Mit Nathan Trent zieht heuer ein junger Tiroler für Österreich in den "Eurovision Song Contest". Wir haben mit dem 25-Jährigen über seinen Song "Running on Air", seine Ausbildung, persönliche Krisen und den medialen Wahnsinn geplaudert.

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Nathan, wie bist du eigentlich im Rennen um den österreichischen ESC-Beitrag gelandet?

Nathan Trent: Es war mehr oder weniger Zufall. Ich hab' einen Song von mir samt Video auf YouTube gestellt und zwei Tage später hat mich Eberhard Forcher angerufen, der vom ORF beauftragt wurde, Kandidaten für Österreichs Vorausscheidung zu scouten. Er hat mich gefragt, ob er den Song auf Ö3 spielen könne und ob ich an der Teilnahme bei der Vorausscheidung interessiert wäre. Ich dachte natürlich zuerst an einen Scherz, aber er meinte das völlig ernst. (lacht). Ich hab' dann im Laufe der Monate fünf Songs geschrieben und ihm geschickt. Der letzte, "Running on Air", ist es dann geworden. Ich hab' ihn gemeinsam mit Bernhard Penzias geschrieben.

Du hast "Musikalisches Unterhaltungstheater" an der Musik und Kunst Privatuniversität in Wien studiert. Was genau wird dort gelehrt?

Es ist ein extrem praxisbezogenes und überaus cooles Studium, in dem Künstlerpersönlichkeiten für den Musiktheaterbereich ausgebildet werden – und zwar in den Sparten Schauspiel, Tanz und Gesang. Auch Kabarettist Viktor Gernot hat die Ausbildung gemacht. Mir ging es im Vorfeld des Studiums darum, eine Art Handwerk für die Bühne zu lernen. Eine Triebfeder waren aber auch meine eigenen Songs, die ich einfach gut singen wollte.

Du hast "Running on Air", deinen Beitrag für Kiew, kürzlich offiziell vorgestellt. Wie kommt er denn an hierzulande?

Ich erhalte eigentlich vorwiegend positive Reaktionen. Natürlich gibt's auch Leute, denen der Song nicht so zusagt, aber das ist ja auch vollkommen okay, solange deren Kritik halbwegs konstruktiv bleibt. Ich für meinen Teil bin mit "Running on Air" aber irrsinnig glücklich.

Du hast ihn anlässlich einer Krise nach Abschluss deines Studiums geschrieben. Was genau war damals los?

Also "Krise" klingt so wahnsinnig dramatisch. Ich war damals in den Staaten und wusste nach dem Abschluss des Studiums nicht so ganz, in welche Richtung ich jetzt gehen soll. Ich war ein bisschen orientierungslos. Aus diesem "Kriserl" heraus ist mir dann aber klar geworden, dass ich für alles, was passiert, dankbar sein muss – für jedes Ups, aber auch für alle Downs. "Running on Air" steht für den Glauben an sich selbst und die Motivation, sich wieder aufzurappeln und weiterzumachen.

Du wurdest ja von einem Tag auf den anderen in den medialen Wahnsinn, ins Rampenlicht geschossen. Wie geht's dir damit?

Super geht's mir damit. Ich hab' das große Glück, das Aushängeschild meiner eigenen Musik sein zu dürfen. Das ist doch großartig. Für den ESC trete ich einerseits an, um mein Land zu vertreten, andererseits ist das natürlich auch eine sensationelle Plattform, um viele Leute zu erreichen. Und stimmt, es gibt plötzlich sehr viele Kameras in meinem Leben - und es werden vermutlich bald noch mehr, weil sich jetzt die ganze Lage zuspitzt. Aber ich genieße das wirklich sehr. Es gab früher schon Momente, in denen ich mir gewisse Dinge vorgestellt hab' und wissen wollte, wie sie sich wohl anfühlen. Etwa, eine Autogrammstunde zu geben. Und siehe da: Kürzlich in Amsterdam ist genau das passiert. Ich saß vor einer Schlange von 300 Leuten, die alle ein Foto und ein Autogramm haben wollten. Das war einfach nur "wow". Nicht, weil mich jetzt einige Leute erkennen, sondern wegen des Supports und der Rückmeldungen zu meiner Musik. Man hört da mitunter Dinge wie "Nathan, ich mach' gerade eine schwierige Phase durch, aber deine Musik baut mich regelmäßig auf." Sorry, aber das ist doch das schönste Kompliment, das man einem Künstler machen kann, oder?

Du lebst derzeit in Wien, stammst aber aus Innsbruck. Wofür stehen diese Städte für dich?

Ich lebe in Wien, yes. Ich bin sehr an die Stadt gewöhnt, hab' hier studiert und hab hier auch die meisten meiner Freunde, aber auch meine Familie väterlicherseits. Ich würde es so sagen: Wien ist mein Zuhause und Innsbruck meine Heimat. Ebenfalls ein großes Stück Heimat ist Italien, woher meine Mutter stammt. Meine Oma, meine Tante und weitere Verwandte leben in Triest.

Zurück zum ESC. Deine Erwartungen gehen ganz klar in Richtung Finale, oder?

"Erwartungen" ist ein sehr gefährliches Wort. Lass es mich so formulieren: Meine Hoffnungen gehen in Richtung Finale.

Die Platzierung beim ESC wird für den weiteren Verlauf deiner Karriere vermutlich nicht unwesentlich sein. Ist das nicht ein bedrohliches Szenario?

Ich habe das im Hinterkopf, lasse es aber mein Ding nicht beeinflussen. Alleine die Tatsache, dass ich in Kiew antreten darf, ist für mich schon eine unglaubliche Ehre. Aber natürlich hoffe ich sehr, dass meine Musik und meine Lyrics die Menschen erreichen. Ganz Österreich wird jedenfalls merken, dass ich da mein ganzes Herz reinstecke.

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