nackten beim Nacktsein zuzugucken.
Das Traurige dabei ist, dass alle Beteiligten - also Produktionsfirma, Sender und die Nackten - das auch in der zweiten Staffel alles ernst zu meinen scheinen. Man wünscht sich so sehr, dass doch noch ein Off-Sprecher auftaucht und in bester "Perfektes Dinner"-Manier alles auf die Schippe nimmt. Dass sich irgendwann herausstellt, dass doch nur alles "Versteckte Kamera" ist. Wo ist
Doch Cantz kommt nicht. Stattdessen klebt man fest in dieser Nonsens-Welt, in der sich alles nur um Gespräche über primäre Geschlechtsmerkmale dreht, die dann von so etwas wie einem roten Faden zusammengehalten werden sollen. Dazu hat man sich das Konzept zweier Inseln ausgedacht. Während auf der Insel der Liebe sich die Nacken Gaetano und Beatrix näher kennenlernen dürfen, warten auf der Insel der Versuchung die ebenfalls unbekleideten Jeannine und Bahati auf den nächsten Adam. Der kommt dann auch in Gestalt des nackten Andre.
"Wie viel wiegen deine Eier?"
Was sich daraufhin abspielt, ist … genau, vollkommen egal. Denn wie gesagt, hier geht es einzig und allein ums Nacktsein und um das Reden übers Nacktsein. Deshalb hier nur ein kleiner Ausschnitt aus den "Gesprächen" der neuen RTL-Niveau-Offensive:
"Ich denke hier schon mehr an Sex." (Jeannine)
"Ich würde sagen, er hat einen Fleischpenis." (Jeannine zu Bahati)
"Ist das so die Länge, auf die du stehst." (Andre zu Bahati)
"Sind die Brüste von ihm?" (Jeannine zu Bahati)
"Jeannine fängt langsam an mich zu nerven. Ich sage ja auch nichts wegen ihren Bienenstichen." (Bahati)
"Ich guck immer auf deinen Penis." (Beatrix zu Gaetano)
"Wie viel wiegen deine Eier?" (Jeannine zu Andre)
"Es ist tatsächlich nur die Tendenz, die sich erhärtet." (Off-Sprecher)
"Wenn man gutes Werkzeug hat, ist der Handwerker im Vorteil." (Andre)
Nur der liebe Gaetano scheint auf seiner Insel der Liebe das Konzept der Sendung völlig vergessen zu haben und zeigt sich wirklich verliebt in seine Beatrix. Und man hört schon die Stimme des Produktionsleiters im Hintergrund schreien "Gaetano, jetzt reiß dich mal zusammen mein Junge. Hier geht es nicht um Gefühle, sondern um Penisse, äh … Würmer!" Vielen Dank, Herr Thoma.
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