Bei einem Pop- oder Rockmusiker hätte dieses Cover vermutlich kaum für Aufregung gesorgt. Ein Schwarz-Weiß-Foto auf dem Album des Rappers Bass Sultan Hengzt zeigt zwei Männer unmittelbar vor einem innigen Kuss. Schnell brach ein Shitstorm offen schwulenfeindlicher Fans des Rappers aus.
Das Motiv des Anstoßes ziert die Premium-Ausgabe des Albums "Musik wegen Weibaz" des Berliner Rappers Bass Sultan Hengzt. "Dass es jetzt so krass wird, hätte ich nicht gedacht. Von 'Du bist schwul geworden' über 'Ich kaufe nie wieder eine CD von dir' bis zu Morddrohungen war alles dabei", sagte er zu "Spiegel Online". Der Rapper teilte zahlreiche der Beschimpfungen auf Twitter. Somit machte er die Angreifer selbst zum Ziel und erhöhte das öffentliche Interesse an dem Thema. Mit Erfolg: "Durch euren Shitstorm bin ich erst auf BSH aufmerksam geworden. Danke!", schrieb ein neuer Fan auf Facebook.
Falsch verstandene Maskulinität
Die hasserfüllten Reaktionen der Rap-Fans verdeutlichen, wie sehr Homophobie im Hip-Hop meist noch der Normalzustand ist. Das Männlichkeitsbild in der Szene ist weitgehend geprägt von Gangster-Gehabe, Muskelbergen und Vielweiberei. Toleranz für Menschen außerhalb dieses Werteschemas hat oft Seltenheitswert. Daran wird sich zumindest nach Ansicht des Rappers
Homophobie war und ist aber beileibe nicht auf den Hip-Hop beschränkt. Das hat auch der ehemalige Frontmann der Heavy-Metal-Band Judas Priest, Rob Halford, am eigenen Leib erfahren. Er hatte sich 1998 als schwul geoutet und sucht selbst heute noch oft vergeblich nach Toleranz. Die Heavy-Metal-Welt werde weiterhin weitgehend von dominanten, heterosexuellen Männern beherrscht, sagte der 63-Jährige kürzlich "Radio New Zealand". Von seinen eigenen Fans sei er hingegen zu seiner eigenen Überraschung voll akzeptiert worden.
"Das ist ein Rap-Ding"
Überwiegend positiv waren auch die Reaktionen auf die Geschlechtsangleichung des Punk-Musikers Thomas James Gabel von der Band Against Me! ausgefallen. Ihre Fans hätten sie mit ihrer Unterstützung und ihrem Verständnis überwältigt, sagte Laura Jane Grace 2012 dem "Rolling Stone".
Bass Sultan Hengzt hat seine Hände früher ebenfalls nicht in Unschuld gewaschen. "Jahrelang selber homophobe Texte schreiben und sich dann wundern, wenn das Cover nicht von den Kern-Fans angenommen wird", hieß es in einem Post auf der Facebook-Seite des Rappers. Dafür rechtfertigte er sich aber: "Das ist ein Rap-Ding, was häufig nicht verstanden wird. Vieles ist bei mir mit einem Augenzwinkern zu sehen." © Glutamat
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