Schauspiel-Legende und Humor-Kaliber Otto Schenk ist im Alter von 94 Jahren verstorben. Österreich trauert um einen seiner größten Söhne. Eine Hommage.

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Er war einfach "Der Schenk". Und wenn man "Der Schenk" ist, so wie Karl Farkas "Der Farkas" oder Helmut Qualtinger "Der Qualtinger" waren, so impliziert das vor allem eines: schon zu Lebzeiten Legendenstatus.

Otto Schenk prägte mehr als sieben Jahrzehnte lang die österreichische Schauspielszene und zählte zu den größten Komödianten des Landes. Dabei mochte es "Der Schenk" gar nicht so wahnsinnig, als außergewöhnlicher Komödiant und Possenreißer wahrgenommen zu werden.

Glaubhaft wolle er sein, meinte er einmal in einem Interview mit der Tageszeitung "Der Standard". "Man soll mir alles glauben, den Blödsinn wie die Sorge", sagte der Mann, der in seiner Karriere in über 130 Rollen schlüpfte.

Lampenfieber kannte Schenk dabei nicht. Im Gegenteil: Unmittelbar vor Premieren schlief er häufig sogar ein. "Ich bin so unendlich müde, dass alle glauben, ich könne gar nicht auftreten", sagte er einst über sich.

Jetzt kann er wirklich nicht mehr auftreten: Otto Schenk ist für immer eingeschlafen. Er starb am 10. Jänner 2025 im Alter von 94 Jahren, wie sein Sohn Konstantin Schenk bekannt gab.

Otto Schenk: "Ich war so ein Herzeige-Trottel"

Der kleine Otti, wie er schon als Kind von der Familie und Freunden genannt wurde, erblickte am 12. Juni 1930 in Wien das Licht der Welt und wuchs als Sohn eines jüdischen Notars auf.

Der Vater, der während der NS-Zeit nicht praktizieren durfte, war ein äußerst humorvoller Mensch und für den Kleinen ein absolutes Vorbild. "Aus den schwierigsten Situationen hat er den lächerlichen Ausweg gefunden. Ich habe ihn wahnsinnig geliebt", offenbarte Schenk dem "Standard".

Und der Apfel fiel nicht weit vom Stamm: "Auch ich hab schon als Kind ununterbrochen geblödelt, war so ein Herzeige-Trottel und musste immer Tante Emma nachmachen."

Nach der Matura studierte der junge Otto Schenk am Max Reinhardt-Seminar. Doch noch kurz zuvor war bereits der Urknall der Schenkwerdung erfolgt: Im Jahr 1947 feierte er im Theater der Jugend als Gendarm in Karl Schönherrs "Karrnerleut" sein Bühnendebüt.

Die steile und lange Karriere des Theaterblütlers

Die nächsten Jahrzehnte spielte sich Otto Schenk im Theater am Parkring, im Volkstheater, in der Josefstadt, der er in der Zeit von 1987 bis 1976 auch als Direktor vorstand, sowie in den Kammerspielen in die Herzen der Zuschauer.

"Bei einer Notschlachtung würde aus mir nix anderes herausrinnen als Theaterblut", meinte der Publikumsliebling einmal, der aber auch mit TV-Serien wie "Der Untermieter" oder "Familie Leitner" reüssierte und österreichische Fernsehgeschichte schrieb.

Darüber hinaus verfasste Otto Schenk zahlreiche Bücher, die zwischen Heiterkeit und Melancholie oszillierten, und zündete als "Vorleser der Nation" im Rahmen unzähliger Leseabende wahre Humorfeuerwerke.

1957 inszenierte Schenk, seit jeher unglaublicher Musiknarr, am Salzburger Landestheater mit Mozarts Zauberflöte erstmals eine Oper. Dieses weitere künstlerische Standbein führte ihn als ständigen Regisseur an die Wiener Staatsoper, aber auch in der New Yorker Metropolitan Opera, in der er 1970 mit "Fidelio" debütierte und knapp 40 Jahre später noch einmal seinen "Ring des Nibelungen" auf die Bretter brachte. Auch in der Mailänder Scala gab er regelmäßig den Ton an.

Verdienstvoller Understatement-Meister

Pflegte man hierzulande die Paraphernalien-Tradition, so würde der eine oder andere dem Schenk wohl eine Auszeichnung ins Grab legen.

Derer erhielt er im Laufe der Dekaden nicht wenige: Nestroyring (1991), Bayerischer Filmpreis (1993), Großes Goldenes Ehrenzeichen für Verdienste um die Republik Österreich (1994), Nestroy-Theaterpreis für sein Lebenswerk (2000), Romy (1991 und 2016), um nur einige zu nennen.

Schenk waren diese Auszeichnungen eher unangenehm, wenngleich dieses Geständnis schon auch ein wenig kokett war. "Otto Schenk setzt viel daran, seine vielfältigen Begabungen in der Öffentlichkeit herunterzuspielen – und sich die Aura eines liebenswerten Grantlers zu verpassen, dem keine menschliche Schwäche fremd ist", schrieb Petra Paterno 2015 anlässlich dessen 85. Geburtstags in der "Presse".

"Obwohl er der Schenk ist, ist dieser Mann von einer Bescheidenheit, die fast schon ein bisserl arrogant ist", erläuterte Michael Niavarani, ein enger Freund Otto Schenks, im Zuge seiner Laudatio für den Understatement-Meister, als dieser mit der Platin-Romy für sein Lebenswerk ausgezeichnet wurde.

Österreich sah und hörte Otto Schenk mit Leidenschaft zu. Und Österreich liebte es, sich von ihm unterhalten zu lassen. "Jeder Satz, den er sagt, ist eine Masterclass", befand Starbariton Gerald Finley einmal.

Richtig zugesetzt hatte Otto Schenk im Jahr 2015 der Tod seines engen Freundes und kongenialen Schauspielkollegen Helmut Lohner. "Mein halbes Theaterleben ist weg. Ich habe keinen Partner, der auch nur so ähnlich ist", sagte Schenk damals. "Unser Zusammenleben war ein ständiges miteinander Theaterspielen. Ich kann das Loch gar nicht schildern, das er jetzt in mein Leben reißt."

Otto Schenk: "Mein Tod interessiert mich nicht"

Jetzt ist auch Otto Schenks Vorhang gefallen. Und Österreich trauert um einen seiner Größten. "Mein Tod interessiert mich nicht, ich kümmere mich nicht um ihn", sagte Otto Schenk einmal fatalistisch.

Seine Fans kümmert er sehr wohl, ist es doch kaum vorstellbar, ihn auf keiner Bühne, in keiner Sendung mehr zu sehen. Otto Schenk folgte seiner Frau Renee Michaelis, die 2022 gestorben war. Er hinterlässt seinen Sohn Konstantin und dessen Familie.

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