Kurz vor dem 20. Todestag von Falco strahlten ORF1 und SF1 ein Tribute-Konzert im Gedenken an den österreichischen Ausnahmekünstler aus. Die Veranstaltung ließ das Donauinselkonzert von 1993 wiederauferstehen – nur dass Falco diesmal als Geist von der Videoleinwand durch den Abend leitete.

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"Es ist eine Hommage und eine Ehre", erklärt die Hamburger Hip-Hop-Band Fettes Brot. "Ich bin sehr stolz, dass ich da dabei sein darf", meint Schauspieler Johannes Krisch. Russkaja-Sänger Georgij Makazaria bezeichnet es gar als "eine Kommunikation zwischen Erde und Himmel". Keine Frage: Beim Falco-Tribute-Konzert steht Heldenverehrung an erster Stelle.

Die genannten Personen sind zusammen mit weiteren Prominenten Teil einer erneuten Beschwörung des Konzerts, das Falco 1993 auf der Wiener Donauinsel gab. Er hatte kurz zuvor mit dem Album Nachtflug seine kommerzielle Krise überwunden und spielte hier ein "Heimspiel" vor über 100.000 Fans.

Legendär wurde der Abend, weil es bald heftig zu regnen begann, aber die Zuhörer schlicht die Regenschirme aufspannten oder es in Kauf nahmen, klatschnass zu werden: Das Konzert war wichtiger. Dann zog ein Gewitter auf, ein Blitz schlug in die Anlage ein – und so gab Falco mit seiner Band den Zuhörern noch zwei akustische Zugaben mit auf den Weg, bevor das Konzert abgebrochen werden musste.

Hokuspokus im starren Korsett

Im Juni 2017, also 24 Jahre nach dem Konzert und 19 Jahre nach Falcos tragischem Tod, wurde das Konzert auf der Donauinsel gewissermaßen wiederholt. Die Band von damals spielt dieselbe Setlist, Falco selber blickt von der Videoleinwand auf die Fans, die noch zahlreicher geworden sind. Dazu kommen musikalische Gäste, die die einzelnen Songs übernehmen. "Das hätte ihm sicher gefallen, keine Frage", erklärt Bandleader Thomas Rabitsch. Was soll er auch sonst sagen?

Geladen wurde, wie es bei solchen Show-Veranstaltungen üblich ist, wer Rang, Namen und Zeit hat – egal, ob die Leute passen oder irgendeine Verbindung zum Künstler haben. Neben den oben Genannten sind Alkbottle-Sänger Roman Gregory, Slam-Dichterin Yasmo, Rapper Skero, Edita Malovčić, Ana Milva Gomes und Drew Sarich dabei. Selbst TV-Moderator Tarek Leitner und die große Dame des Italo-Pop, Gianna Nannini, stehen auf der Bühne.

Etwas beisteuern zu den Songs kann fast keiner. Das Konzept, alles so zu spielen wie damals und die Falco-Aufnahmen einzubinden, sorgt für ein starres Korsett, das keinerlei Spontanität erlaubt. Es ist eine musikalische Geisterbeschwörung, in der die Interpreten nur den Zeiger auf dem Hexenbrett bewegen.

Immerhin schafft es Roman Gregory, seine Version von "Helden von heute" wirklich mit Leben zu erfüllen – und das, obwohl der bierselige Schnodderhumor seiner Musik ja eigentlich gar nicht zu Falcos theatralischem Drama passt. Und Gianna Nannini macht "It's All Over Now" mit ihrer rauchigen Stimme zu einem eigenen Song – aber der war ja ohnehin nicht von Falco und bietet Platz, ihn sich als Sänger anzueignen.

Die Geister der Vergangenheit

In einem Zwischensegment stellt Thomas Rabitsch Überlegungen an, warum das ursprüngliche Falco-Konzert so legendär wurde – und meint, dass es vielleicht auch daran lag, dass es unvollendet blieb.

Ohne es zu merken, spricht Rabitsch in der Antwort aber ein großes Problem der Tribute-Show an: Warum jetzt die Show fertigspielen? Nimmt man ihr damit nicht das Legendäre?

"Coming Home" ist eine Nostalgieveranstaltung, die wieder einmal zeigt, dass man aus Magie kein Programm machen kann: Es ist die perfekt arrangierte und damit umso leblosere Erinnerung an eine Show, die durch ihre Umstände tatsächlich magisch wurde. Wir haben immer das Bedürfnis, an den Geistern der Vergangenheit festzuhalten – aber lassen sie damit auch zum Abziehbild erstarren.

Während man der Konzertaufzeichnung zusieht, kriegt man Lust, sich statt diesem musikalischen Spuk das tatsächliche Falco-Konzert von 1993 anzuschauen. So gesehen ist "Coming Home" also irgendwie doch ein Tribut an den Künstler Falco.


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