Bill und Tom Kaulitz sind wahre Tausendsassas. Sie singen, spielen Gitarre, sind Serienhelden, TV-Juroren, Parfüm-Verkäufer und natürlich Podcaster. In der neuesten Folge "Kaulitz Hills" beweisen die beiden aber noch ein weiteres Talent. Und das können wir wirklich gut gebrauchen.
Ein weltweiter Zoll- und Handelskrieg, der Krieg in der Ukraine, Wasserknappheit in Deutschland, wachsender Rechtsextremismus – es sind gerade schlimme Zeiten und es kommt sogar noch schlimmer. Denn ausgerechnet in diesen schlimmen Zeiten, in denen dringend ein ebenso kluger wie kühler Kopf gefragt ist, fällt ein großer Denker der Gegenwart aus:
"Ich hatte noch gar keine Zeit, zu decompressen oder drüber nachzudenken oder mal ganz kurz durchzuatmen, runterzukommen, über irgendwas nachzudenken", schildert uns Bill in der neuesten Folge "Kaulitz Hills" seinen aktuellen Gemütszustand. Er befinde sich "im absoluten Gefühlschaos", denn er sei gerade erst von der Tour zurück ins heimische Los Angeles gekehrt und habe, frisch in sein Haus gefallen, ein Tränchen verdrückt aus Freude und Erschöpfung.
So schwer Bill Kaulitz’ Nachdenk-Ausfall in dieser unruhigen Weltlage auch ist – wir akzeptieren ihn natürlich. Umso mehr, nachdem wir in dieser Folge Zeuge werden, wofür Bills geistige Kapazitäten thematisch noch reichen. So erzählen die Kaulitz-Brüder zum Beispiel, dass die beiden, aber auch der Rest ihrer Truppe, auf Tour vergleichsweise viel Zeit mit dem Konsum von Alkohol verbracht haben.
Tom trinkt in New York, Bill in Los Angeles
Zur großen Verwunderung der Zwillinge seien ihre Trinkkollegen aber "Lightweights" am Glas gewesen, hätten sich sogar am nächsten Morgen übergeben. "Wir sind halt ein bisschen trinkfester geworden", erklärt
Für alle Leser, die das Konzept von "Kaulitz Hills" nicht kennen: Bill und Tom berichten hier nicht nur von ihrer vergangenen und den kommenden Wochen, sondern leiten diese Kaulitz-Beschau auch stets mit einem Cocktail ein. Während Bill hier zumeist den passiven Part innehat, zeichnet Tom für die Auswahl und das Mixen des Getränks verantwortlich. Diesmal hat er sich für einen New York Sour entschieden, weil er gerade in New York weilt. Bill hingegen trinkt in Los Angeles einen Champagner, weil er immer eine Flasche im Kühlschrank habe.
Derart präpariert starten die beiden Berufspodcaster in die neue Folge, und ich begrüße diese Normalisierung des Saufens am Arbeitsplatz. Noch mehr sogar, ich fordere: Was für Rock-'n'-Roll-Stars gilt, sollte auch für den Rest der Bevölkerung gelten! Ich bin strikt gegen die Bevorzugung bestimmter Berufsgruppen. Wenn zwei Musiker meinen, dass der Gehalt ihrer Arbeit parallel zum Alkohol-Gehalt ihres Getränks steigt, warum soll das nicht auch bei anderen der Fall sein?
Auf die Polizei!
Machen wir es plastisch: Wenn ich wegen einer Blinddarm-Entzündung auf dem OP-Tisch liege, würde mein Vertrauen in das Kommende exponentiell steigen, würde mich der Chirurg mit dem Cocktail des Tages in der Hand begrüßen. Alkohol wirkt ja oft auch stimmungsaufhellend, und ich möchte lieber von einem gut gelaunten Chirurgen operiert werden als von einem nüchternen. Ähnlich verhält es sich beim Anästhesisten. Hier wäre es mir am liebsten, würde er nicht mit meiner Narkose beginnen, sondern mit seiner. Manche Menschen soll Alkohol ja ein bisschen müde machen.
Auch bei anderen Berufsgruppen würde ich eine Pflichtalkoholisierung einführen. Bei der Polizei zum Beispiel. Ich denke, wenn man jemandem eine Waffe anvertraut, dann sollte man ihm auch erlauben, dabei zu saufen. Das funktioniert an Silvester ja auch prima. Da darf sich auch jeder Feuerwerkskörper kaufen und sie dann ohne Verstand, aber mit reichlich Promille in die Gegend schießen. Das Bier in der einen, die Rakete in der anderen Hand – was soll da schon passieren? Und was jugendlichen Böllerwerfern erlaubt ist, soll Polizisten verboten werden? Wohl kaum.
"Ist der irre?", fragen Sie sich jetzt wahrscheinlich, und das völlig zu Recht. Bevor Polizisten ihren Dienst wie Bill und Tom mit einem Cocktail starten, muss natürlich zuerst geklärt werden, wer das dienstliche Trinken kontrolliert. Auf die Polizei würde ich hier nicht setzen, die Beamten haben ja schon genug zu tun und müssen jetzt auch noch zusätzlich saufen – das gibt nur noch mehr Überstunden. Nein, das müssen wir anders lösen. Vielleicht mit verdachtsunabhängigen Kontrollen durch andere Autofahrer. "Guten Tag, Dienstausweis und Pfand-Bon, bitte!", würde es dann heißen, ehe ein kleiner Atemalkoholtest direkt am Streifenwagen erfolgt.
Besorgniserregende Entwicklung
Ich denke, wenn jemand mit größtmöglichem Hebel an der Normalisierung von Alkohol mitwirken kann, dann ja wohl die Polizei! Wir müssen weg vom "Freund und Helfer"-Image und hinkommen zum "Freund und Trinker". Bill und Tom sollen nicht umsonst gesoffen haben, und die aktuellen Zahlen geben Mut: "87,0 Prozent aller Personen im Alter von 18 bis 59 Jahren haben in den letzten 12 Monaten bei mindestens einer Gelegenheit Alkohol konsumiert", heißt es auf den Webseiten des Bundesbeauftragten für Sucht- und Drogenfragen. Das ist erfreulich, gerade für ein Alkoholhochkonsumland wie Deutschland.
Allerdings gibt es auch Zahlen, die mir Sorge bereiten. Zwar sind 87 Prozent ein starkes Signal, allerdings auch ein uneinheitliches. Denn gerade bei Jugendlichen sank die Zahl derer, die innerhalb der letzten 12 Monate Alkohol getrunken haben, von 78,6 Prozent im Jahr 2001 auf 47,2 Prozent im Jahr 2021. Das ist eine bedrohliche Entwicklung! Gerade, wenn man die positiven Seiten des Alkohols betrachtet: So starben im Jahr 2022 mehr als 15.000 Menschen in Deutschland an einer ausschließlich durch Alkoholkonsum bedingten Krankheit.
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Ich denke, angesichts dieser Zahl kann man bei der Normalisierung von Alkohol gar nicht genug machen, und daher danke ich Bill und Tom, dass sie mit ihren regelmäßigen Geschichten übers Trinken und dem noch regelmäßigeren Folgen-Cocktail nicht müde werden, die Freude am Saufen aufrechtzuerhalten. Schließlich soll man ja mindestens zwei Liter am Tag trinken. Oder wie es Bill zum Ausklang der Folge formuliert: "Ich mach' mir jetzt ein schönes Fläschchen Rotwein auf, Champagner stell' ich jetzt beiseite."