Rammstein-Schlagzeuger Christoph Schneider hat sich öffentlich zur "derzeitigen Situation" auf Instagram geäußert. Er distanziert sich von Sänger Till Lindemann, warnt vor Victim Blaming – und hat sogar Worte für Shelby Lynn gefunden, die die Vorwürfe um Rammstein-Sänger Till Lindemann als Erste mit der Öffentlichkeit geteilt hatte.

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"Till hat sich in den letzten Jahren von uns entfernt und seine eigene Blase geschaffen", schreibt Rammstein-Schlagzeuger Christoph Schneider in seinem Statement auf Instagram. "Mit eigenen Leuten, eigenen Partys, eigenen Projekten. Das hat mich traurig gemacht, definitiv."

Das Posting des 57-Jährigen ist mehrere Seiten lang und beginnt mit den Worten: "Die Anschuldigungen der letzten Wochen haben uns als Band und mich als Mensch tief erschüttert." Die Band und die Crew erlebe gerade ein Auf und Ab der Emotionen.

Seit Ende Mai berichten immer mehr Frauen von ihren Erlebnissen auf Rammstein-Konzerten, nachdem die Irin Shelby Lynn ihre Erfahrungen in Vilnius auf Twitter öffentlich gemacht hatte: Ihr seien dort, so sagt sie, K.o-Tropfen ins Getränk gemischt worden und am nächsten Tag habe sie an ihrem Körper blaue Flecken gehabt. Woher sie die habe, könne sie nicht sagen. Sie stellte aber auch klar: Es sei zu keinem sexuellen Kontakt mit Till Lindemann gekommen.

Rammstein-Schlagzeuger Schneider: "Das tut mir leid für sie und ich spüre Mitgefühl"

Schlagzeuger Schneider schreibt dazu: "Nein, ich glaube nicht, dass etwas strafrechtlich Relevantes (wie z.B. der Einsatz von K.o.-Tropfen) passiert ist. Nein. Ich glaube nicht, dass etwas Verbotenes vor sich ging, habe so etwas nie beobachtet und dergleichen auch von niemandem aus unserer hundertköpfigen Crew gehört."

Er schreibt aber auch davon, dass Till Lindemann offenbar seine eigenen Partys abgehalten habe. "Alles, was ich von Tills Partys mitbekommen habe, waren erwachsene Menschen, die miteinander gefeiert haben", schreibt er und wird konkret: "Und trotzdem sind anscheinend Dinge passiert, die - wenn auch rechtlich ok - ich persönlich nicht in Ordnung finde."

Strukturen seien gewachsen, die über "die Grenzen und Wertvorstellungen der restlichen Bandmitglieder hinausgingen". Es sei ihm deshalb wichtig zu betonen, "dass Tills Partys nicht mit unseren offiziellen Aftershowpartys verwechselt werden".

Christoph Schneider schreibt weiter: "Ich glaube Till, wenn er uns sagt, dass er seinen privaten Gästen stets eine schöne Zeit bereiten wollte und will. Wie diese Gäste sich das genau vorgestellt hatten, unterscheidet sich jedoch anscheinend in einigen Fällen von seinen eigenen Vorstellungen. Die Wünsche und Erwartungen der Frauen, die sich jetzt gemeldet haben, wurden wohl nicht erfüllt. Sie haben sich laut ihren Aussagen unwohl gefühlt, am Rande einer für sie nicht mehr kontrollierbaren Situation. Das tut mir leid für sie und ich spüre Mitgefühl."

Der 57-Jährige weist aber auch darauf hin, dass jeder Gast wieder gehen könne, dem es im Backstagebereich nicht gefalle. Auch seien alle Flaschen dort versiegelt und würden vor den Augen der Gäste geöffnet werden. Er spricht sogar Shelby Lynn direkt an: Es tue ihm leid für alle, "auch für Shelby, sie hätte ein tolles Konzert und einen wunderschönen Abend verdient gehabt".

Kein Victim Blaming betreiben

Zum Schluss ruft Schneider dazu auf, kein Victim Blaming zu betreiben, also nicht den Frauen die Schuld zu geben, "damit sich weiterhin Menschen darüber zu sprechen trauen, wenn ihnen etwas passiert ist".

Neben Shelby Lynn haben sich in anderen Medien weitere Frauen zu Wort gemeldet, die von Machtmissbrauch und sexuellen Übergriffen erzählten. Sie schildern, dass sie das Erlebte als teilweise beängstigend empfunden hätten. Die Berliner Staatsanwaltschaft hat mittlerweile Ermittlungen gegen Till Lindemann eingeleitet: Die Behörde bestätigte auf Nachfrage unserer Redaktion, "dass aufgrund mehrerer Strafanzeigen Dritter – sprich, nicht am etwaigen Tatgeschehen beteiligter Personen – sowie von Amts wegen durch die Staatsanwaltschaft Berlin ein Ermittlungsverfahren gegen Till Lindemann wegen Tatvorwürfen aus dem Bereich der Sexualdelikte und der Abgabe von Betäubungsmitteln eingeleitet wurde".

Christoph Schneiders Posting hat innerhalb einer Stunde (Stand: 16. Juni, 15 Uhr) bereits über 15.000 Likes gesammelt. Der Tenor bei den Kommentaren: Respekt und Dankbarkeit. Viele versehen ihre Kommentare mit einem roten Herzen.

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