- Seit über 40 Jahren ist Norbert Rier der Frontmann der Kastelruther Spatzen. Am 25. Juni erscheint das neue Album "HeimatLiebe".
- Ab Oktober startet die wohl bekannteste Volksmusik-Band eine 40 Konzerte andauernde Tour, auch das legendäre "Spatzenfest" soll in kleinerer Form stattfinden.
- Im Interview spricht Rier über den Neubeginn nach Corona, seine Berufung als Landwirt und Pferdezüchter und darüber, was er heute anders machen würde, könnte er die Zeit zurückdrehen.
Herr Rier, das neue Album der Kastelruther Spatzen heißt "HeimatLiebe". Hat die Coronakrise dazu beigetragen, dass ihr dem Werk diesen Titel verpasst habt?
Norbert Rier: Nicht unbedingt, aber es passt natürlich gut in diese Zeit. In vielen unserer Lieder geht es um das Thema Heimat. Das war auch schon vor der Pandemie so. Diese Heimatliebe liegt uns wirklich sehr am Herzen. Und so geht es vielen Menschen. Vielleicht hat man sein Zuhause während der Corona-Zeit noch mehr schätzen gelernt. Die Geborgenheit ist mehr denn je von Bedeutung.
Ein Stück Heimat ist für euch auch das traditionelle "Spatzenfest". Kann es 2021 stattfinden?
Ich hoffe sehr, dass es stattfinden kann. Aktuell ist es für Anfang September geplant. Wir müssen schauen, wie sich alles entwickelt. Wenn sich die aktuelle Entwicklung weiter fortsetzt, sind wir guter Dinge, dass wir das "Spatzenfest" wie geplant durchziehen können.
Gab es in der Corona-Zeit, in der Auftritte ausbleiben mussten, Überlegungen, das Kapitel "Kastelruther Spatzen" zu beenden?
Nein, Aufhören stand nie zur Debatte. Zudem hatte niemand von uns erwartet, dass es zu einer so langen Zwangspause kommen würde. Zu Beginn war es ganz interessant, ein bisschen herunterfahren und das Familienleben genießen zu können. In 41 Jahren "Spatzen" war ich noch nie so lange an einem Stück zu Hause. So schön es auch war: Es wird höchste Zeit, dass wir auf die Bühne zurückkehren dürfen.
Ihren Söhnen Alexander und Andreas geht es ähnlich. Auch sie sind Musiker und auf Auftritte angewiesen. Wie zufrieden sind Sie mit dem Werdegang der beiden?
Sehr zufrieden. Alexander macht das wirklich gut und ist auf einem hervorragenden Weg. Für Andreas gilt dasselbe. Die beiden haben ja auch schon ein Duett veröffentlicht. Da kann man als Vater nur stolz sein.
"Man muss offen sein für Neues, sollte seinen ursprünglichen Weg aber nicht verlassen"
Alexander hat sich dem Popschlager verschrieben. Können Sie sich als Volksmusiker auch mit dem Genre anfreunden, für das Ihr Filius steht?
Aber natürlich, zumal auch wir ja hin und wieder Schlager-Elemente in unsere Songs einbauen. Wenn man erfolgreich bleiben möchte, muss man offen sein für Neues, sollte seinen ursprünglichen Weg aber nicht verlassen. Die Kastelruther Spatzen bleiben ihrer Linie also weiterhin treu. Der Wiedererkennungswert ist wichtig.
Nimmt Alexander Ihre Ratschläge an?
Das macht er, ja. Ich rede meinen Söhnen allerdings nie rein, gebe ihnen aber den einen oder anderen Tipp mit auf den Weg.
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Welche Tipps zum Beispiel?
Meiner Meinung nach ist entscheidend, dass man zu einhundert Prozent hinter dem steht, was man macht. Ich habe Alexander gesagt, dass er – wenn er sich für etwas entschieden hat – mit vollem Herzen dabei sein muss.
Bei welchen Songs des neuen Spatzen-Albums "HeimatLiebe" sind Sie mit vollem Herzen dabei?
Bei allen Titeln natürlich (lacht). Das Themenspektrum ist groß, es geht nicht nur um die Liebe zur Heimat, auch wenn diese bei unseren Liedern sicherlich überall mitschwingt. In "Das Buch des Lebens" geht es zum Beispiel um all das, was man in seinem Leben erlebt hat. Ganz besonders wichtig sind auch Freundschaften. Darum haben wir den Titel "Wahre Freundschaft" aufgenommen. Ich bin mir sicher, dass für jeden Lieder auf dem Album dabei sind, von denen man sich angesprochen fühlt.
Blicken wir auf das zurück, was die Kastelruther Spatzen in all den Jahren erlebt haben. Auf welche Momente hätten Sie gerne verzichten können?
Rückblickend betrachtet kann ich sagen: Ich würde alles genauso wieder tun. Vielleicht mit einer Ausnahme. Wir waren früher als Band sehr viel unterwegs und daher wenig zu Hause. So habe ich von den Kindern, als sie noch klein waren, nicht so viel mitbekommen, wie ich es gerne hätte. Das ist schade. Aus heutiger Sicht würde ich es vielleicht etwas anders machen.
"Ich wünsche mir weniger Mord und Totschlag im Fernsehen"
Heute gibt es weniger große TV-Shows und Preisverleihungen. Wie sehr fehlen euch diese Auftritte und weitere "Echo"-Awards?
Wir haben den "Echo" 13-mal gewonnen und bedauern sehr, dass es diese Preisverleihung sowie viele weitere Fernsehshows nicht mehr gibt. Früher waren es schon fast zu viele TV-Auftritte, heute sind es zu wenige. Ein Mittelweg wäre wünschenswert. Aus meiner Sicht wird nicht genug auf die Bedürfnisse der Zuschauer eingegangen. Man sieht fast nur noch Krimis. Ich wünsche mir weniger Mord und Totschlag im Fernsehen. Auch ich schaue gerne mal einen "Tatort", doch es muss nicht sein, dass manchmal parallel auf verschiedenen Sendern unterschiedliche Folgen laufen.
Sie haben als Landwirt vermutlich ohnehin Besseres zu tun, als vor dem Fernseher zu sitzen. Züchten Sie eigentlich noch Pferde?
Auf jeden Fall. Ich müsste mich eigentlich etwas einschränken, da ich alles selber mache und viel Arbeit dahintersteckt. Aktuell habe ich 14 Pferde, heuer sind wieder acht Fohlen hinzugekommen. Aber wenn man etwas gerne macht, dann ist das ein positiver Stress.
Musik oder Landwirtschaft: Was bedeutet Ihnen mehr?
Beides spielt in meinem Leben eine große Rolle. Ich bin Bauer mit Leib und Seele. Für mich stand von klein auf fest, dass ich eines Tages den Hof übernehmen werde. Die Musik war zunächst nur ein Traum. Umso mehr genieße ich es, dass wir mit den Spatzen so weit gekommen sind.
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