Schlagersänger Jürgen Drews feiert am 2. April seinen 80. Geburtstag. Nachdem er 2021 seine Nervenkrankheit Polyneuropathie öffentlich gemacht hatte, zog er sich weitgehend aus der Öffentlichkeit zurück, Auftritte wurden seltener.

Ein Interview

Im Interview mit unserer Redaktion erklärt nun seine Tochter Joelina, wie es um den Musiker steht und was sie mit ihrem Vater noch gerne erleben möchte. Weiter gibt sie Einblicke in die Irrwege ihrer Musikkarriere und stellt klar, dass es nicht nur von Vorteil ist, "Tochter von" zu sein.

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Joelina Drews, an was für einem Projekt arbeiten Sie gerade?

Joelina Drews: Ich habe mich in den letzten Jahren viel ausprobiert und seit circa einem Jahr bin ich nun im Schlager-Pop unterwegs. In der Richtung sind wir gerade auch am Arbeiten. Ich hoffe, dass es nicht mehr allzu lange dauert, bis neue Songs von mir kommen. Aber wir haben dieses Jahr auf jeden Fall noch einiges vor. Noch ist es nicht ganz spruchreif, aber wir richten uns gerade ein kleines bisschen neu aus.

"Neu ausrichten" bedeutet mehr Schlagerpop von Ihnen?

Genau. Ich habe schon so viel Unterschiedliches gemacht. Ursprünglich habe ich auf Englisch angefangen, dann deutsche Musik gemacht aber erstmal im Urban-Pop-Genre mit Hip-Hop-Einflüssen. Und dann habe ich ein Angebot bekommen, mit Lucas [Cordalis, Anm. d. Red.] zusammen einen Song zu machen.

Am Anfang war ich ein bisschen am Hadern, weil ich früher immer gesagt habe: "Ich möchte keinen Schlager machen", weil es natürlich sehr naheliegend war durch meinen Papa. Ich hatte es aber damals, um ehrlich zu sein, auch noch nie vorher ausprobiert. Natürlich hatte ich durch ihn mitbekommen, was Schlager bedeutet, aber selbst habe ich noch nie in meiner Musik damit Berührungspunkte gehabt. Und dann habe ich gedacht: "Ja komm, ich probiere das einfach mal."

Der Song hat dann auf einmal größere Wellen geschlagen, als ich erwartet hatte. Und ich muss auch sagen, es hat sehr, sehr viel Spaß gemacht, damit auf der Bühne zu stehen, weil ich zum ersten Mal gemerkt habe: Wow, die Leute, die feiern ja dazu. Die Musik, die ich davor gemacht habe, war vom Text zwar deeper, aber eben keine Musik, zu der Leute wirklich tanzen konnten. Das hat bei mir irgendwie einen Schalter umgelegt: Ich finde es einfach toll, Leuten mit Musik eine gute Zeit zu bescheren, dass sie Spaß haben. Ich habe das Gefühl, mit der Art von Musik [Schlagerpop, Anm. d. Red.] kann ich das am besten verkörpern.

Joelina Drews' Musikkarriere begann in ihren Teenagerjahren

Es hört sich so an, dass Sie lieber auf Deutsch singen …

Mittlerweile ja. Das ist meine Muttersprache. Und mir wurde damals so oft geraten, auf Deutsch zu singen, dass ich es dann irgendwann probiert habe und Spaß daran fand. Für mich lag immer der Gedanke nahe: Wenn ich englische Musik mache, dann müsste ich auch auf kurz oder lang irgendwann ins Ausland ziehen. Es ist sehr, sehr schwer, es mit englischer Musik aus Deutschland oder der DACH-Region heraus zu schaffen. Für mich kam aber ab einem gewissen Punkt ein Umzug erstmal nicht mehr infrage, weil ich in der Nähe von meiner Familie sein wollte.

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Sie haben bereits mit 15 Jahren mit der Musik angefangen und eine Single herausgebracht. Das klingt erstmal nach einem Traum eines jeden Teenagers, der gerne singt. Aber das war bestimmt damals nicht so einfach, alles unter einen Hut zu bekommen, oder?

Meiner Mama und meinem Papa war es super wichtig, dass ich mein Abitur fertig mache. Denn ich hatte damals zeitweise überlegt, die Schule abzubrechen so, wie man als Kind halt ist. Es waren aber auch nicht viele Songs, die ich damals gemacht habe: so zwei, drei auf Englisch. Und dann habe ich mich weiter auf die Schule fokussiert und fing erst mit ungefähr 20 wieder an, Musik zu veröffentlichen.

Das war alles auch ganz gut so: Es war schon sehr, sehr früh, um ehrlich zu sein. Das war cool, eine mega Erfahrung. Aber ich hatte einfach gar keine Ahnung, wie das Musikbusiness läuft. Ich war noch nie selbst im Studio und habe dort einen Song geschrieben, weil der [erste, Anm. d. Red.] Song wurde mir zugetragen.

Ich würde es zwar auch immer wieder so machen, aber vielleicht erst ein bisschen älter. Ich hätte vielleicht schon warten können, bis ich 18 bin. Dann hätte ich die Schule fertig gehabt und man hätte mich noch ein bisschen länger auf die Branche vorbereiten können. Aber wie ich halt so bin ein sehr ungeduldiger Mensch –, wollte ich früher unbedingt auf Biegen und Brechen Musik machen und damit am besten schon rausgehen. So bin ich halt direkt ins kalte Wasser gesprungen … Learning by Doing.

Joelina Drews: So geht sie mit Hate im Netz um

Sie stehen aufgrund Ihrer Musikkarriere, aber auch aufgrund Ihres Vaters in der Öffentlichkeit. Was bedeutet das für Sie?

Es ist Fluch und Segen zugleich. Natürlich, und das möchte ich auch niemandem absprechen, ist es einfacher, in die Branche reinzukommen: Ich lande vielleicht mal schneller bei einem Produzenten im Studio, die Medien sind automatisch eher interessiert. Auf der anderen Seite werden einem viele Vorurteile, sehr hohe Erwartungen und sehr viel Hate entgegengebracht. Es war früher schon hart, wenn Leute gesagt haben: "Die kann ja nicht singen", "Das ist nur wegen Papa" oder "Papa zahlt das schon".

Und dann wird man auf sein Äußeres reduziert: Wenn du zu dick bist, ist das ein Problem. Wenn du zu dünn bist, ist das ein Problem. Siehst du gut aus, ist das ein Problem. Wenn du nicht gut aussiehst, ist das auch ein Problem. Man kann es den Leuten nie recht machen. Es wird automatisch erwartet, dass man es einfacher hat. Aber so ist es nicht unbedingt, weil letztendlich muss ich die Leistung selbst erbringen und kann mir so gut wie keine Fehler leisten. Durch die Türen muss ich selbst hindurchgehen.

Wenn ich nicht richtig abliefere, dann wird es eher noch schwerer, weil dann wollen die Leute möglicherweise nicht mehr mit dir arbeiten und aus der Außenperspektive heißt es gleich: "Wusste ich doch, dass die niemals an ihren Vater rankommt." Dieses Problem hatte ich auch eine Zeit lang: Als ich die ersten Male im Studio war, war ich noch sehr unerfahren. Ich habe mich ausprobiert, stand aber gleichzeitig auch schon in der Öffentlichkeit. Jeden Entwicklungsschritt haben alle immer mitbekommen.

Es kann sein, dass ich durchaus in der Vergangenheit hier und da mal nicht so gut gesungen habe oder dass die Songs nicht so gut waren. Dadurch haben sich teilweise Türen geschlossen. Dessen muss man sich auch bewusst sein. Am Ende bin ich eigentlich genauso ein Newcomer wie jeder andere gewesen, und ich würde sagen, dass ich es immer noch bin, weil ich mich jetzt erst so langsam auf meinen Weg festlege. Ich muss genauso mein Künstlertum aufbauen, wie jeder andere, der neu in die Branche reinkommt.

"Mir ist bewusst, dass es für immer mindestens ein Nebensatz bleiben wird."

Joelina Drews über den Satz "Tochter von ..."

Wie gehen Sie mit dem Hate um?

Früher war es für mich härter. Mittlerweile habe ich gelernt, damit umzugehen. Aber ich kann es mir manchmal nicht nehmen lassen, Leute mit ihren frechen Sätzen zu konfrontieren. Gerade Facebook ist da ein hartes Pflaster. Wenn ich antworte, dann immer sehr nett. Ich glaube immer an das Gute und es kam auch schon vor, dass Leute sich für ihre Aussagen entschuldigt haben. Das finde ich stark. Vielleicht ist es unnötig, dass ich das so mache. Aber ich finde es einfach schade, dass Menschen einen immer nur darauf reduzieren, was sie von außen sehen.

"Werde immer die Tochter meines Vaters bleiben"

Hören Sie diesen Satz, "Tochter von Jürgen Drews", noch oft?

Jetzt immer weniger, weil ich immer mehr eigene Sachen mache. Aber klar, mir ist bewusst, dass es für immer mindestens ein Nebensatz bleiben wird, weil mein Papa einfach eine riesige Karriere gemacht hat und es schwer ist, in solche Fußstapfen zu treten. Was gar nicht mal meine Absicht ist ich mache mein eigenes Ding und habe meine eigene Stilistik.

Aber ich bin schon immer sehr stolz auf die Karriere meines Papas gewesen. Ich finde es auch schön, das zu honorieren: Ich habe mittlerweile in meinem Live-Programm einen Song von meinem Papa aufgenommen. Ich sträube mich nicht mehr so sehr davor wie früher. Ich habe akzeptiert, dass es zu meiner Identität dazugehört.

Einige Künstler und Künstlerinnen gehen da eher in die Defensive.

Das habe ich auch getan. Aber eben in sehr jungen Jahren. Man entwickelt sich weiter und reflektiert. Und man kann ja nichts machen. Ich werde immer die Tochter meines Vaters bleiben. Deshalb wäre es dumm, stets in die Defensive zu gehen. Ich bin die, die ich bin. Das Einzige, was man machen kann, ist immer weiter seine eigenen Dinge zu machen. Vielleicht ist dann irgendwann mal etwas dabei, was wirklich so erfolgreich ist, dass man dann wieder einen anderen Stempel aufgedrückt bekommt.

So feiert Jürgen Drews seinen 80. Geburtstag

Ihr Vater hat am 2. April Geburtstag. Er wird 80 Jahre alt. Was haben Sie für diesen Tag geplant?

Jürgen Drews, Ramona Drews, Joelina Dews
Jürgen Drews sitzt im Januar 2023 neben seiner Ehefrau Ramona und Tochter Joelina in der Sendung "Der große Schlagerabschied" © picture alliance / osnapix/Hirnschal

Wir fahren nach Österreich in ein Hotel, wo wir seit Jahren immer über Weihnachten sind. Mittlerweile fahren wir auch sehr, sehr gerne im Frühling hin. Letztes Jahr waren wir über den Geburtstag von meinem Papa auch schon dort. Wir machen einfach vier entspannte Wellness-Tage zusammen, sind mit der ganzen Familie da und genießen die Ruhe.

Mein Papa hat gesagt, dass er keine große Party möchte. Das war ursprünglich meine Idee, weil er gerne unter Menschen ist. Aber meine Eltern haben beide gesagt: "Lass uns doch lieber ganz entspannt mit der Familie in einem kleinen Kreis feiern."

Das heißt, Sie verbringen die Tage zu viert: Ihre Eltern, Ihr Partner und Sie?

Genau. Die Managerin meines Papas und ihr Sohn sind auch dabei. Und mein bester Freund, der gehört mittlerweile auch zur Familie.

Haben Sie schon ein Geschenk?

Ich habe ein Video für ihn zusammengeschnitten, in dem ich die letzten 80 Jahre Revue passieren lasse. Mittlerweile ist es ein sehr langes Video geworden, etwa 15 Minuten. Es gibt viele tolle Momente, darunter auch Videos mit meinem Papa und mir als kleines Kind. Etwas Ähnliches habe ich letztes Jahr zum 30. Geburtstag von meinem Freund gemacht und er hat sich sehr darüber gefreut.

Für den Tag haben wir ein paar kleine Überraschungen über den Tag geplant.

Haben Sie spezielle Geburtstagsrituale in der Familie?

Wenn wir zu Hause sind, schmücken wir das Haus ein bisschen feierlich. Es muss natürlich immer einen Kuchen geben und wir stoßen zusammen an, essen zusammen. Aber ansonsten gibt es kein bestimmtes Ritual. Wir sind nicht diese typische Familie, die dann zusammen singt. Wir singen witzigerweise zu Hause privat gar nicht viel zusammen. Wir reden lieber.

"Ich bin jetzt wieder ein bisschen mehr Kind"

Ihre Eltern sind vor einigen Monaten zu Ihnen gezogen. Wie ist die Umstellung für Sie?

Joelina Drews, Adrian Louis
Die Sängerin Joelina Drews und ihr Freund Adrian Louis. © picture alliance/dpa/Felix Hörhager

Ich bin jetzt wieder ein bisschen mehr Kind. Wir haben uns unten im Keller eine kleine Wohnung eingerichtet. Aber wir haben ein sehr harmonisches Zusammenleben. Das war früher schon so, als ich noch bei Mama und Papa gewohnt habe. Für meinen Freund, der ein kleines Stehaufmännchen und gerne mal unruhig ist, ist es voll beruhigend. Ich merke richtig, wie gut ihm das tut, mit meinen Eltern zusammen zu sein.

Und für mich ist es natürlich auch voll schön, mit Mama und Papa zu sein, weil ich davor sieben Jahre nicht mit ihnen zusammengewohnt habe. In den Jahren habe ich sie höchstens zweimal im Jahr gesehen. Da sind viele Erinnerungen verloren gegangen. Allein jetzt, wo ich durch mein Fotoarchiv gegangen bin, merke ich: Es gibt so wenige Fotos aus dieser Zeit. Und jetzt, wo wir wieder stetig zusammen sind, hat man wieder viel mehr Möglichkeiten, etwas zusammen zu machen, auch mal spontan. Das ist für mich Gold wert.

"Ich wünsche mir, dass er meine Kinder aufwachsen sieht."

Joelina Drews über ihren Vater

Nicht viele teilen diese Vorstellung …

Das mag sein. Aber es ist auch nichts für immer. Denn spätestens, wenn wir eine eigene Familie gründen, müssen wir uns vergrößern. Ich gebe uns maximal fünf Jahre. Aber meine Eltern sind schon damit am Liebäugeln, dass sie irgendwann noch näher an die Berge ziehen wollen. Wahrscheinlich übernehmen wir dann das jetzige Haus, wo sie neu eingezogen sind. Aber jetzt ist es erstmal schön so und man darf auch nicht vergessen: Mein Papa ist in einem Alter, wo man nie weiß. Es kann jederzeit irgendetwas sein.

Denken Sie oft daran, was ist, wenn Ihr Vater mal nicht mehr ist?

Hin und wieder überkommen mich solche Momente. Ich schiebe das sehr gerne von mir weg, weil ich eigentlich gar nicht daran denken mag. Aber es gibt zwischendurch so Momente, gerade wenn ich alte Videos sehe, in denen ich denke: "Keine Ahnung, ob er noch 20 Jahre schafft und 100 wird." Man weiß es natürlich nie. Aber ich wünsche es ihm.

Und er ist für sein Alter auch noch sehr, sehr fit, obwohl er seine Polyneuropathie hat und hier und da mal ein bisschen altersvergesslich wird. Aber man muss sagen: Für einen 80-Jährigen ist er noch super dabei. Ich hoffe, das bleibt auch noch ganz lange so und dass er uns noch lange erhalten bleibt. Ich wünsche mir, dass er meine Kinder aufwachsen sieht. Das wäre schon echt schön.