Knapp zwei Jahre nach der ersten Staffel setzt das ZDF seine Comedyserie "Einsame Herzen" mit Torge Oelrich aka Freshtorge fort.

Ein Interview

In der zweiten Staffel der Reality-Satire (ab sofort in der ZDF-Mediathek streambar sowie am 13. und 20. Februar jeweils um 23:30 Uhr in ZDFneo) schlüpft Oelrich in die Rolle aller sechs Figuren.

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Im Interview erzählt Freshtorge, wie ihm der Switch zwischen den einzelnen Figuren gelingt. Außerdem erklärt er, warum man bei der einen oder anderen Figur nicht umhinkommt, an Persönlichkeiten aus dem Reality-TV zu denken.

Herr Oelrich, in der zweiten Staffel des Comedy-Formats "Einsame Herzen" ziehen sechs fiktive Figuren auf der Suche nach der großen Liebe ins "Love Camp". Worauf dürfen sich die Zuschauerinnen und Zuschauer der Sendung freuen?

Torge Oelrich: Auf ganz viel Albernes, auf ein Konstrukt, das es in der Machart zuvor noch nicht gab und natürlich auf viele Überraschungen. Es wird also nicht langweilig (lacht).

Die meisten der Figuren, die in "Einsame Herzen" zu sehen sind, tauchen regelmäßig in Ihren Sketchen in den sozialen Medien auf. Hat es das Konzipieren des Drehbuches erleichtern, dass die Charaktere gewissermaßen "geformt" sind?

Mir persönlich hilft es sehr, dass die meisten Figuren sehr ausgereift und entsprechend weit entwickelt sind. Denn ich kenne die Figuren in- und auswendig. Insofern wusste ich beim Schreiben einer Szene immer genau, wie ein Charakter auf eine besondere Situation reagiert. Eine neue Figur bei "Einsame Herzen" ist Jey Jey. Diesen Charakter und seine Hintergrundgeschichte in die Story zu integrieren, war deutlich herausfordernder.

"Könnte ohne Weiteres an einer Show wie 'Ex on the Beach' teilnehmen."

Freshtorge über seine Kunstfigur Jey Jey

Das Besondere an dem Format ist, dass alle Figuren von Ihnen gespielt werden. Sie mussten also in jeder Szene in alle Rollen schlüpfen – diesen Perspektivwechsel stelle ich mir herausfordernd vor …

Harald ist eine der sechs Figuren, die Torge Oelrich in "Einsame Herzen" verkörpert. © ZDF/Andrea Kueppers

Glücklicherweise kann ich sehr schnell zwischen den einzelnen Rollen und Figuren switchen. Trotzdem werde ich manchmal gefragt, ob ich nach Feierabend zu Hause gedanklich immer noch in der einen oder anderen Rolle feststecke. Zum Glück ist das aber noch nie passiert – andernfalls würde ich vermutlich Ärger von meiner Frau bekommen (lacht). In der Regel finde ich mich in dem Moment in die jeweilige Rolle ein, wenn ich die dazugehörige Perücke aufsetze.

Ihre Figuren sind vage an Menschen aus Ihrem Leben angelehnt – trotzdem kommt man nicht umhin, bei der einen oder anderen Figur an Reality-Persönlichkeiten zu denken …

Absolut verständlich. Ich denke dabei vor allem an die Figur Jey Jey. Meiner Meinung nach sieht man in jedem Reality-Format eine Person, die Jey Jey stark ähnelt. Insofern habe ich mir im Zuge der Entstehung dieser Rolle einige Reality-Shows angeschaut, um mir Inspiration für Jey Jey zu holen. Darüber hinaus hat das Team rund um Maske und Kostüm hier auch ganze Arbeit geleistet. Jey Jey könnte ohne Weiteres an einer Show wie "Ex on the Beach" teilnehmen (lacht). Hinzu kommen die norddeutschen Figuren. Ich lebe in Schleswig-Holstein und Charaktere wie Sören, Helga und Marianne oder Didi und Kalle gibt es hier wirklich. Insofern finde ich in meiner unmittelbaren Umgebung regelmäßig tolle Inspirationen für meine Kunstfiguren.

Die von Ihnen angesprochenen Kunstfiguren Helga und Marianne gehen Ende des Jahres sogar auf Tournee

So ist es. Vor ein paar Jahren war ich mit dem Programm "Freshtorge live" auf Tour – damals bin ich in die Rolle verschiedener Figuren geschlüpft. Helga und Marianne haben inzwischen in den sozialen Medien eine riesige Fanbase, sodass der Gedanke an eine Tour der beiden nur folgerichtig war. Das Programm heißt "Mord im Krabbenclub". Die beiden müssen in der Liveshow also einen fiktiven Mordfall lösen – natürlich mithilfe des Publikums. Ich freue mich schon riesig auf die Shows, bin aber auch ziemlich aufgeregt.

Oelrich hält geplante Meta-Neuerungen für "hochproblematisch"

Lampenfieber spielt also – trotz Live-Show-Erfahrung – eine Rolle?

Ja. Es gibt Menschen, die ganz cool und entspannt ihre Auftritte bestreiten. Das ist bei mir nicht so. Ich bin immer sehr nervös. Dennoch überwiegt natürlich die Vorfreude, endlich einen Teil der Menschen im Publikum zu sehen, die mich bei YouTube seit vielen Jahren supporten.

Mit "Einsame Herzen" haben Sie Ihre Kunstfiguren an einer Reality-Show teilnehmen lassen. Können Sie sich vorstellen, als Torge Oelrich an einem Reality-Format teilzunehmen?

Überhaupt nicht. Ich verurteile niemanden, der an Reality-Formaten teilnimmt. Meiner Meinung nach kann man bei der Teilnahme an einem Format aber nicht selbst entscheiden, wie man dargestellt wird. Das übernimmt die Produktion und vor allem der Schnitt. Irgendwann steht man also für eine bestimmte Rolle, die durch bestimmte Schnitte und Szenen entsteht. Ich glaube, dass viele Teilnehmerinnen und Teilnehmer im Rahmen einer Reality-Show zeigen wollen, wie sie sind. Dabei haben sie letztendlich nichts in der Hand und übergeben ihre sprichwörtliche Seele bei Vertragsunterzeichnung an das Produktionsteam. Aus diesem Grund würde ich niemals an einer Reality-Show teilnehmen – zumindest sage ich das jetzt (lacht).

Als Webproduzent sind Sie in den sozialen Netzwerken zu Hause, auch auf Instagram und Facebook. Wie stehen Sie zu der von Mark Zuckerberg geplanten Meta-Neuerung, die Faktenprüfung weitgehend einzustellen?

Ich halte diese Neuerung für hochproblematisch. Ich bin in der glücklichen Position, unter meinen Videos wenig bis keine Hasskommentare vorzufinden, was ein riesiges Privileg ist. Denn vor allem auf Facebook ist das inzwischen leider eine ziemliche Rarität. Umso erschütternder ist es zu sehen, was für Kommentare sich mitunter unter faktisch belegten News tummeln. In diesen Momenten kann man nur mit dem Kopf schütteln und die Welt nicht mehr verstehen. Dass die Debatte um freie Meinungsäußerung hitzig geführt wird, kann ich grundsätzlich nachvollziehen. Ich frage mich, wo das Ganze enden soll.

"Für mich persönlich weiß ich, dass ich meine Online-Präsenz irgendwann gerne hinter mir lassen möchte."

Haben auch Sie sich in diesem Zusammenhang schonmal mit dem Gedanken beschäftigt, eine Plattform zu verlassen?

Ich habe Twitter vor rund drei Jahren verlassen. An dem Punkt, Facebook oder Instagram zu verlassen, bin ich aber noch nicht. Denn in der Folge müsste man sich weitere Fragen stellen, etwa die, ob man andere Tech-Unternehmen wie Apple unterstützt oder in Zukunft auf Smartphones verzichten möchte. Noch bin ich in der glücklichen Situation, meinen Content in einer sehr wohlwollenden und unterstützenden Community veröffentlichen zu dürfen. Dennoch wird irgendwann der Tag kommen, an dem ich mit Social Media aufhören werde. An diesem Tag werde ich alle Apps löschen, um auf meiner Veranda zu sitzen, ABBA zu hören und den Sonnenuntergang genießen zu können.

Sie würden also alle veröffentlichten Inhalte und Videos löschen?

Das weiß ich noch nicht. Vielleicht werde ich auch nur die Apps für mich löschen und die Inhalte auf den Plattformen lassen, damit die Menschen sie noch weiterhin ansehen können. Für mich persönlich weiß ich aber, dass ich meine Online-Präsenz irgendwann gerne hinter mir lassen möchte, um mehr im Jetzt zu leben.

Mit Blick auf die anstehende Bundestagswahl nutzen viele Creator ihre Reichweite, um sich politisch zu äußern. Sollte Reichweite Ihrer Meinung nach für politische Inhalte genutzt werden?

Diesbezüglich bin ich sehr zwiegespalten. Ich finde es toll, dass viele Menschen ihre Reichweite nutzen. Manchmal frage ich mich aber, ob politische Aufrufe immer zielführend sind. Mein Eindruck ist, dass vor allem rechte Parteien von der kritischen Aufmerksamkeit, die sie erhalten, eher profitieren und sogar wachsen. Insofern zweifle ich manchmal an dem Effekt von Aufrufen wie "Wählt nicht rechts".

Was wünschen Sie sich demnach?

Ich glaube, dass wir mehr in den Dialog gehen sollten. Denn ich bin der Meinung, dass wir niemanden ausschließen sollten. Ich mache Comedy und finde, dass wir in Deutschland Comedy für alle brauchen. So sehr wir Satire und Polit-Kabarett brauchen, brauchen wir auch Comedy, die für alle da sein kann. Würde ich mich politisch äußern, würde ich automatisch Menschen ausschließen – und das möchte ich nicht. Ich möchte alle erreichen, weil jeder Mensch das Recht hat, auch mal lachen zu dürfen. Wer sich politisch äußern möchte, sollte das unbedingt tun – ich für meinen Teil hingegen halte mich damit zurück. Es gibt viele kluge Köpfe, die ihre Stimme nutzen und das ist auch gut so. Vielleicht muss ich aber nicht der hundertste Influencer sein, der sich politisch äußert.

Über den Gesprächspartner

  • Torge Oelrich ist ein deutscher Comedian, Schauspieler und Webvideoproduzent, der durch seinen YouTube-Kanal Freshtorge bekannt ist. In seinen Sketchen verkörpert Oelrich verschiedene Figuren. In den sozialen Medien folgen dem mittlerweile über 5 Millionen Abonnenten.
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