Sie werden es bemerkt haben, wir leben in unruhigen Zeiten. Bayern München ist nicht Deutscher Meister geworden, Micaela Schäfer tritt in die CDU ein und wenn man einem Bericht der "Bild"-Zeitung glauben mag, können Hummeln eine Woche unter Wasser überleben. Wer hätte das gedacht. Aber auch das Leben unserer Hollywood-Twins, Bill und Tom Kaulitz, steckt voller Überraschungen. Manche davon machen aber Angst.

Christian Vock
Eine Satire
Diese Satire stellt die Sicht von Christian Vock dar. Informieren Sie sich, wie unsere Redaktion mit Meinungen in Texten umgeht.

Bill und Tom Kaulitz beginnen die neueste Folge ihres Podcasts mit einer kleinen Verspätung, denn die beiden waren zuvor noch wandern. Dabei habe es angefangen zu nieseln, erzählt Bill, was ihn vor ein Problem gestellt habe: "Dann hatte ich sofort Angst, dass mein Spray-Tan abgeht."

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Eine nicht ganz unbegründete Angst, die aber eine zweite Angst nach sich zog. "Ich rieche noch so nach Hasenstall", erklärt Bill und fährt fort: "Wenn man schwitzt und es bräunt, riecht man nach Meerschweinchenkäfig."

Das kommt für mich ähnlich überraschend wie die Sache mit den Hummeln, führt Bill aber zu seiner zweiten Angst: "Ich muss sagen, ich hab Angst vor Meerschweinen", muss Bill sagen und präzisiert seine diesbezüglichen Gedanken: "Wenn ich ein Meerschweinchen in der freien Wildbahn leben sehen würde, würde ich schreien." Das kann keiner wollen.

Woher Meerschweinchen eigentlich kommen

Aber Bruder Tom nimmt Bill sofort seine Ängste: "Ein Meerschwein gibt’s nicht in der freien Wildbahn. Das sind nur Haustiere", erklärt Tom und taucht ein in die Geschichte des Meerschweinchens: "Meerschweine kommt daher, dass sie geschwommen sind übers Meer. Die kommen von Mallorca und sind einfach nach Deutschland geschwommen." Kleiner Funfact: So ziemlich alles an Toms Geschichte ist falsch. Lustig, aber falsch.

Meerschweinchen heißen natürlich so, weil zwei der damals noch namenlosen Tiere 1964 mit einem Uber von Recklinghausen nach Bochum gefahren sind, am Autobahnkreuz Herne aber plötzlich den Preis drücken wollten. "Wir zahlen 7 Mark Fuffzich, meer nicht!", sollen die Tierchen gesagt haben. Orthografie war schon in den 1960ern die Achillesferse von Meerschweinchen. Nach einem gut halbstündigen Wortgefecht soll der Uber-Fahrer die zwei dann auf Höhe des Herner Hornbach-Baumarktes rausgeschmissen haben, nicht ohne ihnen ein "Ihr Schweine!" hinterherzurufen.

Bill glaubt bedauerlicherweise Toms Mallorca-Version, was seine Ängste nur verstärkt: "Stell dir vor, ich seh’ auf Mallorca ein Meerschwein – ich würd' schreien, in freier Wildbahn. Weil ich glaube, die sind richtig aggressiv, die richtig von draußen kommen." Offenbar hat Bill seinem Bruder nicht zugehört, denn auf Mallorca gibt es doch gar keine Meerschweinchen mehr. Die sind ja damals alle nach Deutschland geschwommen. Zumindest fast alle. Eine kleine Gruppe ist bei Genua an Land gegangen und hat dort die erste Rollerdisco des Landes eröffnet. Das muss so 1740 gewesen sein, aber nageln Sie mich nicht fest.

Die Höhenangst müsste ja eigentlich Tiefenangst heißen

Bill wird die Abwesenheit von Meerschweinchen auf Mallorca aber nicht helfen, genauso wenig wie seine körperliche Überlegenheit. Denn selbst wenn er dort auf ein Meerschweinchen träfe, dürfte die Begegnung für ihn gut ausgehen. Man kann Bills körperliche Verfassung über den Podcast natürlich schlecht einschätzen, aber bei einem Handgemenge mit einem Meerschweinchen sollte er doch die Oberhand behalten.

Zumindest ein Unentschieden dürfte drin sein. Aber man weiß natürlich nicht, welche Erfahrungen Bill mit Meerschweinchen gemacht hat, Spott ist hier also fehl am Platz. Wenn man eine Angst hat, hat man sie eben, egal, wie irrational sie erscheinen mag.

Nehmen wir als Gegenbeispiel mal so eine handelsübliche Höhenangst. Im Gegensatz zur Angst vor Meerschweinchen erscheint die Angst vor Höhe doch ziemlich handfest – auch wenn eine Höhenangst genau genommen Tiefenangst heißen müsste.

Das Gefährliche an der Höhe ist ja nicht die Höhe, sondern die Tiefe. Die allerwenigsten Menschen dürften nämlich durch einen Sturz nach oben zu Tode gekommen sein, sondern eher, weil sie irgendwo hinuntergefallen sind. Sagt zumindest die Statistik.

Gleichzeitig hat man offenbar ebenfalls Höhenangst, wenn man gar nicht in der Höhe ist, sondern auf dem flachen Land, aber am Rande eines sehr großen und tiefen Loches steht. Da wird einem auch mulmig, obwohl weit und breit keine Höhe zu sehen ist, dafür aber sehr viel Tiefe.

Für Höhenangst-Geplagte mögen diese Überlegungen relativ wurscht sein, wenn man zitternd vor dem Abgrund steht. Doch egal, ob nun Höhen- oder Tiefenangst: Das, wovor man sich fürchtet, erscheint hier doch recht plausibel. Das ist aber längst nicht bei allen Ängsten der Fall.

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Wovor wir eigentlich Angst haben sollten

Bei einer Arachibutyrophobie zum Beispiel. Das ist die Angst vor Erdnussbutter beziehungsweise die Angst, dass Erdnussbutter am Gaumen kleben bleibt. Das ist in der Tat ein unangenehmes Gefühl, lässt sich aber aus Laiensicht recht einfach umgehen, zum Beispiel, indem man keine Erdnussbutter isst. Ähnliches gilt für die sogenannte Glucodermaphobie. Das ist die Angst vor der Bildung einer "Haut" auf Milch oder Pudding. Ob Bill an einer dieser Ängste leidet, weiß ich nicht, auch nicht, wie es sich beim Tokio-Hotel-Sänger mit der Kakophonophobie verhält. Das ist die Angst vor schlechter Musik.

Ja, manche Ängste, die man so hat, klingen absurd, aber noch absurder klingen Ängste, die man nicht hat. So haben interessanterweise viele Menschen weniger Angst davor, sich über Klimaaktivisten lustig zu machen, als vor der Klimakrise selbst.

Auch die Angst davor, was Rechtsextreme machen, wenn sie erst einmal gewählt sind, ist bei manchen Menschen nicht besonders groß. Manche befeuern das sogar, indem sie Rechtsextreme wählen, obwohl das ja schon mal mächtig schiefgegangen ist. Absurd, ich weiß. Offenbar ist, Ängste zu haben manchmal genauso irrational, wie Ängste nicht zu haben.

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