"Dampfnudelblues", "Sauerkrautkoma" oder "Steckerlfischfiasko", der 2026 in die Kinos kommen soll: Die kuriosen Filmtitel der "Eberhoferkrimis" haben Kultstatus. Auch beim Cast der Reihe ist die Titelauswahl ein Thema. Es ist sogar ein Running Gag im Umlauf, wie uns "Susi"-Darstellerin Lisa Maria Potthoff im Interview verrät.

Ein Interview

Ob in ihrer sehr körperlichen Rolle der "Sarah Kohr" oder als "Susi", die in den "Eberhoferkrimis" für ihre Unabhängigkeit einsteht: Lisa Maria Potthoff ist dafür bekannt, starke weibliche Figuren zu verkörpern. Woraus sie ihre physische und mentale Kraft schöpft, schildert die 46-Jährige in ihrem aktuellen Buch "Vom Kämpfen und Lernen: Was mich die Kampfkunst über das Leben lehrt".

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Im Interview mit unserer Redaktion erklärt die Schauspielerin und Autorin, warum ihr Werk kein typisches "Leistungsbuch" ist und wie ihr die Kampfkunst im Alltag und Berufsleben hilft.

Frau Potthoff, wie geht es Ihnen nach der schweren Verletzung, die sie sich bei einem Stunt für die Serie "Sarah Kohr" zugezogen haben? Kreuzband, Außenmeniskus und Innenband waren gerissen.

Lisa Maria Potthoff: Die Verletzung und die OP liegen mittlerweile rund ein Jahr und drei Monate zurück. Letztendlich verläuft es aber so, wie mir alle prognostiziert hatten: Es ist etwas Langwieriges. Meine vorsichtige Hoffnung, dass es bei mir vielleicht schneller gehen würde, hat sich zerschlagen. Das vergangene Jahr habe ich nahezu komplett der Reha und dem Knieaufbau gewidmet. Zwar konnte ich zuletzt wieder arbeiten, drehen und sogar einige Stunts machen, aber vieles geht einfach noch nicht. Vor allem Joggen ist extrem schmerzhaft.

Wie gehen Sie mental mit diesem Rückschlag um?

Grundsätzlich bin ich nach wie vor von dem Spirit getragen, den mir mein Trainer und meine Kampfkunst-Familie mitgegeben haben, nämlich: Man kann immer etwas tun und kommt am Ende stärker zurück. Einerseits haben sie schon recht behalten. Andererseits darf man die Dauer einer Verletzung nicht unterschätzen. Es macht einen wirklich mürbe. Darum geht es auch in meinem Buch, das ich unabhängig von meiner Verletzung geschrieben habe. Aber durch diese Geschichte wurde ich selbst nochmal auf die Probe gestellt, was Willenskraft, Geduld und Consistency angeht.

Welche Erkenntnisse haben Sie gewonnen?

Auch wenn man das Licht am Horizont manchmal nicht sieht, ist es wichtig, immer dranzubleiben. Der Genesungsprozess und der Lernprozess sind sich manchmal ähnlich: Irgendwann legt sich der Schalter um – warum auch immer. Ich habe kürzlich ein Interview mit George Clooney gesehen, in dem er gesagt hat: "You learn nothing from success. You learn everything from failure." (dt.: "Aus Erfolgen lernt man nichts. Man lernt alles aus Misserfolgen."). Ich denke, er hat recht. Erst wenn man mal hingefallen oder gescheitert ist, fängt man an, sich zu hinterfragen und vielleicht einen anderen Weg einzuschlagen. Wenn man allerdings konstant von Erfolg und Bestätigung getragen ist, wird man eher bequem. Trotzdem ist so eine Verletzung natürlich unangenehm.

Ihr aktuelles Buch trägt den Titel "Vom Kämpfen und Lernen: Was mich die Kampfkunst über das Leben lehrt". Worin unterscheidet sich Kampfkunst vom Kampfsport?

Lisa Maria Potthoff
Lisa Maria Potthoffs Buch "Vom Kämpfen und Lernen" erschien im November 2024. © Komplett-Media

Dass ich persönlich vermehrt den Begriff "Kampfkunst" verwende, ist auf die Schule meines Meisters Yichy Chen zurückzuführen. Ihm zufolge gibt es im englischen Sprachgebrauch nur "martial arts", also die Kampfkunst. Der Begriff "martial sports" wird dort nicht verwendet. Im Deutschen hingegen gibt es diese Trennung zwischen Kampfkunst und Kampfsport. Letzteres steht laut Yichy lediglich für den rein kompetitiven Teil. Kampfsport betreiben Menschen, die in den Ring steigen oder an Wettbewerben teilnehmen. Das ist aber nicht mein Fokus. Ich habe noch nie geboxt oder an Kampfsport-Wettbewerben teilgenommen. Und auch grundsätzlich bin ich nicht als Sportskanone zur Welt gekommen. Dieses Buch hat eine Frau geschrieben, die sich alles auch mühevoll erarbeiten musste. In drei Sätzen zwölf Klimmzüge zu schaffen, das ist verdammt viel. Man schafft es nicht am ersten Tag, aber nach ein paar Wochen. Wenn man dran bleibt und nicht aufgibt.

"Ein verbales Stopp-Zeichen zu setzen, ist im Grunde genommen auch schon Kampfkunst."

Was hat Sie die Kampfkunst denn konkret über das Leben gelehrt?

Ich befinde mich ja noch in einem Prozess, daher ist das Buch auch im Präsens geschrieben. Bei diesem Sport geht es nicht nur darum, Kondition aufzubauen. Wir lernen auch etwas über ein respektvolles Miteinander. Wenn Frauen über Kampfkunst oder Kampfsport sprechen, dann kommt sehr schnell das Thema Selbstverteidigung auf. Und es stimmt, ich bin fitter und wehrhafter als früher. Aber das, was mich die Kampfkunst lehrt, ist vielmehr zu entscheiden, wie ich einen Konflikt löse. Ein kluger Kampfkünstler erhebt erst als letztes Mittel seine Fäuste.

Waren Sie schon mal kurz davor, Ihre Fäuste zu erheben?

Das nicht, aber ich war vor kurzem mit meiner Tochter im Fitnessstudio. Dort wurde sie übel von einem Mann angemacht. Als sie ihm einen bösen Blick zuwarf, wurde er ausfallend. Wie geht man nun mit so einer Situation um? Nur weil ich "martial arts" trainiere, heißt das ja nicht, dass ich sofort auf ihn losgehe. Es gibt Situationen, in denen man deeskalierend auf andere Menschen einwirkt. In diesem Moment war es allerdings anders. Ich habe mich gefragt, wie ich meiner Tochter zeigen kann, dass Frauen nicht die Klappe halten müssen – ohne gleich körperliche Gewalt anzuwenden. Ein verbales Stopp-Zeichen zu setzen, ist im Grunde genommen auch schon Kampfkunst. Das Training hat mich zudem gelehrt, dass ich nicht in erster Linie gegen mein Gegenüber kämpfe, sondern gegen meinen inneren Schweinehund.

Sie beschreiben sich als ungeduldigen Menschen. Sind Sie mithilfe der Kampfkunst geduldiger geworden?

Vielleicht habe ich gelernt, ein bisschen besser mit meiner Ungeduld umzugehen, sprich: nicht immer gleich so heißblütig zu werden. Manchmal hilft es dann doch, erst einmal durchzuatmen. Dennoch ist dieser Satz "Wenn du es eilig hast, gehe langsam!" gar nichts für Menschen wie mich. Ich werde also immer ein ungeduldiger Mensch bleiben.

Die von Ihnen verkörperte Rolle der Sarah Kohr ist eine sehr physische. Hat diese Figur Ihr Leben nicht nur maßgeblich geprägt, sondern sogar komplett verändert?

In gewisser Weise schon. Diese Rolle ist eine Herausforderung – man könnte auch "Nervpunkt" dazu sagen. Bei anderen Rollen geht man nach dem letzten Drehtag nach Hause und kehrt ein halbes Jahr später einfach ans Set zurück. Was Sarah Kohr betrifft, muss man ein gewisses konditionelles Niveau halten. Andernfalls wäre es mit großen Anstrengungen verbunden, sich jedes Mal einige Wochen vor Drehbeginn mal eben "dahinzupimpen". In jedem Nachteil steckt aber immer auch ein Vorteil. "Sarah Kohr" zwingt mich dazu, diszipliniert zu sein. Schließlich möchte ich den Zuschauern Glaubwürdigkeit bieten. Ich werde nicht nur für die paar Drehtage bezahlt, sondern muss auch in die Vorarbeit gehen. So sehe ich meinen Beruf. Es ist keine Bürde, ich mag das.

Sport und Sündigen – für Potthoff kein Widerspruch

Lassen Sie sich tatsächlich nie gehen?

Ach, ich kann schon gut rumlungern (lacht) – am liebsten mit meinen Kindern. Wir bestellen uns dann Burger, die wir natürlich auf der Couch essen, und ziehen uns den ganzen Abend Filme rein. In den Medien wird man ständig damit konfrontiert, wie man sich vermeintlich gesund ernährt. Neuesten Studien zufolge soll man ja überhaupt keinen Alkohol mehr trinken. Und: Natürlich sollte man sich abwechslungsreich und möglichst gesund ernähren, man darf aber auch mal sündigen. Ich habe die Erfahrung gemacht: Wenn man sich andauernd bei Social Media mit irgendwelchen Idealen vergleicht, dann tut das der Seele auch nicht gut.

Kann man sich dem überhaupt noch entziehen?

Es ist schwierig, da wir alle ständig das Handy in den Händen haben. Als eine Person, die in der Öffentlichkeit steht, muss ich mich da auch selbst hinterfragen. Daher weise ich ausdrücklich darauf hin, dass "Vom Kämpfen und Lernen" kein Leistungsbuch ist. Im Gegenteil: Mein Scheitern zieht sich quasi wie ein roter Faden durchs Buch. Es gab da eine sehr prägende Situation in meinem Leben. Noch in der ersten Woche nach der Geburt meiner zweiten Tochter, also vor gut zehn Jahren, stand die Premiere des Films "Männerhort" an. Obwohl ich nur wenige Tage zuvor entbunden hatte, bat mich der Filmverleih, zur Premiere nach Berlin zu kommen. Ich habe zugesagt, mich geschminkt, in ein Kleid gezwängt und bin kurz über den roten Teppich gegangen. Im Anschluss wurde ich von der Presse für meinen strahlenden Auftritt gefeiert. Und es stimmt: Ich hatte an dem Abend diesen Glow und sah echt super aus.

Das klingt doch nach einem rundum gelungenen Abend.

Eben nicht. Zugegeben, zunächst war mein Ego gebauchpinselt. Pädagogisch gesehen, mit Blick auf meine Message an die Frauen, war diese Aktion aber fatal. Denn mit diesem Auftritt habe ich dazu beigetragen, dass sich andere Frauen dachten: "Scheiße, die ist doch erst vor fünf Tagen Mutter geworden. Warum schafft sie das und ich nicht?" Es war aber nur eine einzige winzige Momentaufnahme. Wenige Monate später war natürlich auch ich von Augenringen gezeichnet, weil ich nicht schlafen konnte.

"Mit welchem Titel verhunzen wir uns diesmal die Biografie?"

Sie drehen in diesem Jahr den nächsten Teil der "Eberhoferkrimis", der im Sommer 2026 in die Kinos kommen soll. Wie gefällt Ihnen der neue Titel "Steckerlfischfiasko"?

Ich finde diese Titel total legitim. Mit einem Augenzwinkern sagen wir immer: "Mit welchem Titel verhunzen wir uns diesmal die Biografie?" Wer die Reihe kennt, weiß, dass es genau so Sinn macht. Wer die Reihe nicht kennt, denkt, dass wir ein Rad ab haben. So oder so freue ich mich schon auf die Dreharbeiten, die wohl im September beginnen werden. "Meine" Susi hat Karriereluft geschnuppert. Schauen wir mal, wie ambitioniert sie da sein wird.

Über die Gesprächspartnerin

  • Lisa Maria Potthoff ist eine deutsche Schauspielerin. Die Berlinerin ist vor allem für ihre Rollen in "Der Usedom-Krimi", "Sarah Kohr" und den "Eberhoferkrimis" bekannt. Anfang 2024 veröffentlichte sie das Buch "Vom Kämpfen und Lernen: Was mich die Kampfkunst über das Leben lehrt".
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