"Ich glaube, dass sie in nächster Zeit vom Programm genommen wird, wenn's nicht sofort eine Kündigung nach sich zieht", kommentiert Alkbottle-Sänger Roman Gregory Elke Lichteneggers Aussage in Bezug auf die heimische Musikszene. Doch es geht um viel mehr als um eine unglückliche Formulierung.

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"Ich dachte, das ist irgend so eine österreichische, vollkommen unbekannte Band, die halt versucht, uns ein Lied zu verkaufen, was wir aber nicht wollen, weil’s wahrscheinlich schlecht ist." Diese Aussage in einem Interview mit "Okto TV" hat Ö3-Moderatorin Elke Lichtenegger heftige Kritik - und mutmaßlich sogar einen Nervenzusammenbruch - eingebracht. Mit ihrem Sager hat die 31-Jährige die Diskussion über das Verhältnis von Ö3 und der heimischen Musikszene erneut entfacht. Heimische Musiker fühlen sich in ihrer Meinung bestätigt, Österreichs größter Radiosender halte keine großen Stücke auf sie.

Was sagt die heimischen Musikszene?

Alkbottle-Sänger Roman Gregory findet für die Aussagen der Moderatorin deutliche Worte: "Man muss ja nicht ihr, sondern ihrer Dummheit dankbar sein", sagt der Musiker im Gespräch mit "Oe24.at". "Sie hat's in ihrer Einfachheit auf den Punkt gebracht, wie über österreichische Musik gedacht wird, weil sie ja nur das ausgesprochen hat, was hinter vorgehaltener Hand beim Ö3 praktiziert wird."

Hannes Tschürtz, Geschäftsführer der Agentur "Ink Music" fasst im "Standard" das "eigentliche Problem" von Lichteneggers Aussage zusammen - "die zwischen den Zeilen wohnende Geringschätzung gegenüber heimischen Musikschaffenden". Die Idee einer angeblich mangelnden Qualität der heimischen Musiklandschaft habe sich bei Ö3 derart verfestigt, dass sie unbewusst transportiert und nicht mehr hinterfragt werde, urteilt Tschürtz.

Die 2013 zwischen den ORF-Radios und Österreichische Musikwirtschaft vereinbarte Musikcharta sieht eine Anhebung des österreichischen Musikanteils auf 33 Prozent vor - durchschnittlich über alle Sender. Im gleichen Jahr lag der Anteil der österreichischen Musik, die auf Ö3 gespielt wurde, unter zehn Prozent. Diese Entwicklung kennt Musikmanager und ehemalige Ö3-Journalist Hannes Eder gut: "Seit dem 1.10.1967, dem Gründungstag von Ö3, hat es - glaub ich - noch nie eine so niedrige Österreicher-Quote gegeben wie jetzt", sagte er am Dienstag in der ZiB24. Der Musikproduzent und Journalist Walter Gröbchen spricht in dem Zusammenhang von einer "Art Haltung, auf die zunehmend und vollkommen mit Recht mehr und mehr Musiker und Kreative in diesem Land allergisch reagieren".

Künstler protestieren via YouTube

Auch auf YouTube hat sich Protest heimischer Künstler formiert: Mit dem Video "Irgendsoeine österreichische vollkommen unbekannte Band – Lied, das wahrscheinlich ganz schlecht ist" machen sich die Musiker über Lichteneggers Aussage lustig. "Absolut geiler Song!!! Frau L. hat sich etwas zu weit aus dem Fenster gelehnt", freut sich ein Nutzer.

Elke Lichtenegger und Ö3-Chef Georg Spatt hatten sich am Dienstag für die Aussagen entschuldigt. In der ZiB24 sprach Spatt davon, der Sender wolle sich intensiver anhören, was es von Seiten der Musikschaffenden für Bedürfnisse gebe. Gleichzeitig will der Sender erklären, was sein Publikum aus seiner Sicht braucht. "Hoffentlich entsteht daraus eine Win-Win-Situation." Am Dienstag fand ein schon länger angesetztes Treffen von ORF-Radiodirektor Karl Amon und Georg Spatt mit den österreichischen Musikproduzenten statt. Diskutiert wurde laut "Standard" unter anderem der aus Produzentensicht viel zu geringe Anteil österreichischer Musik. Ergebnis der Gesprächsrunde: "Wir reden in zwei Wochen wieder".

Um ihren Job muss sich Elke Lichtenegger indes nicht sorgen: Der Sender stehe hinter ihr, betonte Spatt. Unklar ist, wann Lichtenegger wieder moderieren kann. Lichteneggers Management wollte Fragen zu dem Vorfall nicht beantworten.

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