In der Reihe "Austropop-Legenden" porträtierte Rudi Dolezal am Donnerstagabend in "ServusTV" sechs weibliche Austropop-Vertreter, von Veteranen wie Stefanie Werger hin zu jüngeren Pop-Stars wie Christina Stürmer. Zwischen Anekdoten und Kurzbiographien ergibt sich hier aber kein wirkliches Gesamtbild – zumal sich dann doch nur Männer über die Musikerinnen äußern.
Wenn man über den Austropop redet, fallen hauptsächlich Männernamen: Ob Falco oder Ambros, ob Fendrich oder Danzer, ob EAV oder STS, die österreichische Musikszene wird zunächst gern durch ihre männlichen Größen definiert. Immerhin: Als Leitbild zum Austropop-Artikel zeigt Wikipedia ein Foto der Sängerin Marianne Mendt.
Dabei gab es über die Jahre hinweg immer wieder auch erfolgreiche und bekannte Frauen im Austropop. Sechs davon porträtiert Rudi Dolezal in einer Folge seiner Reihe "Austropop-Legenden": Stefanie Werger, Sabina Hank, Sabine Kapfinger alias Zabine,
Kurzbiographien statt Gesamtporträt
Beim Streifzug durch die verschiedenen Generationen des weiblichen Austropop wird aber gar nicht viel Aufhebens um deren Geschlecht gemacht. In kurzen Segmenten reißt Dolezal jeweils eine Biographie mit ein paar Stationen an, die eine oder andere Anekdote wird erzählt, einige Interviewpartner kommentieren, dazwischen sieht man Archivfotos und Konzertaufnahmen.
Es sind eher individuelle Bestandaufnahmen als ein großes Gesamtporträt – zumal die Menschen in den Segmenten immer nur über die jeweils abgehandelte Person sprechen, aber nie Verbindungen gezogen werden. Nur einmal weist Birgit Denk darauf hin, dass sie fast unabsichtlich die Linie von Stefanie Werger fortgeführt habe, als Dialekt singende Frau die Männerwelt zu verstören.
Nächste Station: Karriere
So klappert die Doku also stattdessen ein paar Stationen im Leben der Musikerinnen ab: Von Christina Stürmer sehen wir, ganz klar, den Starmania-Auftritt und hören dann von ihrem Manager, dass das Wagnis, sie mit einem Konzert in die Wiener Stadthalle zu setzen, sie letztlich auch in Deutschland bekannt machte. Zabine wird als Jodlerin bei Hubert von Goisern gezeigt, bevor dann ihre Karriere als Solosängerin nachgezeichnet und ihre Teilnahme an "Dancing Stars" erwähnt wird. Und so weiter.
Nur gelegentlich blitzen Gedanken auf, die tatsächlich über die jeweilige Musikerbiographie hinausgehen. An einer Stelle wird beispielsweise angemerkt, dass bei Frauen im Pop-Business viel stärker auf die Optik geachtet wird als bei Männer, weswegen sie sich schwerer durchsetzen können. Wirklich verfolgt wird der Gedanke nicht.
Farbtöne und Diätbücher
Damit bleiben hauptsächlich die persönlichen Geschichten und heiteren Anmerkungen, die das Interesse halten. Spannend ist zum Beispiel, wie Synästhesistin Sabina Hank Klänge als Farben hört – sie kann tatsächlich jedem Ton einen bestimmten Farbton zuordnen. Witzig dagegen ist der einzige Interviewclip mit EAV-Sänger Klaus Eberhartinger, der grinsend über Stefanie Werger meint: "Ich bewundere die Steffi dafür, dass sie ein Buch geschrieben hat, wie man abnimmt, ohne es selber praktiziert zu haben."
Ganz hinten wird ein Ausblick auf Newcomerinnen in der österreichischen Musikszene gegeben – angefangen natürlich bei Zoë, die uns beim Eurovision Song Contest vertreten durfte. Genannt werden außerdem Fijuka, Kidcat Lo-Fi, Leyya, Monsterheart und Schmieds Puls, jeweils mit kurzem Videoclip vorgestellt.
Doch eine Männerwelt?
Was bei der Auswahl der Interviewpartner und Archivschnipsel auffällt: Es sind nur Männer, die sich über die Frauen des Austropop äußern. Zu ihnen zählen Musiker wie Willi Resetarits, Wolfgang Ambros, André Heller, Christian Kolonovits oder Roman Gregory, Journalisten wie Ernst Grissemann und Musik-Moderatoren wie Eberhard Forcher und Andy Zahradnik.
Natürlich ist es sympathisch, dass keine große Sache daraus gemacht wird, dass es sich bei den porträtierten Musikerinnen um Frauen handelt: Es sind eben interessante Künstler, fertig. Aber es ist eben auch inkonsequent – bei einem Format über die "Frauen des Austropop" erwartet man eben doch etwas weibliche Perspektive und Einordnung.
Es stellt sich die Frage, ob denn wirklich gar keine Kulturjournalistin, Moderatorin oder Autorin gefunden werden konnte, die hier etwas beisteuert. Vielleicht ist der Austropop ja doch viel männlicher bestimmt, als hier behauptet wird?
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