Als Mitglied der Boygroup Caught in the Act wurde Eloy de Jong in den 1990er-Jahren zum Popstar. Seine schwierige Kindheit mit einem alkoholkranken Vater machte den heutigen Solosänger nur noch stärker, wie er im Interview verrät.

Ein Interview

Die Alkoholprobleme seines Vaters, Mobbing in der Schule und später der Tod seines damaligen Lebenspartners Stephen Gately (Boyzone): Eloy de Jong musste sich in seinem Leben einigen Herausforderungen und Schicksalsschlägen stellen. Mit den Songs seines Albums "Stärker", das am 09.05. erscheint, möchte er anderen Menschen nun Kraft schenken.

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Im Interview mit unserer Redaktion erklärt der 52-Jährige, wie es ihm gelungen ist, Negativ-Erlebnisse in etwas Positives zu verwandeln. Zudem spricht de Jong über sein Verständnis von grenzenloser Freiheit, den ESC und die Gefahren von Alkohol verherrlichenden Liedern.

Herr de Jong, Ihr Kollege Heino empfiehlt "Ein Gläschen am Morgen", Vincent Gross und Olaf der Flipper singen "Drinking Wine Feeling Fine". Warum befindet sich auf Ihrem neuen Album kein Alkohol-Song?

Eloy de Jong: Ich verstehe, dass Menschen Spaß an Songs wie dem Duett von Vincent und Olaf haben. Und ich finde es auch toll für die beiden. Vincent habe ich sogar per WhatsApp gratuliert. Mit meiner Musik möchte ich jedoch etwas anderes aussagen.

In Deutschland hat der aktuelle Heino-Song die Debatte ausgelöst, ob Musik zum Konsumieren von Alkohol animieren darf. Wie denken Sie darüber?

Ich glaube, man muss da unterscheiden. Es gibt Lieder, die Freude und Urlaubsgefühle vermitteln. "Griechischer Wein" von Udo Jürgens ist für mich so ein Song. Aber ich kenne auch die andere Seite von Alkohol. In meiner Jugendzeit musste ich erfahren, was Alkohol aus Menschen machen kann. Mein Vater war Alkoholiker. Zwar sollte man Songs nicht zu ernst nehmen, aber Alkohol ist eben nicht nur Spaß.

Sie mussten früh lernen, Negativ-Erlebnisse in etwas Positives zu verwandeln. Wie ist Ihnen das gelungen?

Eloy de Jong
Eloy de Jongs neues Album "Stärker" erscheint am 09. Mai. © Stephan Pick

Genau darum geht es in meinem neuen Album "Stärker". Ein Sprichwort lautet: "Was dich nicht umbringt, macht dich nur noch stärker!" Und so ist es auch. Im Leben hat man immer zwei Möglichkeiten – entweder man bleibt ein Opfer oder man versucht, aus negativen Erlebnissen etwas Positives zu ziehen. In jeder Krise liegt auch die Chance, sich für eine Veränderung zu entscheiden.

Was haben Sie aus der schwierigen Zeit mit Ihrem alkoholkranken Vater ziehen können?

Ich habe daraus gelernt. Damit meine ich nicht, dass ich heute überhaupt keinen Alkohol trinke. Mir ist früh klar geworden, dass ich nicht so leben möchte, wie es mein Vater damals gemacht hat. Mir ist wichtig, nicht von einer Droge abhängig zu sein. Und ich möchte, dass unsere Tochter Indy später so positiv wie möglich an ihre Kindheit zurückdenken kann.

Haben Sie Ihrem Vater mittlerweile verziehen?

Ich hatte nie Hassgefühle gegenüber meinem Vater. Es dauerte aber lange, bis ich mit der Situation umgehen konnte. Man liebt seinen Papa selbst dann, wenn er leider nicht so gut für einen ist oder war. In meinem Leben sind natürlich außerdem noch ein paar andere Dinge passiert. Hätte ich nicht versucht, für mein Leben etwas daraus zu lernen, wären all diese Erlebnisse – im Positiven wie im Negativen – sinnlos gewesen.

Eloy de Jong: Vom Mobbing-Opfer zum Superstar

An welche weiteren Ereignisse in Ihrem Leben denken Sie da?

Zum Beispiel wurde ich in der Schule gemobbt, weil ich nicht Fußball gespielt, sondern getanzt habe. Das führte dazu, dass ich mich sehr klein fühlte. Leider ist Mobbing nach wie vor ein großes Thema, verstärkt durch Social Media. Übrigens fand Mobbing auch schon früher zum Teil versteckt statt. Der Unterschied ist nur, dass es heute neue Möglichkeiten gibt. Umso wichtiger ist es, dass Eltern genau hinsehen und immer ein offenes Ohr haben. Auch die Verantwortung der Lehrerin und Lehrer, denen viel mehr Respekt entgegengebracht werden müsste, ist gestiegen. Die Kinder brauchen Unterstützung und Anlaufstellen.

Vielen prominenten Künstlerinnen und Künstlern erging es ähnlich wie mir. Genau wie ich konnten sie Kraft aus diesen Herausforderungen ziehen, denen wir uns stellen mussten, und eine "Ich werde es euch noch zeigen"-Mentalität entwickeln. Doch nicht jedem gelingt das. Diesen Menschen möchte ich mit meiner Musik helfen und etwas mitgeben.

Wer hat Sie stark gemacht?

Das war vor allem meine Mama. Darum habe ich ihr auf meinem letzten Studioalbum den Song "Was es heißt zu lieben" gewidmet. So schwer die Situation bei uns zu Hause damals auch war: Meine Mutter hat immer versucht, ein bisschen Farbe in die graue Welt zu bringen. Das ist noch heute so. Ich besuche sie einmal pro Woche. Kürzlich haben wir uns gemeinsam das Musikvideo zu meinem Song "Diamanten wie Glas" angesehen. Für mich war es ein Geschenk, in ihren Augen zu sehen, wie stolz sie auf ihren Sohn ist. Und ich wünsche mir, dass Indy eines Tages genau dasselbe in meinen Augen sehen wird.

"Dass jetzt in Amerika Menschenrechte – insbesondere auch von homo- und transsexuellen Menschen – zurückgedreht werden, bereitet mir große Sorgen."

Ist der Song "Grenzenlos frei" auf Ihrem Album enthalten, weil unser aller Freiheit aktuell mehr denn je bedroht ist?

Wir alle haben es verdient, uns grenzenlos frei zu fühlen. Im Moment können wir das aber nicht. Jeden Tag kommen neue beunruhigende Nachrichten hinzu. Dass jetzt zum Beispiel in Amerika Menschenrechte – insbesondere auch von homo- und transsexuellen Menschen – zurückgedreht werden, bereitet mir große Sorgen. Wir sind zwar im Jahr 2025, doch es fühlt sich nicht so an. Mich macht das unfassbar traurig.

Sie sind seit mehr als 15 Jahren mit Ihrem Partner Ibo liiert. Wie gehen Sie persönlich mit der von Ihnen beschriebenen Entwicklung um?

Zum Glück lebe ich mit Ibo und Indy in Holland. Aber es gibt Länder, in denen unser Leben, das nur aus Liebe und Harmonie besteht, verboten wäre. Man kann dort dafür sogar ins Gefängnis kommen. Auch wenn ich lieber ausschließlich Songs über Akzeptanz singen möchte, werde ich meine Augen davor nicht verschließen. Ich lebe, ich sehe und ich spüre. Mir ist es wichtig, auch diese Themen mit meiner Musik zu transportieren und Botschaften für Toleranz, Akzeptanz und einen respektvollen Umgang miteinander hinauszusenden.

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Würden Ibo und Sie aktuell in die USA reisen?

Ja, ich denke, das ist kein Problem. Wir werden dieses Jahr nach New York reisen, weil Ibo den Marathon dort laufen wird.

Ihr damaliger Partner Stephen Gately († 2009) und Sie waren die ersten bekannten Boyband-Mitglieder, die ein Coming-out hatten. Anfang dieses Jahres haben Sie die Premiere der Boyzone-Doku "No Matter What" besucht. Welche Erinnerungen kamen da hoch?

Auch unabhängig von dieser Doku denke ich noch immer jeden Tag an Stephen, er wird immer in meinen Erinnerungen sein. Ohne Stephen wäre ich nicht zu dem Mann geworden, der ich heute für Ibo sein darf. Ich bin wirklich sehr dankbar für diese Zeit mit ihm – und dafür, dass ich mich viele Jahre später mit Stephens Familie immer noch so gut verstehe. Ich glaube ganz fest daran, dass er von oben zuschaut und stolz darauf ist, wie es läuft. Dieser Gedanke macht mich stärker.

Im Mai findet in Basel der Eurovision Song Contest 2025 statt. Caught in the Act ist noch heute in vielen europäischen Ländern ein Begriff. Warum nutzen Sie Ihren Bekanntheitsgrad nicht für eine ESC-Teilnahme?

Ich liebe den Grand Prix. Eine meiner schönsten Kindheitserinnerungen ist der Moment, als ich Nicole mit "Ein bisschen Frieden" im Fernsehen sah. Ich war damals neun Jahre alt. Bis heute liebe ich es, jedes Jahr zum ESC Freunde einzuladen und Punkte zu vergeben. Für mich wäre eine Teilnahme aber viel zu stressig. Ich bin zu unruhig, um bei so einem Wettbewerb mitzumachen. Dieser Zustand würde nicht das Beste aus meiner Performance herausholen. Aber als Star-Reporter wäre ich sehr gerne mal dabei …

Deutschland oder Holland: Wer schneidet beim ESC 2025 besser ab?

Wem trauen Sie dieses Jahr mehr zu: dem deutschen Beitrag von Abor & Tynna ("Baller") oder dem Sänger Claude ("C’est la vie"), der für Ihr Heimatland antritt?

Ich habe bisher nicht genug mitbekommen, um eine Prognose abgeben zu können. Mir wurde aber gesagt, dass der deutsche Beitrag entweder gewinnen oder aber null Punkte bekommen könnte (lacht). Ein Song, den man liebt oder nicht. Das Schöne ist, dass ich als ESC-Zuschauer immer zwei Chancen habe, um zu gewinnen – weil Deutschland zu meiner zweiten Heimat geworden ist.

Holland wird bei den Buchmachern ziemlich stark eingeschätzt. 2019 hat uns Duncan den ersten ESC-Sieg nach über 40 Jahren beschert. Wer weiß, vielleicht kann Claude ja daran anknüpfen. Er hat einen interessanten Hintergrund. Claude ist als Kind mit seiner Mama aus der Demokratischen Republik Kongo in die Niederlande geflohen und hat sehr schnell die holländische Sprache gelernt. Auch er ist stärker aus einer schwierigen Kindheit hervorgegangen. Das sind die Beispiele, die wir brauchen.

Bitte vervollständigen Sie zum Abschluss den folgenden Satzanfang, der eine Anspielung auf einen Ihrer Album-Songs ist: "Hätte ich noch einen Tag, …

… dann würde ich dir all das sagen, was ich noch nicht gesagt habe." Meiner Meinung nach sollte man lieber einmal zu oft "Ich liebe dich" sagen als einmal zu wenig.

Über den Gesprächspartner

  • Eloy de Jong ist ein niederländischer Sänger, der Anfang der 90er mit der Boygroup Caught in the Act ("Love Is Everywhere") seinen Durchbruch hatte. Mittlerweile ist er auf Solopfaden unterwegs. Sein erstes deutschsprachiges Album "Kopf aus – Herz an" führte de Jong 2018 auf Platz eins der offiziellen Charts.