Als dreifacher Gewinner des Eurovision Song Contests schrieb Johnny Logan Musikgeschichte. Am 31.12. wird er bei "Celebrate at the Gate", Europas größter Silvesterparty am Brandenburger Tor in Berlin auf der Bühne stehen.
Im Interview mit unserer Redaktion spricht der irische Sänger und Komponist über den Start ins neue Jahr, den Verlust seines Bruders und seine Asthma-Diagnose im Alter von 69 Jahren.
Johnny Logan: So ist es und ich kann es kaum erwarten, Teil dieses großartigen Events sein zu dürfen. Ich bin sehr dankbar und aufgeregt, an diesem Abend meinen neuen Song "Somebody Like You" live performen zu dürfen.
Worum geht es in dem neuen Track?
Das Lied ist während der Corona-Pandemie entstanden und ist all den Menschen gewidmet, die uns durch diese herausfordernde Zeit gebracht haben. Anfang 2020 haben die meisten von uns gedacht, Corona sei in drei Monaten wieder vorbei. Niemand hatte damit gerechnet, dass aus diesen drei Monaten drei Jahre werden sollten und Atemschutzmasken plötzlich Teil unseres Alltags sind. Viele Menschen haben im Rahmen der Pandemie mentale Erkrankungen wie Depressionen entwickelt – insofern bedeutet mir der Song sehr viel und ist an all die Menschen gerichtet, die uns durch diese Zeit begleitet haben.
Berlin für Johnny Logan "eine der besten Städte der Welt"
Die Party am Brandenburger Tor ist eine der größten Silvesterevents weltweit. Wussten Sie, dass Medienberichten zufolge mehr als 100 Millionen Menschen die Show im vergangenen Jahr im nationalen und internationalen Fernsehen sowie in Social-Media-Posts rund um den Globus verfolgt haben?
Nein, das wusste ich nicht. Aber vielen Dank für diese Info – nun bin ich extrem aufgeregt und kann mich kaum noch auf unser Gespräch konzentrieren (lacht).
Diesen Effekt wollte ich natürlich nicht erzielen ...
Beim Eurovision Song Contest schalten weltweit auch jedes Jahr mehr als 100 Millionen Menschen ein. Wobei die Artists beim ESC nur einen Song singen. Am Silvesterabend werde ich drei Lieder performen. Hoffen wir also, dass meine Nerven standhalten werden (lacht). Ich empfinde es als große Ehre, Teil dieses Events in Berlin, einer der besten Städte der Welt, sein zu dürfen. Ich habe viele Freunde in Deutschland, umso mehr freut es mich, hier ins neue Jahr starten zu dürfen.
2025 kann also kommen!
So ist es. Im November 2023 ist mein Bruder Michael verstorben. Ich habe mich nach diesem Verlust in die Arbeit gestürzt und habe die Trauer um ihn gewissermaßen verdrängt. An Weihnachten wurde ich dann sehr krank und bekam eine Lungeninfektion. Der Husten war so stark, dass meine Stimmbänder beschädigt wurden. So kam es, dass Anfang 2024 meine Stimme beim Versuch, laut zu singen, jedes Mal zusammenbrach – das war eine neue und wirklich beängstigende Situation für mich. Anfangs dachte ich, an den Folgen einer Covid-Infektion zu leiden, doch wie sich herausstellte, bin ich Asthmatiker – und das schon mein ganzes Leben lang.
Johnny Logan erhielt Asthma-Diagnose mit 69 Jahren
Die Erkrankung wurde also nie zuvor diagnostiziert?
Nein, erstaunlicherweise nicht. Dabei habe ich während meiner gesamten Laufbahn etwa alle ein bis zwei Monate Antibiotika wegen verschiedener Infektionen im Brustraum verschrieben bekommen. Damit ist mit der Diagnose endlich Schluss, ich habe seit März kein Antibiotikum mehr nehmen müssen. Außerdem ist meine Stimme besser und stärker als je zuvor. Ich kann höher und kraftvoller singen als in meinen 20er- und 30er-Jahren. Dennoch war es herausfordernd, erst im Alter von 69 Jahren festzustellen, bereits das ganze Leben an Asthma zu leiden.
Sie haben erzählt, in Deutschland viele Freunde zu haben. Wie beschreiben Sie die Beziehung zu Ihren deutschen Fans?
Es ist eine besondere Beziehung, die seit nunmehr 40 Jahren anhält und die mich sehr dankbar macht. Deutschland war immer ein Land, das es gut mit mir meinte und in dem mich die Menschen mochten. Insofern schätze ich die Beziehung zu meinen deutschen Fans sehr.
In Deutschland gibt es auch zahlreiche Traditionen, um den Start in ein neues Jahr zu feiern.
Ja, ich weiß. Ich habe beispielsweise gelernt, dass Marzipanschweinchen Glück bringen sollen. Und dass viele Menschen an Silvester rote Unterwäsche tragen. Wobei ich diesbezüglich nicht ganz sicher bin. Vielleicht frage ich während meines Auftritts am Brandenburger Tor, ob alle Menschen im Publikum rote Unterwäsche tragen. Aber da ich jetzt weiß, wie viele Menschen weltweit vor dem Fernseher zuschauen, lasse ich das vielleicht doch besser (lacht).
Stimmt Sie der Jahreswechsel auch nachdenklich?
Absolut. Das neue Jahr ist eine besondere Zeit, um an die Menschen in meinem Leben zu denken. Es mag morbide klingen, aber ich denke an meine Eltern und an alle Menschen, die ich bereits verloren habe. Ebenso denke ich aber auch an das Leben, mit dem ich gesegnet bin und an alle Menschen, die mich umgeben. Man muss einfach dankbar sein für die Dinge, die man hat, wenn man sie in ein neues Jahr mitnimmt. Vielleicht liegt es daran, dass ich älter werde, aber ich denke oft über solche Themen nach. Der Verlust meines Bruders, dem ich sehr nahestand, hat viel mit mir gemacht, ohne dass ich es bemerkt habe. Ich dachte, mit der Zeit über seinen Tod hinwegzukommen, aber die Trauer um ihn wurde eher schlimmer, und so war die Verarbeitung ein wirklich intensiver Prozess. Darüber hinaus mussten meine Partnerin Tanja und ich Abschied von unserem Hund Balu nehmen. Auch das war sehr prägend für uns. Es gibt Menschen, die denken, es war doch nur ein Hund. Aber für uns war er kein Hund, sondern ein Familienmitglied, nach dem ich ganz verrückt war.
Seit unserem letzten Interview sind gut anderthalb Jahre vergangen. Damals haben Sie gesagt, sich nicht vorstellen zu können, nochmal am ESC teilzunehmen. Hat sich an dieser Meinung etwas geändert?
Nicht wirklich. Beim diesjährigen ESC hatte ich im Halbfinale einen Gastauftritt und habe eine orchestrale Version von "Euphoria" gesungen, was eine wirklich wunderbare Erfahrung war. Doch backstage wirkten viele der Künstlerinnen und Künstler auf mich wie Kinder, denen man zu viel Schokolade und Limonade gegeben hat (lacht). Ich hatte das Gefühl, mitten in einer europäischen Version von "X Factor" oder ähnlichem gelandet zu sein, wo ich nicht hingehöre. Als ich die Bühne betrat, hat mich das Publikum mit einem unfassbaren Applaus empfangen. Genau dieses Gefühl und diese ganz besondere Atmosphäre werde ich immer mit dem ESC verbinden. Aber ich kann mir nicht vorstellen, noch einmal teilzunehmen. Der ESC von heute ist eine andere Show als damals und ich finde, man sollte im Leben bestimmte Dinge loslassen, um sie in bester Erinnerung halten zu können. Heute bin ich der Künstler, der ich immer sein wollte, was mich sehr glücklich macht.
Viele Künstler wagen auch etwas ganz Neues und nehmen an Reality-Formaten teil, etwa am in Deutschland beliebten TV-Format "Ich bin ein Star – Holt mich hier raus!". Könnten Sie sich vorstellen, in den TV-Dschungel zu ziehen?
Auf keinen Fall (lacht). Immer wenn ich die Show gucke, bin ich auf der Seite der Insekten, die die Prominenten fressen, nicht andersherum. Meiner Meinung nach ist das Format, neben "Love Island", eine der schlimmsten Fernsehsendungen. Ich kann diese Reality-Shows nicht ausstehen. Denn ich möchte das Beste von Menschen sehen, nicht das Schlechteste.
Über den Gesprächspartner
- Johnny Logan ist ein irischer Sänger und Komponist. Bis heute ist der Singer-Songwriter der einzige, der den Eurovision Song Contest dreimal gewinnen konnte – zweimal als Interpret mit den Songs "What's Another Year" und "Hold Me Now" und einmal als Komponist mit "Why Me".
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